Schwieriger Weg bis zum Abitur: Schüler wegen Corona im Stress

18.3.2021, 05:56 Uhr
In Bayern sollen am 12.5. die Abitur-Prüfungen starten. Die Corona-Pandemie erschwert die Vorbereitung extrem. 

© Rolf Vennenbernd, dpa In Bayern sollen am 12.5. die Abitur-Prüfungen starten. Die Corona-Pandemie erschwert die Vorbereitung extrem. 

Bis zu den Abitur-Prüfungen sind es zwar noch gut 60 Tage, die Schülerinnen und Schüler stecken aber aktuell noch mitten in den "kleinen Leistungsnachweisen" wie beispielsweise Referate oder angekündigte und unangekündigte schriftliche Tests. Bis nach den Osterferien sind sie damit wohl beschäftigt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ihnen diese wertvolle Zeit fehlt, sich gezielt auf die Abitur-Aufgaben vorzubereiten. Und das setzt viele unter Druck.


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So wie Milena Ameis. Die junge Frau besucht das Scharrer-Gymnasium in Nürnberg. Nach dem Abi möchte sie Psychologie studieren. Doch dafür muss sie ein sehr gutes Abitur nachweisen. "Ich will als Therapeutin arbeiten. Das ist mein Traum", sagt Ameis. Um sich diesen zu erfüllen, lernt sie gerade viel - allerdings nicht für das Abi, sondern sie muss noch zahlreiche Referate und Kurzarbeiten abgeben, bevor sie sich auf ihre Spanisch-, Mathe- und Deutschprüfung konzentrieren kann.

Das Pensum balle sich gerade extrem, sagt auch Johannes Veeh, Deutschlehrer am Neuen Gymnasium in Nürnberg. Er habe versucht, möglichst früh den Lehrstoff durchzubekommen, erinnert er sich. "Das ist für alle eine schwierige Situation. Man muss sich eingestehen, dass heuer alles etwas anders ist", sagt er. Er hätte sich gewünscht, dass der Notengebungszeitraum nach vorne verlegt worden wäre, sodass die Abiturienten im Umkehrschluss mehr Zeit gehabt hätten, sich intensiv mit den eigentlichen Abitur-Aufgaben zu beschäftigen.

"Kein Vergleich zum Präsenzunterricht"

Das wünscht sich nicht nur Lehrer Veeh, auch zwei Abiturientinnen, die anonym bleiben möchten, berichten davon, dass sie spätestens ab den Osterferien gern den Kopf frei hätten für die Abi-Vorbereitung - so wie die Jahrgänge vor ihnen. Wir mussten uns im vergangenen Schuljahr wegen der Pandemie den Stoff zum Teil selbst zu Hause erarbeiten. Das ist kein Vergleich zum Präsenzunterricht. So sind Lücken entstanden, die wir jetzt dringend schließen müssen", fasst eine Abiturientin des Wendelsteiner Gymnasiums zusammen.

"Wenn wir bis zu den Osterferien mit dem Stoff durch wären, hätten die Schüler ausreichend Zeit, sich auf das Abitur am 12. Mai vorzubereiten", sagt Susanne Kolb (Name von der Redaktion geändert). Kolb unterrichtet an einem Nürnberger Gymnasium Mathematik, ein Fach, in dem jeder Abiturient geprüft wird. Es seien in den vergangenen Monaten, insbesondere im ersten Halbjahr, Lücken entstanden, so Kolb. Lücken, für die niemand etwas könne, die nun aber da seien. Die Schülerinnen und Schüler, die jetzt Abitur machen, hätten bereits ein schwieriges zweites Halbjahr in der elften Klasse hinter sich - und die Sorgen und Probleme seien im neuen Schuljahr nicht weniger geworden.

Immer wieder in Quarantäne

Kolb berichtet von Schülern, die wegen der Quarantäne-Regelung immer wieder zu Hause bleiben mussten und von Schülern, die dem Online-Unterricht gut folgen konnten, jetzt aber mit dem Wechselmodell ihre Probleme haben, weil sie jeweils eine Woche wieder völlig auf sich alleine gestellt sind. Zudem habe sie bemerkt, dass sich einige im vergangenen Sommer im ersten Distanzunterricht schlecht motivieren konnten und wohl hofften, im neuen Schuljahr würde der Stoff wiederholt werden. Das sei für sie nachvollziehbar, sagt Kolb.


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Das Wissen adäquat nachzuholen sei selbst für gute Schüler mitunter schwierig, schätzt die Lehrerin. Sie möchte nicht auf das Kultusministerium schimpfen. Im Gegenteil. Sie lobt die Verschlankung des Lehrplanes und die Änderung in der Notengebung. Aber: "Mein Traum wäre, dass die Schülerinnen und Schüler ab Ostern für das Abitur richtig lernen können", sagt die Mathematiklehrerin. Dafür müsste das ein oder andere Referat gestrichen werden. Doch das ist offiziell nicht vorgesehen.

"Für das Abitur planen wir fest mit dem 12. Mai 2021, die Abschlussklassen der zwölften Jahrgangsstufe sind seit dem 1. Februar im Präsenz- beziehungsweise Wechselunterricht", heißt es auf Anfrage aus der Pressestelle des bayerischen Kultusministeriums. "Für den Abiturjahrgang 2021 wurde zur Erleichterung unter anderem die Zahl der Schulaufgaben im zweiten Halbjahr reduziert – Klausuren finden nur noch in den drei schriftlichen Abiturfächern statt." Zudem greife zum Beispiel eine Günstigerprüfung, mit der die Abiturnote noch verbessert werden könne. "Trotz Corona wird es also ein faires und qualitativ hochwertiges Abitur geben", so das Kultusministerium.

Abitur: Termin am 12.5. wäre machbar

An dem verschobenen Abitur-Termin könne man festhalten, betont Lehrerin Kolb. Das sieht auch Johannes Novotny, Schulleiter am Gymnasium Wendelstein, so. "Die Prüfungen sind kurz vor den Pfingstferien. Wenn das Abitur nochmal verschoben werden würde, dann zieht sich alles in die Länge". Derzeit sei die Stimmung unter den Abiturienten gut, erzählen beide Pädagogen. "Ich bemerke aber, dass zunehmend Unsicherheit aufkommt", sagt Novotny. "Die Schüler fragen sich ‚Wo stehe ich‘, ‚was kann ich bereits‘?" Hinzu komme die Sorge, ob man wieder in Quarantäne müsse.

Auch Milena Ameis musste in der Vergangenheit immer wieder in Quarantäne und zu Hause lernen. Und dennoch: Auch sie will, wie die anderen Abiturientinnen, nicht jammern oder sich beschweren. "Wir versuchen, trotz allem das Beste daraus zu machen. Wir wollen einfach nur aus der Schule raus und etwas Neues beginnen."

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