Billy Wechsler taucht ab in seine Biografie

"Liebeserklärung an die Mutter“: Lesung ohne Autor in Roth

18.4.2021, 17:04 Uhr
Der Elisabeth-Engelhardt-Literaturpreisträger Billy Wechsler hat eine "Liebeserklärung an die Mutter" verfasst und dabei einen allumfassenden Blick aufs Leben geworfen. Seine Quintessenz lautet:  Nutze die Möglichkeiten!

© Petra Bittner Der Elisabeth-Engelhardt-Literaturpreisträger Billy Wechsler hat eine "Liebeserklärung an die Mutter" verfasst und dabei einen allumfassenden Blick aufs Leben geworfen. Seine Quintessenz lautet:  Nutze die Möglichkeiten!

Es soll ein Familientreffen werden. Eines, mit vielen Gästen. Ab Sonntag ist im Rother Schlosshof alles dafür hergerichtet ...

Schlechtes Gewissen? Nein, das haben Elisabeth-Engelhardt-Literaturpreisträger Billy Wechsler aus Abenberg, Museumsleiter Guido Schmid und Büchereileiterin Susanne Höcker dabei nicht. Denn dieses Treffen sei selbstverständlich unter Corona-Vorzeichen organisiert worden. Und eigentlich ist es auch gar kein Treffen, wie man sich´s vorstellt.

Vielmehr geht es um eine Lesung, die sich vor der Kulisse von Schloss Ratibor aufs Smartphone laden darf, wer mag. Damit wären wir wieder bei der Familienangelegenheit. Denn eine solche hat Billy Wechsler in seinen Textpassagen thematisiert. Es ist eine „Liebeserklärung an die Mutter“, die er in den kommenden Wochen zur Disposition stellt. Zumal schließlich jede Geschichte mit ihr beginne: der Mutter.

Früh verstorben

Ursprünglich habe er nur seine beiden Brüder mit einer Abhandlung über ihre gemeinsame Kindheit überraschen wollen, blendet Wechsler zurück. Zu Weihnachten. „Aber die Sache hat sich verselbstständigt.“ Sie nahm an Umfang zu und richtete den Fokus schließlich auf eine wichtige Bezugsperson im Leben der Brüder. Eine Person, die nicht lange an ihrer Seite sein sollte. Denn die Mutter erkrankte in jungen Jahren an Krebs und starb im Alter von 40.


Billy Wechsler stöbert in der musikalischen Vergangenheit


Billy Wechsler hat 60 DIN-A4-Seiten mit seiner sehr persönlichen Chronik befüllt und sie in eine schlichte, schwarze Kladde gepackt. Weil´s ein „Manuskript“ sei, „unfertig wahrscheinlich, so lange ich lebe“. Ergänzungen würden ihm jetzt schon durch den Kopf schwirren. Natürlich stecke „unheimlich viel Therapie“ zwischen all diesen Zeilen, gibt Wechsler zu.

Die Erinnerung niederzuschreiben, sei „keine einfach Sache“ gewesen: Wie ging die Familie seinerzeit mit dem Leiden und Sterben der Mutter um? Wie wurde das Thema Krankheit thematisiert, kommuniziert? Fragen, die den Künstler, Autor und Gärtner heute, mehr als ein Vierteljahrhundert später, beschäftigen. Doch im Schreiben habe er eine Möglichkeit gefunden, sich „die Geschichte noch einmal anzuschauen“. Ohne Wertung. Und ergebnisoffen: „Der Prozess geht weiter...“

Mit Smartphone in den Schlosshof

Wie gesagt: Ein Familientreffen ist´s, zu dem Besucherinnen und Besucher ab Sonntag, 18. April, bis zum Muttertag, 9. Mai, im Schlosshof stoßen dürfen. Ein recht intimes. Trotzdem will Billy Wechsler die Allgemeinheit damit konfrontieren. „Weil solche Geschichten überall stattfinden. Nur eben immer ein bisschen anders.“ Wer sich dem stellen möchte, scannt kurzerhand den QR-Code, der an mehreren Stellen im Schlosshof installiert sein wird. Auf diese Weise lassen sich am Handy zwei längeren Rezitationen aus Wechslers Manuskript öffnen.


Billy Wechsler: Der Philosoph unter den Schriftstellern


Gelesen vom evangelischen Pfarrer Tobias Brendel und von Bücherei-Mitarbeiterin Ursula Furlan, beide aus Abenberg. Musikalisch begleitet werden sie von „Velvet Cry“-Sänger Markus Hubrich und Elektrosound-Spezialist Thomas Schübel. Zusätzlich öffnet sich vor Ort ein Fenster der Bücherei für fotografisch festgehaltene Szenen aus dem Leben von Mutter und Kindern...

Mehr Auseinandersetzung!

„Die Leute sollten sich mehr mit ihrer individuellen Geschichte auseinandersetzen“, lautet

Wechslers zugehöriger Appell. Mit seiner Biografie-Arbeit wolle er dazu animieren. Inzwischen sei er´s nämlich gewiss: „Kein Leid ohne Glück, kein Glück ohne Leid“ Im Grunde ist es nämlich eine Sicht auf das Leben als solches, die Wechsler da anstellt. Zwangsläufig, wie er meint. Denn wer sich mit seiner Familie befasse, werde letztlich auch des Raums gewahr, in dem wir uns alle bewegen: „Es ist nur ein kleiner Raum, dieses Leben, denn er ist begrenzt“, sagt Billy Wechsler. Die Beschäftigung mit der eigenen Biografie werde somit auch zur Beschäftigung mit der Endlichkeit.

Klar habe ihn die Auseinandersetzung verletzlich gemacht, so Wechsler. Doch das sei eben der Preis: „Viele Menschen haben Probleme. Aber gleichzeitig auch die Wahl, ihre Möglichkeiten zu nutzen.“ Das habe er nun erkannt. Dabei sei es wichtig, dass man ihn konsequent beschreite: „den Weg des Zulassens“.

Die gemeinsame Kooperationsaktion „Liebeserklärung an die Mutter“ von Billy Wechsler, dem Museum Schloss Ratibor und der Stadtbücherei Roth beginnt am Sonntag, 18. April und kann individuell, unter Beachtung der geltenden Corona-Regeln, bis zum 9. Mai im Schlosshof besucht werden. Das gesamte, 60-seitige Manuskript „Liebeserklärung an die Mutter“ kann zum Preis von 15 Euro beim Autor erworben werden unter wechsler-art@t-online.de

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