Tafel in Hilpoltstein: "Der erste Schritt ist der Schwerste"

11.7.2019, 12:23 Uhr
Tafel in Hilpoltstein:

© Foto: Anne Kleinmann

Moris Kanow steht neben dem Eingang der Tafel in Roth und wartet. Dass er als Rechtsanwalt mal zu einer Einrichtung gehen muss, in der er kostenlos Lebensmittel bekommt, hätte er früher nicht gedacht. Heute steht er trotzdem hier, das Geld reicht einfach nicht aus, um die ganze Familie zu versorgen.

Mit seiner Tochter, seinem Sohn und seiner Frau kam er vor vier Jahren von Syrien hierher. Trotz seiner guten Ausbildung und etlicher Bewerbungen, hat er bislang keine Arbeit gefunden. In der Zwischenzeit hilft er dafür ehrenamtlich in der Tafel in Roth, in der er auch selbst Lebensmittel holt.

Bis zu drei Mal die Woche ruft ihn der Logistiker der Rother Tafel Olaf Buhle an, um zu fragen, ob er mithelfen kann: Kisten tragen, Lebensmittel abholen, bei der Ausgabe helfen. Ebenso wie auch an diesem Mittwochmorgen um acht Uhr. Der große Kühltransporter mit der Aufschrift "Rother Tafel" steht schon vor dem Gebäude bereit und soll beladen werden, um die Lebensmittel von Roth nach Hilpoltstein zu bringen. Dort hat der Verein eine weitere Ausgabestelle, die immer mittwochs um 14 Uhr Lebensmittel verteilt. Damit das auch klappt, legen die ehrenamtlichen Helfer direkt los. Kisten mit allerlei Lebensmitteln werden in den Transporter gehievt. Dann geht es weiter zu einigen Supermärkten, um weitere Waren einzusammeln.

Insgesamt rund 60 Supermärkte und Bäcker im Landkreis spenden Lebensmittel an den Verein. Was und wie viel gespendet wird, weiß die Tafel im Voraus aber meistens nicht. "Manchmal kriegen wir drei Wochen keine Tomaten, dafür aber richtig viele Erdbeeren", erzählt Buhle.

Mit neuen Räumen zufrieden

Mit der "Ausbeute" heute sind die Ehrenamtlichen zufrieden: Kisten voller Salat, Trauben, Pilze, Joghurt, Wurstwaren und Konserven werden nach und nach in den großen Saal des AWO-Kompetenzzentrums in Hilpoltstein geschleppt. Eben dort hat der Verein seit zwei Wochen neue Räume bezogen, nachdem er aus dem Rotkreuz-Haus wegen Eigenbedarfs raus musste. Der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Heinz Ripka, ist mit dem neuen Standort aber sehr zufrieden. "Davor hatten wir keine Küche und konnten unsere Lebensmittel nicht vor Ort lagern. Das erleichtert unsere Arbeit jetzt." Die Lage sei allerdings nicht ganz so optimal, wie die Ausgabestelle zuvor, weil sie doch etwas außerhalb liege.

Dafür sind die Räume wesentlich heller und moderner. Der große Saal, der ansonsten für die Bewohner des Zentrums als Sport und Freizeitraum genutzt wird, ist an diesem Vormittag mit Sonne durchflutet. In der Küche machen sich einige Ehrenamtliche bereits daran, das gespendete Gemüse und Obst auszupacken und zu sortieren. Andere verteilen verpackte Sachen und Konserven auf den langen Tischen in dem Versammlungsraum. Dazwischen stehen riesige Kisten voller Kräuterbutter – "die kriegen wir niemals alle weg", sagt Ripka und fängt an die einzelnen Pakete aufzumachen, während der Duft von Knoblauch langsam den Raum erfüllt.

Weggeschmissen wird nichts

Während drinnen emsig gearbeitet wird, versammeln sich draußen schon die ersten Kunden. "Das ist hier nicht nur Abholstelle, sondern auch Treffpunkt zum Reden", erklärt Ripka. Nimmt man beide Ausgabestellen zusammen, kommen rund 150 Kunden wöchentlich zur Verteilung. Der größte Teil von ihnen sind Rentner, aber auch Alleinerziehende und Geflüchtete greifen auf die Lebensmittel der Tafel zurück, um über die Runden zu kommen.

Dass sie hierher kommen müssen, ist ihnen aber fast allen unangenehm: "Ich fahre extra einige Kilometer hierher, weil ich niemanden treffen will, der mich kennt", sagt eine Alleinerziehende, die trotz Teilzeitjob nicht genügend Geld hat. Ein anderer Mann erzählt, dass er bei einem Arbeitsunfall verletzt wurde und seitdem nicht mehr arbeiten kann. Das, was er an Unterstützung bekommt, reicht nicht.

Dass die Politik hier nicht eingreift, das ärgert den ersten Vorstand des Vereins Robert Gattenlöhner: "Für alles hat man Geld, aber die Bevölkerung bleibt auf der Strecke." Seine Forderung: Mehr Geld vom Staat: "Es kann nicht sein, dass man von der Rente nicht leben kann."

Nach einer Stunde ist die Ausgabe beendet. Was jetzt noch übrig geblieben ist, wird allerdings nicht weggeschmissen, sondern von den so genannten Lebensmittelrettern abgeholt. Hartes und älteres Brot bekommt der örtliche Fischereiverein, Gemüse und Obst ein nahe gelegener Hof, der Rest wird in die Biogasanlage geschüttet. Übrig bleibt am Ende nichts.

1 Kommentar