Podcast "Abgründe"

Riesenschock: Als ein Schüler der Bereitschaftspolizei einen Kollegen erschoss

Alexander Brock

Lokales

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27.10.2023, 10:59 Uhr
Seit 2018 hat die bayerische Polizei eine neue Dienstwaffe: die SFP 9 von Heckler & Koch.

© Matthias Balk/dpa, NN Seit 2018 hat die bayerische Polizei eine neue Dienstwaffe: die SFP 9 von Heckler & Koch.

Es ist der 28. Februar 2019, als sich in der Kaserne der Bereitschaftspolizei in Würzburg ein Schuss aus der Dienstwaffe eines 19-jährigen Polizeischülers löst. Die Kugel trifft seinen Kollegen am Kopf, wenige Stunden später ist der 21-Jährige tot. Wie konnte das passieren? Wer trägt die Verantwortung und viel wichtiger: Was mussten die Angehörigen des Opfers durchmachen? Eines steht fest: Es war eine ungewollte Schussabgabe.

Wir sprechen über diesen Fall in unserem aktuellen Abgründe-Podcast, der heute online geht. Dabei kommt auch der Nürnberger Anwalt Philipp Schulz-Merkel zu Wort, der die Eltern des getöteten Polizeischülers im Zivilverfahren vertreten hat. Er kritisiert die Abläufe bei der Bereitschaftspolizei, die so etwas erst ermöglicht hätten.

Auf der Anklagebank saß im Sommer 2020 aber nicht der Freistaat oder die Bereitschaftspolizei, sondern der Polizeischüler, aus dessen Waffe sich der Schuss gelöst hatte. Er wurde zu eine Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt, muss insgesamt 17.400 Euro an die Familie des Opfers bezahlen und seine Laufbahn bei der Polizei aufgeben.

Patrone steckte im Lauf

Am Morgen des Tattages hatte er mit seinem 21-jährigen Kollegen Wachdienst in der Kaserne. Nach der Schicht gaben die beiden Auszubildenden ihre Magazine in der Waffenkammer ab und nahmen ihre Pistolen mit. Doch die des 19-Jährigen war nicht komplett entladen, wie sich später herausstellt. Eine Patrone steckte noch im Lauf der Waffe. Kurz vor der zweiten Wachschicht, gegen 21.30 Uhr, simulierten die beiden dann einen Schusswaffeneinsatz. Bei diesem "Spiel", wie es der Amtsrichter später nennt, löste sich der Schuss und tötete den Älteren von beiden.

Laut Gericht hat der damals Angeklagte gegen zahlreiche Bestimmungen verstoßen und seine Waffe beim Entladen nicht ordnungsgemäß kontrolliert. Während die Staatsanwaltschaft forderte, mit Blick auf den Angeklagten Erwachsenenstrafrecht anzulegen, zieht der Richter Jugendrecht vor. Seine Begründung: Der damals 19-Jährige befand sich zum Zeitpunkt der Tat in Ausbildung und habe mit seinem Kollegen wohl schon öfter solche "Spielchen" gemacht, in denen er leichtfertig mit der Waffe umgegangen sei. Der Amtsrichter sah auch eine Mitschuld des Getöteten. Die Eltern des Opfers wollten das aber so nicht stehen lassen - im späteren Zivilverfahren am Landgericht Würzburg wurde dieser Vorwurf zurückgenommen.

Den Podcast "Abgründe" finden sie im Internet unter: nordbayern.de/podcasts und auf nn.de/podcasts

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