"Zu teures" Uni-Grundstück: Versuch einer Skandalisierung

1.8.2019, 16:52 Uhr

© Foto / Repro: Eduard Weigert

Die geplante Technische Universität Nürnberg (TUN), die bis 2025 entstehen soll, ist durch eine Fernsehsendung ins Gerede gekommen. Der Verkehrswert der Anlage liegt bei 46,3 Millionen Euro. Bezahlt hat der Freistaat 90,8 Millionen Euro. Das sind 44,5 Millionen Euro zu viel, so die Kritik.

Der Dekan der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Martin Heger, spricht deshalb vom Straftatbestand der Haushaltsuntreue: "Hier besteht jedenfalls ein Anfangsverdacht. Die Staatsanwaltschaft sollte dem nachgehen." Der Bayerische Rechnungshof will jetzt das Vertragswerk prüfen.

Im Oktober 2018, kurz vor der Landtagswahl, hat der Freistaat des Gelände von der ehemaligen Bahntochter Aurelis erworben, um bis 2025 die TUN zu gründen. 5000 bis 6000 Studenten sollen auf dem Areal einmal studieren und wenn möglich auch noch wohnen.

Das Verfahren: Grundstücke und Immobilien, die der Freistaat kauft, gehören zum sogenannten Grundstock Bayerns. In diesem Grundstock werden die einzelnen Immobilien und Grundstücke nach ihrem Verkehrswert, der sehr konservativ gerechnet ist, veranlagt. Dieser hat nichts mit dem tatsächlichen Marktwert zu tun. Wenn, wie bei dem Grundstück in der Brunecker Straße, der Kaufpreis so viel höher ist, dann muss es eine besondere Begründung geben, wenn gekauft wird, sonst würde der Grundstock des Freistaats angetastet.

Abkommen nicht berücksichtigt

Mit der Gründung einer Universität in Innenstadtnähe und der Qualität des Areals lag diese besondere Einstufung vor. Es gab in Nürnberg auch keine Grundstücksalternativen in dieser gut angebundenen Lage. "Das Verfahren ist angesichts der angespannten Lage auf dem Immobilienmarkt nicht unüblich und kann gerade zur Realisierung bedeutsamer Investitionsprojekte wie Universitätsneubauten und Klinikneubauten notwendig werden", heißt es in einer Stellungnahme des Bauministeriums.

In einer nicht öffentlichen Sitzung des Landtagsausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen im vergangenen Sommer wurde einstimmig von CSU, SPD und Grünen dem Grundstücksgeschäft zugestimmt. Alle Grundstückgeschäfte des Landtags werden in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen. Danach stimmte der Ministerrat zu. Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Preis und dem Verkehrswert trägt zunächst der Grundstock, dann das Wissenschaftsministerium. Am Ende sollten aber aus dem allgemeinen Haushalt die Mehrkosten finanziert werden, sonst fehlen an anderer Stelle im Hochschulhaushalt die Mittel.

Warum ist die Differenz zwischen dem tatsächlichen Preis und dem Verkehrswert so hoch? 2014 haben Stadt Nürnberg und Immobilienentwickler Aurelis ein Abkommen unterzeichnet, wonach die Brunecker Brache für Wohnen und Gewerbe entwickelt wird. Es wurde auch festgeschrieben, dass ein Drittel des über 90 Hektar großen Gesamtgeländes an der Münchener Straße ein Park wird. Diese Entwicklungsperspektive durch den städtebaulichen Vertrag zwischen Aurelis und Stadt wird bei den Vorwürfen nicht berücksichtigt.

Auch wenn planungsrechtlich noch nicht alles abgeschlossen ist und das Gelände wie eine Brache aussieht, so gibt der Vertrag doch für die weitere Planung Sicherheit. Nach der Nürnberger Bodenrichtwertkarte wird für Wohnen in dieser Lage zwischen 500 und 1000 Euro pro Quadratmeter verlangt, für Gewerbe über 200 Euro. Das Geschäft war für den Freistaat kein Schnäppchen, aber marktgerecht. OB Ulrich Maly und Wirtschaftsreferent Michael Fraas sowie die Grünen-Landtagsabgeordnete Verena Osgyan halten den Preis für angemessen.

Das Grundstück wird außerdem von Altlasten befreit und erschlossen. Das ist im Preis enthalten. Immobilienexperten glauben, dass der Grundstückspreis seit Oktober zwischen fünf und zehn Prozent zugelegt hat.

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