Bayern-Besuch: Darum waren Münchner im Pauli-Block

7.10.2019, 17:55 Uhr
In Nürnberg waren am Sonntag nicht nur Hamburger, sondern auch Fans aus der ungeliebten Landeshauptstadt zu Gast.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr In Nürnberg waren am Sonntag nicht nur Hamburger, sondern auch Fans aus der ungeliebten Landeshauptstadt zu Gast.

Braune Schwenkfahnen. Und weiße? Das Farbenspiel, das vor dem 1:1 gegen den FC St. Pauli am Sonntagmittag für Aufmerksamkeit sorgte, manch einem Club-Fan aus der Distanz sicher sauer aufstieß, war ein anderes. Die Choreo im Gästeblock orientierte sich nur halb an den braun-weißen Vereinsfarben des Kiez-Klubs. In der Südkurve wehte es braun-rot, wodurch Ultrà Sankt Pauli, wie sich die Vereinigung der hartgesotten-herzlichen Hamburg-Anhänger nennt, ihre Verbundenheit zur Münchner Ultra-Gruppierung "Schickeria" verdeutlicht. Einschließlich einer roten Zaunfahne aus München, die Richtung Nordkurve grüßt.

Dass sich St.-Pauli-und-Bayern-Fans ziemlich gut verstehen, hat Hintergründe: Der FCB half 2003 in Form des Weltpokalsiegerbesieger-Retterspiels mit, dem damals klammen Kultklub aus dem Norden das finanzielle Überleben zu sichern. “Danke Uli“ titelte die Hamburger Morgenpost, T-Shirts mit dem Konterfei des Ober-Bayern wurden verkauft und dem Branchenprimus von einer Seite gehuldigt, von der man das zuvor nicht zwingend erwarten konnte. St.-Pauli-Boss Corny Littmann, Theathermacher und Vereinspräsident, sprach vom “Beginn einer großen Freundschaft“. Die Ultras von St. Pauli, des Klubs also, der sich schon seit je her als anderer, andernativer, auch politischer und hierbei linker Verein begreift und inszeniert, haben diese Freundschaft seitdem fortgeführt.

Dass dies mit der “Schickeria“, die nach einem brutalen Angriff einzelner Mitglieder auf Club-Fans im Mai 2007 bei den Anhängern des FCN völlig diskreditiert ist, gelang, lässt sich ebenfalls gut erklären: Die "Schickeria" hat in der Vergangenheit mehrfach die kosmopolitische Geschichte des Rekordmeisters hervorgehoben. Jedes Jahr organisiert die "Schickeria" etwa ein antirassistisches Fußballfest, das Kurt-Landauer-Turnier. Es soll an den Präsidenten des FC Bayern erinnern, der die Münchner 1932 zum ersten deutschen Meistertitel dirigierte. Im März 1933 hatten die Nazis den Juden Landauer zum Rücktritt gezwungen. 1938 wurde dieser ins Konzentrationslager Dachau gepfercht, sollte danach das Land verlassen und ging schließlich ins Exil in die Schweiz. 

 

 

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