Der Weißenburger Stadtschreiber gab sich die Ehre

27.7.2020, 11:57 Uhr
Der Weißenburger Stadtschreiber gab sich die Ehre

© Foto: Miriam Zöllich

Dass die Weißenburger zu dieser Ehre kamen, liegt natürlich daran, dass Clemens Berger der aktuelle Stadtschreiber ist und seit etwa zwei Monaten mit seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter in Weißenburg lebt. Wie gut Berger in seinen Wirkungsort eingetaucht ist, merkte man an der vertrauten und lockeren Atmosphäre der Veranstaltung.

Der Doppelgänger

Der Wiener Autor gehört dank seiner stundenlangen Spaziergänge mit Töchterchen Amalia schon fest zum Weißenburger Stadtbild des Sommers 2020. "Viele kennen mich schon vom Herumstreunen und im Kaffeehaus sitzen", witzelte Clemens Berger daher zu Beginn der Lesung, und bedankte sich im gleichen Atemzug bei den Bürgern für die herzliche Aufnahme in den vergangenen Wochen.

Moderiert von Dr. Karl-Friedrich Ossberger und in dem mit 85 Gästen gut gefüllten Klostergarten präsentierte Clemens Berger dann seinen neuen Roman "Der Präsident". Die Idee zu der Geschichte trug der Autor bereits seit 2010 mit sich herum, erzählte er. Damals war er zu einer Recherchereise in den USA und beschäftigte sich mit Menschen, die aus seiner Heimat, dem Burgenland, in die Staaten emigriert sind. Zufällig sei er dabei auf eine Randnotiz in einer Zeitung gestoßen, und seitdem habe ihn die Idee zu "Der Präsident" nicht mehr losgelassen. Denn tatsächlich habe es einen Menschen gegeben, der eine ähnliche Geschichte wie der Romanprotagonist hatte. "Die Eckdaten stimmen – der Rest ist frei erfunden", sagt Berger.

Die drei Passagen, die der Autor dem Weißenburger Publikum vorlas, waren gut gewählt, um einen Eindruck des Werks zu gewinnen. Berger begann mit dem Tag, an dem der Polizist Jay Immer erfährt, dass er in einem Ronald-Reagan-Doppelgänger-Wettbewerb gewonnen hat. Seine Frau Lucy hatte ihn heimlich dazu angemeldet. "Es war das erste und einzige Mal, dass sie ihn hintergangen hatte."

Zwischen Reagan und Gorbatschow

Für das Ehepaar beginnen nun turbulente und aufregende Jahre voller Hot-Dog-Restaurant-Eröffnungen, Traktor-Rennen-Preisverleihungen und nicht ganz einwandfreier Methoden, um als vermeintlicher Präsident im angesagtesten Restaurant der Stadt einen Tisch zu ergattern. Eingebettet in den historischen Kontext des kalten Krieges und der politischen Beziehungen zwischen Ronald Reagan und Michail Gorbatschow erzählt Berger die Geschichte von einem Mann, der zuerst in eine Rolle schlüpft, und sich dann doch emanzipiert und eigene Wege geht.

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