Angesägte Hochstände, geklaute Kameras

Falsche Tierliebe: Militante Jagdgegner treiben ihr Unwesen in Franken

11.8.2021, 07:01 Uhr
Jäger Peter Fischer hat sein Jagdrevier in Rednitzhembach/Pfaffenhofen. Er hatte am Rednitzhembacher Wehr eine fahrbare Kanzel aufgestellt. Sie wurde von Unbekannten mutwillig zerstört.  

© Peter Fischer, NN Jäger Peter Fischer hat sein Jagdrevier in Rednitzhembach/Pfaffenhofen. Er hatte am Rednitzhembacher Wehr eine fahrbare Kanzel aufgestellt. Sie wurde von Unbekannten mutwillig zerstört.  

Sven Kühnel ist Jäger. Und er hat ein Problem. Jagdgegner sabotieren und zerstören Jägerstände und entwenden Wildkameras. Es seien offensichtlich einige militante Jagdgegner, die so etwas täten, meint Kühnel. Er habe schon mehrfach Anzeige bei der Polizei erstattet, bislang allerdings ohne Ergebnis.

"Die fühlen sich bombensicher", so Kühnel. Die gezielte Beschädigung und Zerstörung von Hochsitzen kann er nicht mehr als Scherz ansehen. Es ist teilweise lebensgefährlich! "Nur durch die Jagd ist der Waldumbau möglich", ist Kühnel überzeugt, "es wäre schön, wenn man einen von diesen Kaspern erwischt!"

Ein Dummer-Jungen-Streich ist das, was Kühnel regelmäßig in seinem Revier rund um Roth erlebt, nicht mehr. Er erinnert sich an einen freistehenden Jägerstand, der mit 60 Zentimeter langen Stahlstangen im Boden verankert und zusätzlich mit einer Strebe an einem Baum befestigt war. "Ich bin 1,90 Meter groß, ich hätte das nicht geschafft." Kühnel vermutet, dass zwei oder drei Personen diesen Stand umgeworfen haben. Der Schaden beträgt ein paar hundert Euro.

Wildkameras gestohlen

Oder die Wildkameras. Sie werden genauso regelmäßig gestohlen. Kühnel ist inzwischen so klug, dass er gleich mehrere aufhängt. So hat eine der Wildkameras aufgezeichnet, wie ein kleiner, dicker Mann mit drei Hunden eine andere Wildkamera abmontiert und mitnimmt. Kühnel kauft nur noch die preiswertesten Geräte für 80 Euro das Stück, dann ist der Verlust nicht so groß.

Doch das größere Problem sind die sabotierten Hochsitze. "Bevor man hochklettert, muss man schauen: Stimmt da noch alles?" Falls nicht, kann es durchaus passieren, dass der Jäger aus vier Metern Höhe mitsamt dem Jägerstand und seiner Waffe abstürzt. Das kann für den Jägersmann fatal sein. Löst sich dabei aus seiner Waffe ein Schuss, wird es schnell lebensgefährlich.

"Wir sollen Wildschweine schießen, um die Afrikanische Schweinepest einzudämmen. Das ist ohnehin schwierig genug. Wenn wir dann noch sabotiert werden…" stöhnt Kühnel. "Im Februar hat das angefangen", erinnert er sich. Er habe aber auch von anderen Jägern gehört, dass das Zerstören der Hochsitze ein Problem sei. "Das ist flächendeckend in ganz Deutschland so."

Mountainbike und Motocross im Wald

"Das hatten wir auch schon im Heidenberg", bestätigt Volker Bauer aus Kammerstein. Er ist mittelfränkischer Jagdpräsident und kennt die Konflikte zwischen der Nutzung des Waldes für Freizeit-Belange einerseits und der Nutzung des Waldes für die Jagd auf der anderen Seite. Er spreche immer wieder mal Leute an, denn "Reden macht Sach aus", hat er schon von seinem Großvater gelernt.

