Innenstädte: Wer greift in den Corona-Sondertopf?

27.5.2021, 14:00 Uhr
Die Rother Innenstadt von oben. Innen leidet sie - jetzt besonders - unter Corona.

© Stadt Roth, NN Die Rother Innenstadt von oben. Innen leidet sie - jetzt besonders - unter Corona.

„Innenstädte beleben“ heißt ein Sonderfonds, den die Bayerische Staatsregierung soeben aufgelegt hat. Der Grund ist klar: Den Zentren der Städte, die eh schon unter dem wachsenden Online-Geschäft gelitten haben, hat Corona mit mehrmaligem Lockdown noch mehr zugesetzt. Das Ziel soll deshalb sein: Den Alt- und Innenstädten mit extra Zuschüssen wieder auf die Beine helfen, „um den Folgen der Corona-Pandemie in den Innenstädten und Ortskernen entgegen zu wirken“, wie es im Programm heißt.

100 Millionen Euro gibt es aus dem Münchner Sondertopf. Das Ministerium für Wohnen, Bau und Verkehr gibt den bayerischen Kommunen bis zum 10. Juni die Möglichkeit, sich für eine Schöpfkelle daraus zu bewerben.


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Es ist zwar nicht so, dass die Kommunen sonst nichts kriegen. Die Stadt Schwabach zum Beispiel meldet jedes Jahr Bedarf an für das Programm „Soziale Stadt“. Jetzt aber könnten zusätzlich Projekte angeschoben werden, die gerade infolge der Corona-Lähmung besonders wichtig für die Innenstadt sind. Stadtbaurat Ricus Kerckhoff spricht sowohl von investiven Baumaßnahmen als auch von Aktionen und Projekten. In erster Linie soll der Martin-Luther-Platz attraktiver werden.

Anfang ist gemacht

Der Anfang ist schon gemacht: Der Markt wurde auf den Martin-Luther-Platz verlegt, entlang der begrenzenden Sandsteinmauern sind Flächen entsiegelt und bepflanzt worden, auf einigen Mauern hat der Bauhof Sitzbretter angebracht. Eine Sandfläche für Kinder und ein Bücheraustausch-Schrank sind ebenfalls geplant. Kerckhoff hat zudem ein Straßenfest und einen Street-Art-Workshop im Sinn, den Apothekersgarten will er mit einem besseren Spielangebot aufwerten, und der Schillerplatz mit dem „seit Jahren nicht mehr aktiven Brunnen“ warte auf Neugestaltung.

Im Zuge der Kulturhauptstadtbewerbung habe man Künstler in die Innenstadt holen wollen, zum Beispiel indem Ateliers geschaffen werden. Die Idee will Kerckhoff beibehalten, eventuell einen Kunstwettbewerb ausloben. Mehrere Gebäude in der Altstadt kämen – zumindest für eine Zwischennutzung, aber auch dauerhaft – in Frage.

In Schwabach ist die Friedrichstraße erst vor Kurzem komplett saniert worden. In Bezug auf die Corona-Auswirkungen stehen Markt- und Martin-Luther-Platz im Vordergrund für Projekte.   

In Schwabach ist die Friedrichstraße erst vor Kurzem komplett saniert worden. In Bezug auf die Corona-Auswirkungen stehen Markt- und Martin-Luther-Platz im Vordergrund für Projekte.   © Thomas Correll, NN

Ein weiterer Plan ist die barrierefreie Stadtgestaltung: Auf Laufwegen könnte das Kopfsteinpflaster durch gebrochenes, gehfreundliches Pflaster ersetzt werden. Und eine Idee für den Winter: Die Weihnachtsbeleuchtung könnte ergänzt werden. Außerdem seien noch fest verankerte Fahrradständer nötig.

