Wintersaison 20/21: Bammel am Berg wegen Corona

28.10.2020, 09:59 Uhr
Sonnenhang im Großarltal. Ob´s heuer mit Winterurlaub klappt?

© Matthias Niese Sonnenhang im Großarltal. Ob´s heuer mit Winterurlaub klappt?

Eigentlich ist Skifahren virologisch betrachtet unbedenklich: Es findet draußen in der frischen Luft statt und es ist keine Kontaktsportart. Wer die FIS-Regeln kennt, weiß, dass ein gebührender Abstand zu anderen Aktiven geboten ist. Trotzdem wurde ausgerechnet der Skiort Ischgl zum Synonym für einen zu sorglosen Umgang mit dem Virus. Allerdings übertrug er sich massiv beim Feiern nach der Piste.

Es ist nachvollziehbar, wenn viele Wintersportbegeisterte sich jetzt die Frage stellen, ob es eine gute Idee ist, kommenden Winter Skifahren zu gehen – und ob es überhaupt klappt. Die Skigebiete hingegen haben ein großes Interesse daran, dass die Wintersaison 2020/21 nicht zum Desaster wird. Sie haben Konzepte ausgearbeitet, die Skifahren auch in der Pandemie sicher machen sollen. Im Fokus stehen dabei weniger die Abfahrten selbst als vielmehr all die anderen Stationen, die ein Gast während eines Skitages passiert.

Derzeit fällt allerdings ein potenzielles Skigebiet nach dem anderen aus, weil das Virus dort grassiert. Und so hoffen alle, dass sich die Situation im Lauf der Saison, die meist im November startet, wieder entspannt. Sie halten an ihren Konzepten fest oder passen sie an. Über die jeweilige Lage in den Skigebieten informieren Sie sich am besten tagesaktuell beispielsweise unter www.schneehoehen.de/artikel/coronavirus-6055.

Ständig werden Mitarbeiter getestet

Als eines der ersten Skigebiete hat Ischgl in Tirol – momentan ist nicht nur dieses österreichische Bundesland Risikogebiet – konkrete Maßnahmen vorgestellt. Konsequent, schließlich hat kein anderer Ort eine vergleichbare Scharte auszuwetzen. Zum Auftakt strich Ischgl sein traditionelles „Top of the Mountain“-Konzert. Auch andere Skiorte müssen auf vergleichbare Großevents zur Saisoneröffnung verzichten.

Ischgl will laufend alle Mitarbeiter testen und bei allen täglich vor Arbeitsbeginn Fieber messen. Für Gäste wird es ebenfalls Testmöglichkeiten geben. Zusätzlich sollen sich Gäste beim Check-in die Temperatur messen lassen und einen kurzen Fragebogen beantworten. Mittels einer personalisierten Contact-Tracing-App sollen Kontakte nachvollziehbar werden.

Tirol setzt zudem landesweit auf Abwassermonitoring. Proben sollen früh auf potenzielle Infektionen hinweisen. Am Berg werden alle Seilbahnkabinen laufend mittels Kaltvernebelungsgeräten desinfiziert, um 99,99 Prozent der Viren, Bakterien und Sporen in den Gondeln zu eliminieren. Dieselbe Methode wird auch in den Skibussen sowie in Sportshops, Skidepots, WC-Anlagen, Aufzugskabinen und den Erste-Hilfe-Stationen täglich angewendet.

Für die Gäste herrscht in den Liften und Bahnen Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes, was bei winterlichen Temperaturen nicht wirklich eine Zumutung ist. Hierfür hat etwa Ischgl 600 000 Multifunktionstücher angeschafft, die die Gäste beim Kauf eines Skipasses kostenlos erhalten. Mund-Nasenschutz ist auch an neuralgischen und besonders gekennzeichneten Bereichen verpflichtend; ebenso werden alle Angestellten mit Kundenkontakt einen Schutz tragen.

Après-Ski wird es so nicht mehr geben

Die Anstehbereiche werden so organisiert, dass eng zusammenstehende Personengruppen möglichst vermieden werden. Die Einhaltung des Sicherheitsabstandes wird im Bedarfsfall durch etwaige Kapazitätsbeschränkungen ermöglicht. Wenn jedoch absolut nicht anders möglich, darf ausnahmsweise davon abgewichen werden. Après-Ski wird es in der gewohnten Form nicht mehr geben, und der Zutritt zu den Gastronomiebetrieben am Berg wird limitiert, so dass Abstände eingehalten werden können.

In Österreich wurden die Gondeln schon vergangenen Sommer deutlich höher ausgelastet als etwa in Bayern, wo man für den Winter bislang von Beschränkungen auf 70 bis 80 Prozent der Kapazität ausgeht. Alpenweit einheitliche Regelungen wird es wohl nicht geben. Daher sollte man sich genau informieren, bevor man Pläne fixiert und Buchungen vornimmt. Vor allem sollte man auf kulante Stornoregelungen für den Fall von Reisewarnungen achten.

Wem es nicht geheuer ist, mehrmals täglich für zehn Minuten mit fremden Personen in einer Zehnergondelbahn zu sitzen, der sollte sich beim Skigebiet seiner Wahl erkundigen, ob es möglich ist, Gondeln auf Wunsch nur mit den eigenen Mitreisenden oder im Extremfall sogar allein benutzen zu können. Amerikanische Skigebiete, die im Winter 2019/20 noch weit länger in Betrieb waren, ließen dies zu.

Konkrete Tipps für sicheren Skiurlaub

Der sichere Skiurlaub beginnt übrigens schon bei der Anreise. Da schlägt das eigene Auto das Flugzeug. Leider auch Zug und Bus, was ökologisch bedauerlich, aber virologisch ein Fakt ist. Und auch vor Ort sollten Sie aus Sicherheitsgründen folgende Tipps beherzigen:

Skipass, Ausrüstung, Skikurs – fast alles lässt sich heutzutage online buchen. Den Besuch in zu Stoßzeiten überfüllten Skischulbüros und Sportgeschäften oder Anstehen an der Liftkasse kann man sich also sparen. Manche Verleiher bieten den Service an, das Material direkt in die Unterkunft zu liefern. Schlauchschals waren schon immer praktisch, jetzt können Sie sie im Lift schnell über Mund und Nase hochziehen.

Im Ferienhaus oder -wohnung bleiben Sie unter sich und begegnen so wenig Menschen wie möglich – etwa am Büfett. Allerdings ist das Angebot an Ferienhäusern etwa mit eigener Sauna limitiert. Wer kann, meidet Haubensessel oder Gondelbahnen. Jetzt ist der verpönte Schlepplift gefragt, vor allem in der Tellervariante. Viele meiden nun auch die Einkehr in Hütten. Es gibt Alternativen: So ist in Norwegen Picknick beim Skifahren schon lange Kult. Proviant, Fell zum Sitzen, etwas Kohle und ein Rost sind dort sogar im Rucksack dabei.

Möglichst wenig andere Skifahrer – ein weiteres Kriterium, das vor allem kleinere Skigebiete erfüllen. Oder die Schweizer Skigebiete, die in den letzten Jahren wegen des teuren Frankens eh weniger Besucher hatten. Ein Top-Verhältnis zwischen Besucherzahl und Liftkapazität haben zum Beispiel St-Luc/Chandolin und Anzère in der Schweiz, aber auch Monterosa-Ski in Italien, La Rosière in Frankreich und Obergurgl-Hochgurgl in Österreich. Aber bitte schauen Sie vor der Reise unbedingt, ob Ihr Zielgebiet nicht doch ein Risikogebiet geworden ist.

Verwandte Themen


Keine Kommentare