So verlief die Corona-Hochphase in der Kreisklinik Roth

13.5.2020, 06:11 Uhr
So verlief die Corona-Hochphase in der Kreisklinik Roth

© Foto: Guntram Rudolph

Herr Rupp, wie viele Intensivbetten hat die Rother Kreisklinik?

Werner Rupp:Im Normalfall zehn, fünf davon sind Beatmungsplätze. Jetzt haben wir durch einen Umbau kurzfristig auf 16 aufstocken können mit neun Beatmungsplätzen.

Und wie viele davon waren im Höchstfall zu Coronazeiten mit Covid-19-Patienten belegt?

Rupp:In der Spitzenzeit lagen insgesamt sieben Patienten auf der Covid-Intensivstation, davon fünf beatmete Patienten. Alle Patienten konnten geheilt von der Beatmungsmaschine entlassen werden, was sicher auch der fachlich qualifizierten Arbeit unserer Ärzte und Pflegekräfte zuzuschreiben ist.


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Die Verstorbenen, die das Gesundheitsamt für den Landkreis meldete…

Rupp: Drei Menschen, die mit Covid-19 in der Klinik verstorben sind, waren nicht ans Beatmungsgerät angeschlossen. Ob sie tatsächlich an Corona gestorben sind oder mit Corona, lässt sich nicht mit absoluter Sicherheit sagen – ebenso wenig wie bei den mehr als 7000 bundesweit Verstorbenen.

Wie viele Operationen mussten coronabedingt verschoben oder abgesagt werden?

Rupp: Die genaue Zahl kann ich nicht beziffern, aber die meisten Patienten hatten eine geplante OP schon von sich aus abgesagt. Aber natürlich gab es schlicht weniger Operationen, zum Beispiel weil wegen der Ausgangsbeschränkungen weniger Unfälle passiert sind. Am besten lässt sich der Rückgang anhand unserer durchschnittlichen Belegungszahl festmachen: Im April des Vorjahres waren 201 Betten belegt, in diesem Jahr waren es 140. Das macht also zirka ein Drittel weniger.

So verlief die Corona-Hochphase in der Kreisklinik Roth

© Foto: Kreisklinik Roth

Das bedeutet wie viel verlorene Einnahmen?

Rupp: Einerseits bekommen wir vom Bund für das Freihalten von Kapazitäten für Covid-19-Patienten einen Betrag in Höhe von 560 Euro pro Bett und Tag. Die Summe hört sich erstmal viel an. Aber: Uns fehlen die Erlöse für all die Leistungen, die normalerweise von uns erbracht werden (minus 30 Prozent). Andererseits haben wir immense Mehrkosten zum Beispiel für Schutzausrüstung, Patienten- und Mitarbeitertests und mehr. Entgangene Erlöse im ambulanten Bereich und bei Wahlleistungen sorgen dann in der Summe dafür, dass die Differenz zum Vorjahr zirka 700 000 Euro beträgt – zumindest für die Monate April und Mai wären das dann bereits zirka 1,4 Millionen Euro. Für die weiteren Monate lässt sich das noch nicht vorhersagen.

So verlief die Corona-Hochphase in der Kreisklinik Roth

© Foto: Kreisklinik Roth

Die Kosten sind ja nur die eine Seite. Wie gefährlich – tatsächlich oder gefühlt – ist das Virus denn für die Klinik-Mitarbeiter, die ja unter Umständen direkten Kontakt zu Corona-Patienten haben?

Dieter Debus: Insgsamt gab es zwölf Mitarbeiter, die an Covid 19 erkrankt waren. Teilweise geschah die Ansteckung außerhalb der Klinik in der Freizeit, teilweise haben sich Mitarbeiter auch in der Klinik angesteckt. Daher waren einige Mitarbeiter zeitweise in Quarantäne.Zum Glück konnten wir die Infektionskette genau nachvollziehen und sie auf Null runterfahren. Und zum Glück ist kein weiterer Fall in dieser Dimension aufgetreten.

Rupp: Was die Ausstattung anlangt, waren wir anfangs nicht so gut bestückt, wir hatten wenig auf Lager und haben das natürlich auch so kommuniziert. Da kam schon ein bisschen Angst auf.

