Wolf bei Nürnberg: Bauernverband glaubt eher an verwilderten Hund

21.1.2021, 05:55 Uhr
Graubraunes Fell, helle Augen: So sehen die Vierbeiner meist aus. Wie dieses Exemplar im Freigehege im Wildpark Alte Fasanerie.

© Boris Roessler/dpa Graubraunes Fell, helle Augen: So sehen die Vierbeiner meist aus. Wie dieses Exemplar im Freigehege im Wildpark Alte Fasanerie.

Anders als Rehe am Straßenrand sind Wolfssichtungen eher eine Seltenheit. Seit 2006 konnten wieder einzelne Wölfe in Bayern nachgewiesen werden, und auch in Franken gibt es mittlerweile einige Nachweise.

Erst kürzlich haben Anwohner im mittelfränkischen Höfen bei Neuhaus einen Wolf gefilmt, der mitten am Tag durch den verschneiten Ort gelaufen ist. Der Gemeinderat Stephan Ertl (CSU) erklärte daraufhin, dass die Bürger Sorgen hätten, dass das Tier langsam die Furcht vor Menschen verlieren könnte.

Ende Dezember 2020 war auch bei Nürnberg ein mutmaßlicher Wolf von einer Fotofalle unter der Gründlach-Brücke nahe dem Flughafen aufgenommen worden. Dort in der Nähe wurde außerdem ein gerissenes Reh entdeckt. Zwei Jäger und ein Zootierpfleger vermuteten einen Wolf in der Gegend.

Hund oder Wolf?

„Ich glaube da eher an einen verwilderten Hund“, erklärt Jochen Loy, Geschäftsführer des BBV-Kreisverbandes Nürnberg. Seiner Ansicht nach würde der Oberkörper des auf dem ziemlich unscharfen Bild der Fotofalle zu sehenden Tieres eher an einen Hund erinnern.

Nach der angeblichen Wolfsichtung hätten sich außerdem einige Jäger bei ihm gemeldet, die das Bild des toten Rehs gesehen hätten. „Üblicherweise beißt der Wolf seiner Beute ins Genick und an den Hals, doch hier war die Stelle unversehrt.“ Auch würden Wölfe mehr reißen und ihre Beute nicht „abknabbern“, erklärt Jochen Loy. Das Reh könne verendet und von Füchsen ausgefressen worden sein. Dies sei ein mögliches Szenario.

Die Aufnahme einer Fotofalle in der Nähe des Nürnberger Flughafens ist sehr unscharf.

Die Aufnahme einer Fotofalle in der Nähe des Nürnberger Flughafens ist sehr unscharf. © Aufnahme der Fotofalle

Nichtsdestoweniger ist auch Jochen Loy davon überzeugt, dass nur ein DNA-Test den letztendlichen Beweis oder Gegenbeweis über den Wolf bringen kann. „Natürlich melden sich ein Haufen Landwirte bei uns, die ihre Tiere schützen wollen und sich Sorgen machen,“ sagt Jochen Loy. Dabei gehe es nicht nur um Landwirte, die zum Beispiel Hühner oder Schafe halten, sondern auch um Gemüsebauern. Schließlich sei der Wolf - anders als der Fuchs - nicht nur nachts und in den frühen Morgenstunden unterwegs und könne damit zum Beispiel Rehe vom Wald auf die Felder treiben.

Doch von Panik hält Jochen Loy nichts, vielmehr sei eine sachliche und saubere Diskussion beim Thema Wolf wichtig. Er und seine Kollegen, die Ortsmänner des Bauernverbandes und auch die Jäger, seien sehr dankbar über alle sachdienlichen Hinweise und verstehen sich auch als eine Art Anlaufstelle für Fragen rund um den Wolf.

Dass der Wolf scheu ist, will Günther Felßner, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands Nürnberger Land gar nicht bestreiten. "Die Tiere sind aber auch sehr intelligent", so Felßner. Der Wolf würde schnell lernen und merken, dass er sich Ortschaften relativ gefahrlos nähern kann. Wölfe zu jagen, ist verboten. Das Wolf zählt laut dem Europäische Artenschutzrecht als geschützte Art. "Mittlerweile gibt es aber über 100 Rudel in Deutschland, der Wolf hat eine enorme Entwicklung gemacht," sagt der Kreisobmann, der eine Koexistenz von zu vielen Wölfen und Weidetieren für kritisch hält.

Diese Spuren wurden in Dezember festgehalten.

Diese Spuren wurden in Dezember festgehalten. © Robert Zoubek

Wo ist der Nürnberger Wolf?

Wölfe können am Tag gut und gerne 70 Kilometer zurücklegen. Der "Nürnberger Wolf", sofern es denn tatsächlich einer war, könnte also im wahrsten Sinne des Wortes längst über alle Berge sein. Es würde sich dann dabei um einen sogenannten Durchzügler handeln, ein meist junges Tier, das ohne Rudel durch die Landschaft streift.

Im Monitoring der des Bayerischen Landesamtes für Umwelt sind alle Sichtungen auch aus dem Nürnberger Raum mit Datum und Hinweisen vermerkt. Diese sind auf der Internetseite nachzulesen.

Schnee sorgt für Hunger

Wolfgang Dötsch, Geschäftsführer vom Bund Naturschutz Nürnberg erklärt: "Es wird in Zukunft immer mal wieder vorkommen, dass ein Wolf durch die Gegend läuft und gesehen oder fotografiert wird." Da sich der Bund Naturschutz als Waldfreund begreife, begrüße man die (Wieder)-Einwanderung des Wolfes, insbesondere wegen des hohen Verbisses der Jungbäume durch Rehwild.

Bei Schnee und Kälte kann es nun durchaus sein, dass Wölfe auch tagsüber gesehen werden und scheinbar unvorsichtiger durch die Landschaft streichen. Das kann daran liegen, dass die Tiere im Winter schlechter Nahrung finden. Aber der Bund Naturschutz gibt diesbezüglich Entwarnung. Hungrige Wölfe seien nicht gefährlicher als satte - auch nicht im Winter. Der Mensch gehöre nicht zum Beutespektrum, sondern werde als Feind wahrgenommen.

Jens Kortebein ist Ausbildungsleiter beim Nürnberger Jagdschutz und Jägerverband und glaubt ebenfalls nicht daran, dass inzwischen eine große Zahl von Wölfen durch die Region streift. Die Beutegreifer vom Hochsitz aus zu beobachten, sei eine absolute Seltenheit. "Wir sehen die Tiere so gut wie nie, dafür sind sie viel zu scheu", sagt Kortebein. Auch Spuren seien im Wald nur mit viel Glück zu entdecken.

Hundehalter sollen aufpassen

"Wichtig ist es, dass Hundehalter ihre Hunde im Wald anleinen. Wenn der Hund hunderte Meter alleine in den Wald läuft und auf einen Wolf trifft, geht das für den Hund in der Regel nicht gut aus." Doch auch ohne möglichen Wolf im Wald sollten Hundehalter ihre Tiere im Wald besser anleinen, um Wildtiere in ihren Verstecken zu schützen.

Der WWF empfiehlt bei einer Begegnung mit dem Wolf übrigens die Ruhe zu bewahren. "Normalerweise tritt ein Wolf, der entdeckt wird, die Flucht an", heißt es auf der Internetseite. Es könne aber auch sein, dass die Vierbeiner den Menschen eine Weile beobachten und erst wegrennen, wenn sie merken, dass sie ebenfalls beobachtet werden.

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