Bauer hat derzeit mit Mountainbikern zu tun, die den Wald für ihren Sport nutzen. Ein "runder Tisch" soll hier zu einer Lösung des Problems beitragen. Ein ähnliches Problem kennt Sven Kühnel. Eine zunehmende Anzahl von Motocrossern, die mit ihren Maschinen quer durch den Wald pflügen, speziell im Bereich der Sandgruben an der Lohmühle sowie zwischen Roth und Hofstetten.

"Jeder kann von zerstörten Kanzeln erzählen"

Es gebe 75.000 Jäger in Bayern. Es sei ein "bekanntes Phänomen". Bayernweit. "Da kannst du anrufen, wen du magst, jeder kann Geschichten von zerstörten Jagdkanzeln erzählen", so Volker Bauer. Er hat einen Pirschbezirk auf dem Heidenberg, sprich: er hat von den Bayerischen Staatsforsten ein Stück Staatswald zum Jagen zugesprochen bekommen.

Ein Problem sei falsch verstandener Tierschutz. Manche Tierschutzorganisationen und Jagdgegner würden ein Zerrbild der Jagd zeichnen. Die Jäger in Mittelfranken würden in "Social Media" dagegen argumentieren und um Verständnis werben für die Belange der Jagd. "Da soll man einerseits die Afrikanische Schweinepest in den Griff bekommen, und anderseits bricht der Jägerstand zusammen, wenn man auf vier Meter Höhe oben ist", nennt Bauer die Gegensätze.

Der falsch verstandene Tierschutz treibe seltsame Blüten. Das Gleichgewicht in der Natur funktioniere ohne Jäger vielleicht in Kanada oder in Grafenwöhr oder in Hohenfels, also in nahezu menschenleeren Gegenden. Dort könne dann der Wolf für den nötigen Ausgleich sorgen. "Aber wir hier? Die Gegend hier ist viel zu dicht besiedelt", stellt Bauer klar.

Hundekot im Hochstand

"Ich lach mich nur noch kaputt", sagt Peter Fischer, der in Limbach wohnt, resigniert. Er hat das Jagdrevier Rednitzhembach/Pfaffenhofen und ist damit Reviernachbar von Sven Kühnel. Er ist seit 25 Jahren Jäger und hat in dieser Zeit schon einiges erlebt. Aufregen mag er sich nicht mehr, er kann nur noch lachen. Kaputte Kanzeln gebe es jedes Jahr mehrere: Am Hembacher Wehr eine fahrbare Kanzel: komplett kaputt. Am Schaftnacher Wehr die Kanzel: abgeschnitten. "Das Neueste ist, sie schmeißen Beutel mit Hundescheiße drin auf die Kanzel, und die gehen dann auf", berichtet Fischer.

"Die Autoscheiben angespuckt, die Reifen zerstochen, das ist alles kein Spaß mehr!", sagt Fischer. Oder vor etwa vier Jahren die Kanzel an der B2, die schon nach einem Tag angezündet wurde. Es war damals reines Glück, dass das Getreidefeld daneben nicht Feuer fing. Er hat auch schon erlebt, dass bei einem Hochsitz die Tragholme der Leiter mittendrin angesägt wurden. "Das ist falsch verstandene Tierliebe", sagt er, "die sind einfach grundsätzlich gegen die Jagd."

Dabei ist Peter Fischer weit davon entfernt, dass er Tiere nur so zum Spaß tötet. Er hat beispielsweise für 4000 Euro eine Drohne angeschafft, um Rehkitze in Wiesen aufzuspüren. Bei Gefahr vertrauen die jungen Rehe auf ihre Tarnung und ducken sich weg. Sie liegen so tief im Gras, dass der Bauer sie nicht sieht und sein Mähwerk sie dann zerhäckselt. Mit Hilfe der Drohne mit Wärmebildkamera entdeckt man sie und kann sie bergen und damit retten.

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