Insgesamt fällt dem Stadtbaurat also eine ganze Menge an Projekten ein, die die Stadt für die Nach-Corona-Zeit umsetzen und dafür gern Zuschüsse vom Staat haben möchte. Wie viel Geld es dann tatsächlich gibt, wagt er nicht vorherzusagen. „Wir melden mal relativ viel an, kriegen aber sicher nicht alles“, das weiß er natürlich. In Sachen Innenstadtbelebung könne man mit diesen Projekten jedenfalls schon viel erreichen. Keineswegs sei damit ein bloßes Aufpolieren oder Aufhübschen gemeint. Mit diesen Maßnahmen, da ist er sicher, werde „echtes Interesse geweckt, wieder in die Innenstadt zu gehen und sie zu beleben“. Genau das, so Kerckhoff, brauchen Handel und Gastronomie im Zentrum.

Dass beispielsweise die Außenflächen der Gastronomie schon 2020 vergrößert wurden, habe viel positive Rückmeldung ergeben. Insgesamt denkt man aber größer, mit den Plänen will Schwabach „hin zu einer kulturellen und künstlerischen Stadtentwicklung gelangen“.

Leerstehende Passagen

Auch die Stadt Roth hebt möglicherweise den Finger, wenn es um Geld aus dem Sonderfonds geht. Städtebauliche Konzepte zur Weiterentwicklung der Innenstadt, das Anmieten von leerstehenden Räumen durch die Stadt oder das Restrukturieren von Einzelhandelsimmobilien – all diese Dinge kommen für die Stadt Roth mit den großen, überwiegend leerstehenden Passagen, mit großen, denkmalgeschützten Häusern am Marktplatz und leerstehenden Geschäften in Frage.


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Aber, so Stadtbaumeister Wolfgang Baier, die jährliche Bedarfsmeldung habe man bereits im Dezember eingereicht. Und da sei die Innenstadt mit Sanierungen oder mit dem Programm Innenstadt West natürlich längst dabei. „Aktuell haben wir 40 Maßnahmen bei der Städtebauförderung laufen“, erklärt Baier. Ob die Stadt für die Attraktivierung des Marktplatzes, die gerade diskutiert wird, darüber hinaus noch Maßnahmen anmeldet, mag er noch nicht festlegen. „Die Frage ist: Tun wir das jetzt oder erst im Dezember für das nächste Jahr? Denn bauliche Maßnahmen brauchen ja einen gewissen Vorlauf.“

Profitiert hat man von der Städtebauförderung bisher kräftig: Allein seit 2016, so Baier, hat die Stadt jährlich eine Summe von etwa zwei Millionen Euro für das Städtebauförderungsprogramm angemeldet – und 1,3 Millionen Euro bekommen. Die Projekte werden in der Regel mit 60 Prozent der förderfähigen Kosten unterstützt.

Details noch nicht ausgearbeitet

Geld aus der Städtebauförderung bekommt auch die Stadt Hilpoltstein „seit mehr als 30 Jahren“, wie Bürgermeister Markus Mahl sagt. Für Umbauprojekte wie die Christoph-Sturm- und die Johann-Friedrich-Straße, für Stadtweiher und Försterwiese und natürlich für die Residenz sei auch viel Geld vom Staat geflossen. Für Geld aus dem Sonderfonds will man sich jetzt ebenfalls bewerben.

Die Details seien aber noch nicht ausgearbeitet. Der Fokus der Stadt liege „bei den familiengeführten Unternehmen“, sagt der Bürgermeister. Sie prägen die Struktur der Hilpoltsteiner Innenstadt, „und sie sind in der Regel sehr standorttreu. Die wollen wir hier auch halten.“ Zudem könnten bei der Bewerbung, über die noch nicht letztgültig entschieden sei, auch kulturelle Themen mit reinspielen.

Spannend wird es also allemal, ob und wie viel Geld die Kommunen beantragen, wie viel sie schließlich kriegen, und wie weit die Belebungsideen beim Genesen der Innenstädte helfen können.

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