"Subventionierter Irrsinn": Kritik an bayerischen Seilbahn-Millionen

17.12.2019, 17:00 Uhr
Die Grünen und Naturschützer befürchten, dass vor allem Skigebiete im Oberallgäu durch den vom Freistaat Bayern geförderten Neu- und Ausbau von Seilbahnen, Gondelanlagen und Schneekanonen zu einer unnatürlichen Kunstschneekulisse werden.

Die Grünen und Naturschützer befürchten, dass vor allem Skigebiete im Oberallgäu durch den vom Freistaat Bayern geförderten Neu- und Ausbau von Seilbahnen, Gondelanlagen und Schneekanonen zu einer unnatürlichen Kunstschneekulisse werden.

Grundsätzlich hat Maximilian Stark nichts gegen eine staatliche Förderung für Lifte und Seilbahnen. Gegen die Erneuerung bestehender Anlagen sei nichts einzuwenden, zumal in schneesicheren Lagen. Aber im Oberallgäuer Skigebiet Grünten liegt der Fall aus seiner Sicht anders.

Hier soll oberhalb der Ortschaft Kranzegg eine "Bergwelt" und damit ein Freizeitpark an dem 1738 Meter hohen Gipfel entstehen, wogegen sich die Bürgerinitiative "Rettet den Grünten!" seit bekanntwerden der Pläne im Sommer wehrt. Der Gemeinderat von Rettenberg, zu dem Kranzegg gehört, hat sich hingegen für das Projekt ausgesprochen, ebenso wie der scheidende Oberallgäuer Landrat Anton Klotz (CSU).

Die Nachricht, dass das bayerische Wirtschaftsministerium mit Hubert Aiwanger (Freie Wähler) an der Spitze künftig deutlich mehr Geld für die Seilbahnförderung ausgeben will, findet Stark als Sprecher der Initiative mehr als bedenklich. "Hier sollen Steuergelder dafür benutzt werden, um ein Gebiet auszubauen, in dem es in absehbarer Zeit keinen Schnee mehr geben wird."

Experten schätzen, dass in der Zukunft angesichts der zu erwartenden Erderwärmung selbst die künstliche Beschneiung unterhalb von 1700 Metern keinerlei Sinn mehr macht, um Pisten zu retten. Mit Subventionen in neue Schneekanonen und Lifte zu investieren und anstelle der ursprünglichen Hütte am Grünten einen viel größeren Berggasthof zu errichten, "kann nicht sein", sagt Stark. Zudem sei von der Inhaberfamilie Hagenauer eine "Erlebnisinstallation" auch für den Sommer geplant.

Bürgerinitiative fürchtet "Salami-Taktik"

Zwar hieß es zuletzt, auf eine umstrittene "Walderlebnisbahn", mit der Urlauber an Gurten ins Tal sausen können, werde verzichtet. Aber die Bürgerinitiative fürchtet, dass es sich hierbei nur um eine "Salami-Taktik" handelt und das Thema bald wieder auf die Agenda gesetzt wird. Zumal mit Blick auf die knapp sieben Millionen Euro Zuschuss des Freistaats, die alleine für den Grünten im Raum stehen würden.

Mit der Seilbahnförderrichtlinie wurden seit 2009 Dutzende Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von 52 Millionen Euro genehmigt, wie eine Anfrage der Grünen im Landtag ergeben hat. Aktuell liegen im Wirtschaftsministerium acht Förderanträge mit rund 38 Millionen Euro Volumen vor. Das ist rund doppelt so viel, wie im aktuellen Doppelhaushalt 2019/2020 eingeplant, weshalb Aiwanger die Summe künftig verdoppeln will.

Kritik von den Grünen: "Subventionierter Irrsinn"

Die Grünen kritisieren das scharf. "Die absurd hohe Förderung neuer Skilifte und das Schneekanonen-Wettrüsten sind staatlich subventionierter Irrsinn", so der Fraktionssprecher Ludwig Hartmann. "Unsere bayerischen Alpen sind keine Eventkulisse, sondern ein einmaliger Natur- und Kulturraum, der auch ohne technische Hochrüstung Besucher begeistert."


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Im Vordergrund müsse der Erhalt und Schutz der Bergwelt stehen, meint auch Christian Zwanziger als Grünen-Sprecher für Landesentwicklung und Tourismus: Was sich ohne hohe staatliche Förderung nicht rechne, könne nur schaden. Aiwanger sieht das anders und beruft sich auf Studien, wonach ein Arbeitsplatz bei einer Bergbahn insgesamt fünf weitere in der Region sichern würde, etwa in den Hotels, Skischulen, der Gastronomie und im Handel. Der Freistaat müsse in die Modernisierung der Bergbahnen investieren, damit die Touristen in Bayern blieben und nicht nach Österreich oder Tschechien abwandern würden.


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Die Grünen stören sich auch daran, dass alle derzeit beantragten Projekte im Landkreis Oberallgäu liegen und damit in einer Region, die bereits jetzt unter dem Ansturm zu vieler Touristen leide. So sind die Arbeiten für den Ausbau der Nebelhornbahn bereits im Gange, die Kapazität soll durch eine neue Kabinenbahn mit Zehnergondeln von aktuell 600 auf dann 1200 Passagiere pro Stunde erhöht werden.

Die Allgäuer Bergwelt würde bei Umsetzung aller beantragter Maßnahmen zu einer "unnatürlichen Kunstschneekulisse mit gewaltigen Gondelkapazitäten", so Zwanziger – um vor allem Tagesgäste zu locken und auf Kosten der Natur.

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