Debus: Aber es herrschte großer Zusammenhalt untereinander: Durch das Reduzieren des OP-Betriebs konnten neue Teams gebildet werden, und es gab immer genügend Mitarbeitende, die sofort bereit waren, in den kritischen Bereichen zu arbeiten. Dafür konnten andere, die Angst davor hatten, auch davon ferngehalten werden. Menschlich ging das reibungslos, nur die technische Einarbeitung an anderen Maschinen und Apparaten verlief anfangs halt ein bisschen holprig. Aber das hat sich gut eingespielt.

Haben Sie im Rückblick das Gefühl, diese erste Welle gut gemeistert zu haben?

Rupp:Ja, schon, aber uns kam zugute, dass die Zahl der Intensivbetten kurzfristig aufgestockt werden konnte und mangelnde Schutzausrüstung nie zum Problem wurde, wir also nie ganz blank dastanden. Und dass wir nicht noch 20 Patienten mehr hatten.

Was halten Sie denn vor dem Hintergrund der Erfahrung mit Corona davon, dass eine Bertelsmann-Studie – erst vor einem halben Jahr – das Schließen von zwei Drittel aller Krankenhäuser in Deutschland gefordert hat?

Rupp: Ich stimme zu, dass die Zeit der Kleinstkrankenhäuser vorbei ist. Weil der Patient fachliches Knowhow und gute technische Ausstattung erwartet. Aber die Studie hat ja gefordert, Kliniken in Regionen zusammenzulegen. Das hieße zum Beispiel, dass im Süden von Nürnberg nur noch eines von drei Häusern übrigbliebe. Es stimmt auch, dass es in Teilen eine Überversorgung gibt, aber andererseits auch eine Unterversorgung, zum Beispiel bei der Geburtshilfe: Wer in Cham oder Zwiesel wohnt und 80 Kilometer bis zur Entbindung fahren muss, - da kanns zeitlich schon eng werden. Wenn eine Feuerwehrleitstelle nachts nur drei Anrufe bekommt, wird sie doch auch nicht wegrationalisiert. Diese Vorhaltekosten müssen eben bezahlt werden.

Meine Prognose ist jedenfalls, dass von den Autoren der Studie in den nächsten Monaten nichts mehr zu hören sein wird.

War der Lockdown aus Sicht des Krankenhauses richtig?

Rupp: Ja, die Politik hat meines Erachtens alles richtig gemacht. Gewünscht hätte ich mir vielleicht, dass diese aufwendigen Umbauten mit Sonderstation und Sondereingang nicht in jedem Krankenhaus nötig wären, sondern zum Beispiel nur in jedem zweiten. Aber das geht halt auch nur in der Stadt. Im ländlichen Bereich sind die Entfernungen dafür zu groß. Und auch hier gilt: Wenn man wüsste, was kommt ….

Und die Lockerungen? Kommen die auch zum richtigen Zeitpunkt?

Rupp:Ja. Und wenn die Infektionszahlen stabil bleiben, dann gibt es auch wieder andere notwendige Behandlungen zu tätigen.

Welche Lehren sollte die Politik aus der Krise ziehen?

Rupp: Dass mehr Intensivbetten und mehr Beatmungsgeräte und mehr Schutzausrüstungen vorgehalten werden – und im eigenen Land gefertigt werden, um solche Engpässe zu vermeiden. Für uns kam es nicht so schlimm wie befürchtet, aber wenn es so schlimm gekommen wäre, hätten wir ein Riesenproblem mit Schutzausrüstungen gehabt. Wenn uns die Ganzkörper-Schutzanzüge ausgegangen wären, hätten Mitarbeiter Monturen anziehen müssen, die quasi aus Plastik und nicht atmungsaktiv sind. Das ist aber nur für kurze Zeit oder gar nicht auszuhalten. Gott sei Dank haben wir gerade noch rechtzeitig immer wieder Nachschub bekommen. Auch wir lernen daraus, dass wir unser Pandemie-Lager aufstocken müssen.

Debus: Die Situation war für uns alle herausfordernd, teilweise haben wir Neuland betreten. Trotzdem habe ich es für unser Team als tolles Erlebnis empfunden, dass der Zusammenhalt so groß war – und ist.

Rupp: Dem möchte ich mich anschließen mit einem Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und an viele, die uns "von außen" auf vielfältige Weise unterstützt haben. Eine großartige Erfahrung in einer herausfordernden Zeit!

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