Kerk kommt zurück nach Nürnberg

Der Club-Gegner: 96 presst, passt und probiert's zu unpräzise

2.10.2021, 05:53 Uhr
Der Club-Gegner: 96 presst, passt und probiert's zu unpräzise

© Swen Pförtner/dpa

Wer steht an der Seitenlinie?

Jan Zimmermann. Der 41-Jährige ist noch einer aus der wachsenden Reihe an Trainern, zu der auch Tim Walter, Christian Preußer, Robert Klauß, Lukas Kwasniok oder Alexander Schmidt in der Zweiten Liga gehören, die nie Profifußball gespielt haben. Zimmermann spielte in der Regionalliga, als diese noch drittklassig war, für Havelse, Braunschweig, Lübeck und Arminia Hannover.

Die Trainerkarriere des in Hannover geborenen Zimmermann begann dann auch in den unteren Gefilden. 2011 übernahm er Germania Egestorf/Langreder in der Landesliga Hannover. Nach sieben Jahren als Trainer - davon drei als Spielertrainer - hatte Zimmermann den Verein aus Barsinghausen bis in die Regionalliga geführt. Im Oktober 2018 trat er dann von seinem Posten zurück, da die Mannschaft "einen neuen, unvoreingenommenen Impuls brauchte, um wieder an die Leistungsgrenze zu gehen".

Zimmermann machte drei Monate Pause und ging dann zum TSV Havelse. Dort wurde er nicht nur Trainer, sondern auch Sportlicher Leiter. Zimmermann übernahm den Verein auf Abstiegsplatz 16, am Ende der Saison war die Mannschaft aus Garbsen in Niedersachsen Elfter und hatte nichts mit dem Abstieg zu tun. In der pandemiebedingt abgebrochenen Folgesaison wurde Havelse nach einer soliden Runde Neunter und qualifizierte sich für die DFB-Pokal-Hauptrunde.

Hochgeschnüdelt: Aufstieg mit Havelse

Als auch die Saison 2020/21 wegen der Coronavirus-Pandemie abgebrochen wurde, stand Havelse - nach gerade einmal zehn Spielen - auf Platz 1 der Regionalliga Nord, Gruppe Süd. Der Verein wurde für die Aufstiegsspiele gegen den 1. FC Schweinfurt nominiert. Die gewann Havelse beide mit 1:0 und das, obwohl zu diesem Zeitpunkt schon feststand, dass Trainer Zimmermann die Nachfolge von Kenan Kocak in Hannover antreten würde.

Wie wird gespielt?

"Wir wollen eine aktive Mannschaft sein, wollen gegen den Ball aggressiv und intensiv spielen", kündigte Jan Zimmermann an. Schaut man auf die Pressingwerte von 96, sind die "Roten" derzeit das Team mit dem intensivsten und aktivsten Pressing nach dem Hamburger SV. Generell funktioniert die Defensive der Niedersachsen zumindest statistisch schon ziemlich gut: Die zweitwenigsten Schüsse auf das eigene Tor hat Hannover zugelassen, die zweitwenigsten expected goals gegen sich eingefangen und die beste Quote bei Zweikämpfen gegen den Ball.

Sechs Gegentore nach ruhenden Bällen

Auf die Gegentore hat sich das per se gute Defensivspiel allerdings noch nicht ausgewirkt. Zwölf Gegentreffer sind nur unteres Mittelfeld in der Zweiten Liga. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Hannover bereits sechs Treffer nach ruhenden Bällen kassiert hat, darunter zwei Eigentore. Die andere Schwäche, die Hannovers Hintermannschaft offenbarte, ist eine gewisse Anfälligkeit bei Zuspielen in den Rückraum.

Zum Verrücktwerden: Hannovers Linton Maina nach einer vergebenen Chance gegen den SV Sandhausen.

Zum Verrücktwerden: Hannovers Linton Maina nach einer vergebenen Chance gegen den SV Sandhausen. © Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Generell steht Hannover aber, gerade wenn es das Zentrum über ein 4-2-3-1 mit Doppelsechs dicht macht, sicher und lässt wenig zu. In der Offensive hakt das Spiel bei 96 noch. Bisher war die Chancenqualität das größte Manko der Roten. Der expected-Goals-Wert pro Schuss ist der kleinste der Liga, das heißt, niemand hat im Mittelwert schlechtere Chancen als Hannover. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die Niedersachsen deutlich häufiger aus der Distanz abschließen als andere Teams. Die durchschnittliche Torentfernung beim Abschluss sind 20,3 Meter. Höchstwert in der Liga.

Verluste im eigenen Angriffsdrittel

Dabei funktioniert das Aufbauspiel von 96: Niemand spielt häufiger Pässe ins letzte Drittel, niemand spielt mehr Steckpässe, nur zwei Teams haben mehr Ballkontakte im gegnerischen Strafraum. Doch statt Abschlüssen folgt oft noch ein Pass oder ein überhasteter Abschluss aus einer schlechten Position. Oder aber ein Ballverlust. Niemand verliert den Ball so oft im eigenen Angriffsdrittel wie Hannover.

Wer sind die Schlüsselspieler?

"Der Umbruch ist größer ausgefallen als anfangs geplant." In den letzten beiden Spielen standen jeweils neun Neuzugänge in der Startelf. Einer dieser neun ist Sebastian Ernst. Der wechselte vom Bundesligaaufsteiger aus Fürth zurück zu seinem Jugendverein.

Dort ist Ernst sofort unumstrittene Stammkraft: Neben Torwart Ron-Robert Zieler ist Ernst der einzige, der in allen acht Partien zum Einsatz kam. Der 26-Jährige fungiert dabei als Scharnierspieler zwischen Angriff und Abwehr. Ernst gewinnt fast 75 Prozent seiner Defensivzweikämpfe, bringt 85 Prozent seiner Vorwärtspässe an den (richtigen) Mann und den Ball oft ins gegnerische Verteidigungsdrittel.

Kerk passt, passt und passt

Auch ein anderer ehemals in Mittelfranken aktiver Spieler sorgt für Bälle in die Gefahrenzone: Sebastian Kerk kommt nach Kittel (HSV) und Ouwejan (Schalke) auf die meisten Pässe, die zu Abschlüssen führen. Sein Mitspieler Linton Maina spielt ligaweit die meisten Pässe, die in Tornähe ankommen. Daran sieht man das offensive Potenzial von Hannover, das aber noch durch Dinge wie die geringen Passgenauigkeit im letzten Drittel behindert wird.

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