Verfassungsgerichtshof: Bayerische Corona-Verordnung bleibt in Kraft

2.2.2021, 13:12 Uhr

Mehrfach musste sich das Gericht bereits mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auseinandersetzen - und lehnte die Außerkraftsetzung fast immer ab.

In der jüngsten Popularklage argumentierten die Antragsteller, der Sieben-Tage-Inzidenzwert, auf den der Freistaat die Grundrechtseingriffe im Wesentlichen stütze, sei unzutreffend, weil die zugrundeliegenden PCR-Tests nicht aussagekräftig seien. Die Schutzmaßnahmen seien zur Bekämpfung der Pandemie weder geeignet noch erforderlich noch verhältnismäßig. Die Gefahren der Pandemie würden überschätzt.


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Die Verfassungsrichter konnten aber nicht feststellen, dass der Freistaat die Spielräume des Infektionsschutzgesetzes überschritten oder Grundrechte der Bayerischen Verfassung verletzt hat. Es gebe Stimmen, die eine Eignung der Inzidenzzahlen zur Bewertung des Infektionsgeschehens und die Zuverlässigkeit von PCR-Tests verneinten und die Gefährlichkeit des Virus SARS-CoV-2 infrage stellten, erläuterte das Gericht. "Das rechtfertigt jedoch nicht den Vorwurf eines Verfassungsverstoßes des Normgebers."


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"Es mag Stimmen geben, die die Eignung der Inzidenzzahlen zur Bewertung des Infektionsgeschehens, die Zuverlässigkeit von PCR-Tests sowie eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems verneinen, die Gefährlichkeit des Virus SARS-CoV-2 infrage stellen und die ergriffenen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung – entgegen den Einschätzungen des Robert-Koch-Instituts – als wirkungslos ansehen", erläuterte das Gericht. "Das rechtfertigt jedoch nicht den Vorwurf eines Verfassungsverstoßes des Normgebers."

Es sei gerade dessen Aufgabe, die in der öffentlichen Diskussion vertretenen und teils kontroversen Auffassungen zu gewichten und eine Entscheidung zu treffen. Der Staat sei zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit zum Handeln nicht nur berechtigt, sondern auch verfassungsrechtlich verpflichtet.

Es sei nicht feststellbar, dass der Freistaat mit seiner Corona-Verordnung die Spielräume des Infektionsschutzgesetzes überschritten oder Grundrechte der Bayerischen Verfassung verletzt habe. Es spreche auch nichts dafür, dass die verfassungsrechtliche Pflicht zur strengen Prüfung der Verhältnismäßigkeit bei den – teils schwerwiegenden – Grundrechtseingriffen verletzt worden sei. In der Verordnung sind quasi sämtliche Anti-Corona-Maßnahmen in Bayern geregelt, darunter die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen, die nächtliche Ausgangssperre sowie der Lockdown mit Geschäfts-, Schul- und Kita-Schließungen.

Seit Beginn der Pandemie sind am Verfassungsgerichtshof an die hundert Popularklagen gegen diverse Corona-Maßnahmen eingegangen. Über einen Teil gab es Eilentscheidungen, die Hauptsache steht aber noch aus.

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