Ministerin in Roth: Ohne Draht und Computer geht nix

16.5.2019, 11:00 Uhr
Ministerin in Roth: Ohne Draht und Computer geht nix

© Foto : Robert Schmitt

Frau Gerlach, Sie sind seit einem halben Jahr Digitalministerin. Rollenvorbilder gibt’s nicht. Kommen Sie sich mit Ihrem Haus manchmal wie ein Start-up-Unternehmer vor?

Sehr sogar (lacht). Nachdem am Anfang noch nicht viel bestand, sind wir tatsächlich wie ein Start-up. Es waren noch keine Teppiche verlegt, wir hatten keine Computer, es waren keine Leute da. So sukzessive baut man alles auf, führt Bewerbungsgespräche, spricht mit Experten, um ein Gespür für Themen und Leute zu bekommen, kauft Computer und so weiter. So langsam fügt sich alles zusammen. Aber man will natürlich auch möglichst schnell in den Themen sein und etwas auf den Weg bringen. Ich kann nicht sagen: "Ich probiere jetzt zehn Sachen aus und hoffe, dass zwei funktionieren." Bei uns sollten von zehn Dingen möglichst auch zehn funktionieren. Das unterscheidet uns von einem Start-up, das ja bewusst auch mal etwas testen darf. Aber wir arbeiten mit Steuergeldern.

Hier in Roth werden seit über 500 Jahren Drähte und Kabel hergestellt. Welche Rolle spielen Kabel in der vermeintlich kabellosen digitalen Welt?

Auf den ersten Blick scheint die Digitalisierung in unserem Alltag sehr kabellos zu funktionieren. Mein Handy ist ja auch kabellos. Aber ohne Kabel funktioniert nichts. Ohne Kabel haben wir keine Infrastruktur. Ohne Kabel funktioniert auch 5 G nicht. Wir brauchen einfach eine gute Infrastruktur, um die Technik voranzubringen, aber auch fürs alltägliche Leben, fürs Berufsleben. So wie Strom und Wasser zum täglichen Leben gehören, gehört auch das Kabel und die digitale Infrastruktur dazu.

Das heißt, unsere heimischen Unternehmen sind für das Gelingen von Breitbandausbau und 5 G wichtig, und wir sollten aufpassen, dass sie im globalen Markt wettbewerbsfähig bleiben. Wie weit kommen wir dabei allein, wie weit mit der Unterstützung durch den Bund? Und brauchen wir dazu auch eine starke EU?

Natürlich. Digitalisierung geht über alle Grenzen. Digitalisierung kennt keine Grenzen. Das heißt, wir können in Bayern infrastrukturell und dort, wo wir zuständig und einflussreich sind, uns möglichst stark einbringen. Aber im Endeffekt schaffen wir es nur im Gesamtverbund die großen Dinge voranzubringen. Dabei ist es egal, ob es große Initiativen für Künstliche Intelligenz sind oder Infrastrukturausbau, der über den Bund gesteuert wird. Auch ethische Fragen und Gesetzgebung spielen da hinein. Wir sehen das bei der Urheberrechtsrichtlinie, die auf europäischer Ebene diskutiert wurde und die jetzt in nationales Recht umzusetzen ist. Das braucht ein Zusammenspiel. Das kann nicht nur in Bayern geregelt werden. Nur gemeinschaftlich können wir auch die großen Dinge wie die Digitalsteuer voranbringen. Es macht keinen Sinn, dass sich einzelne Nationalstaaten Teilbröckchen überlegen.

In zwei Wochen sind Europawahlen. Mit Manfred Weber könnte ein Bayer der EU-Kommissionspräsident werden. Wie stufen Sie die Bedeutung der Wahl ein?

Es wird eine sehr wichtige Wahl. Ich hoffe einfach, dass viele Menschen sich der Bedeutung der Wahl und der Europäischen Union bewusst sind. Wir nehmen sie tagtäglich als selbstverständlich hin. Manchmal wünschte ich uns ein paar Tage ohne den europäischen Verbund und seine Vorteile, damit wir zu spüren bekämen, wie es auch anders sein kann. Wir leben seit über 70 Jahren in einem friedlichen Gemeinschaftsbund. Gerade für meine Generation ist dies selbstverständlich. Aber es ist nicht selbstverständlich. Es lohnt sich, jeden Tag um Europa zu kämpfen. Ich hoffe, dass dies möglichst viele Menschen so sehen und zur Wahl gehen.


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