Kritik an hohen rechtlichen Hürden

Wohnungsnot im Freistaat: Bayerischer Gemeindetag attackiert die Bürokratie in München

18.8.2022, 15:22 Uhr
Wohnungsnot im Freistaat: Bayerischer Gemeindetag attackiert die Bürokratie in München

© Julian Stratenschulte/dpa

Der Bayerische Gemeindetag fordert Vorrang für die Kommunen im Wohnungsbau. Der Kommunalverband will die zahlreichen bürokratischen und rechtlichen Hürden für Städte und Gemeinden abbauen, um mehr bezahlbare Wohnungen schaffen zu können.

Eine Hauptforderung des am Donnerstag in Dachau vorgestellten Zehn-Punkte-Programms ist eine Vereinfachung des Bodenrechts: Kommunen sollen das Vorkaufsrecht für Grundstücke leichter ausüben können.

Derzeit scheiterten die Kommunen bei Prozessen vor den Verwaltungsgerichten zu 90 Prozent mit ihren Versuchen, Vorkaufsrechte auch tatsächlich zu nutzen, sagte Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU). Er verlangte ein grundsätzliches Umdenken der übergeordneten staatlichen Ebenen in Berlin und München: "Wir brauchen endlich den Aufbruch und den Mut zu neuen Wegen", sagte der Abensberger Bürgermeister. "Wenn wir das nicht schaffen, werden wir die Probleme nicht meistern."

Wohnungsbau werde eher behindert als gefördert

Brandl ist dafür bekannt, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Bei der Pressekonferenz warf der Verbandschef dem Münchner Bauministerium vor, den Wohnungsbau eher zu behindern als zu fördern: "Ich akzeptiere nicht mehr, wenn von vornherein gesagt wird, was alles nicht geht." Minister Christian Bernreiter (CSU) nahm Brandl jedoch ausdrücklich aus: "Wobei ich nicht den Chef meine."

Der Gemeindetagspräsident steht mit seiner Kritik keineswegs allein. "Ein Bürokratiewahnsinn ist da entstanden", sagte der Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Sowohl Bau- als auch Steuerrecht hemmten die Entstehung neuer Wohnungen.

Höhere Zuschüsse von Bund und Ländern gefordert

Der Gemeindetag plädiert in dem Programm darüber hinaus für höhere finanzielle Zuschüsse von Bund und Ländern. Pro sozialversicherungspflichtig beschäftigten Einwohner erhält eine Gemeinde nach Brandls Worten etwa 16.500 Euro aus der allgemeinen Steuerverwaltung. Das genügt aus Verbandssicht nicht, um die Folgekosten für neue Straßen, Kindergärten oder Schulen zu decken. Miet- und Erbrecht gehören laut dem Zehn-Punkte-Programm ebenso auf den Prüfstand wie Baunebenkosten. Mobilität auf dem Land müsse gestärkt und Wohneigentum für mehr Menschen finanzierbar werden.

Ein weiterer zentraler Punkt: Ballungsräume entzerren und das Leben auf dem Land attraktiver machen. Homeoffice, mobiles Arbeiten und die Sehnsucht nach dem Leben auf dem Land lägen im Trend, so der Gemeindetag. Also sollten Wohnen, Leben und Arbeiten auf dem Land unterstützt werden, anstatt "die Ballungsräume zu überhitzen". Voraussetzung dafür seien gleichwertige Lebensverhältnisse und gutes Wohnen in allen Teilen Bayerns.

Niedrigste Wohneigentumsquote in der EU

Als "katastrophalen Befund" bezeichnet der Gemeindetag, dass Deutschland innerhalb der Europäischen Union die niedrigste Wohnungseigentumsquote habe. Hier müsse die Politik gegensteuern. "Mietfreiheit ist die beste Altersvorsorge."

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