Blut und Schweiß für die Nürnberg Ice Tigers

19.2.2021, 06:00 Uhr
Erstaunlich oft Herr der Lage: David Trinkberger im Zweikampf mit dem Mannheimer Louis Brune.

© Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa Erstaunlich oft Herr der Lage: David Trinkberger im Zweikampf mit dem Mannheimer Louis Brune.

Vor manchen Texteinstiegen sollten Leser gewarnt werden. Zum Beispiel vor diesem: David Trinkberger spricht von einem "kleinen Trainingsunfall". Nicht-Eishockey-Profis würden es als Gemetzel bezeichnet, was an diesem Samstag im Januar in seinem Mund angerichtet worden war. Drei Zähne eingedrückt, Oberlippe eingerissen. Zwei Stunden hatte Ulf Maisel, Zahnarzt der Ice Tigers, den 24-Jährigen operiert. Am Sonntag hat Trinkberger wieder Eishockey gespielt. "Eishockey", sagt er, "ist ein tougher Sport. Da muss man auf die Zähne beißen."

Oder zwischendurch besser mal nicht.

Es ist die spektakulärste Geschichte, die man über den Verteidiger erzählen kann. Er selbst hätte gerne darauf verzichtet. Inzwischen aber kann er darüber lachen, zum Beweis lüftet er kurz seine FFP2-Maske, von der eingerissenen Lippe ist schon nichts mehr zu sehen. Eine transparente Spange muss er derzeit noch tragen, damit die Zähne, die Ulf Maisel zwischendurch gezogen hat, um sie zu retten, wieder anwachsen können. "Er hat da wirklich einen hervorragenden Job gemacht. Das kann ich nicht anders sagen." Vor allem weiß Ulf Maisel, der zusammen mit seinem Bruder Mark und seiner Praxis die Ice Tigers unterstützt, was Eishockeyspieler von einem Zahnarzt erwarten: die Erlaubnis, sofort wieder spielen zu dürfen.

Zwei Punkte mehr als Patrick Reimer

Trinkberger kann aber noch mehr erzählen, von kurzen Tagen in Alaska oder von seiner neuen Freiheit in Nürnberg. Zunächst einmal sollte man aber schreiben, warum Trinkberger überhaupt interessant ist. Denn dass der Niederbayer zu den positiven Erscheinungen bei den Ice Tigers zählt, ist ob der negativen Entwicklungen nicht auf den ersten Blick ersichtlich und gerade deshalb umso erstaunlicher. Denn dass sich Trinkberger in Nürnberg als kompletter Abwehrspieler vorstellt, war so nicht zu erwarten.

Während seines Studiums an der University of Anchorage hat Trinkberger vier Jahre für die Seawolves gespielt oder eben nur: verteidigt. "Meine Rolle war als Defensivverteidiger klar definiert." Scheibe schnörkellos aus dem eigenen Drittel bringen. "Dazu kam, dass wir als Team wenig Tore geschossen haben." So erklärt er, dass er in 102 College-Spielen lediglich zehn Scorerpunkte gesammelt hat. Nun schießen auch die Ice Tigers wenig Tore, in seinen ersten 15 Partien als Eishockey-Profi aber hat Trinkberger bereits vier Treffer vorbereitet - ebenso viele wie Tom Gilbert, zwei mehr als Andrew Bodnarchuk (und insgesamt doppelt so viele Punkte wie Patrick Reimer). Was ein Problem der Ice Tigers beschreibt.

Wer ist da eigentlich der Routinier?

"Das ist das Risiko, das wir bei vielen unserer Führungsspieler haben", erklärt Cheftrainer Frank Fischöder. "Sie versuchen sehr viel. Sie wollen die Rolle ausfüllen. Sie wollen den Jungs auch helfen und dann passieren Dinge." Puckverluste, Stellungsfehler, Fehlpässe. Dinge eben. Da wirken der ruhige, laufstarke und scheibensichere Trinkberger und auch der 20 Jahre alte Julius Karrer oftmals bereits wie Routiniers - neben den eigentlichen Routiniers. Trinkberger will das nicht so sehen. "Wir spielen als Mannschaft gut oder schlecht. Und derzeit spielen wir schlecht. Acht Punkte aus 15 Spielen sind nicht in Ordnung. Das steht außer Frage."


Ice Tigers sind zurück in Unterzahl


Er will deshalb weiter arbeiten, jeden Tag alles geben, "dann haben wir uns am Ende des Tages nichts vorzuwerfen", besser werden, am besten bereits am späten Freitagabend (20.30 Uhr/MagentaSport), wenn die Straubing Ice Tigers in der leeren Arena Nürnberger Versicherung zu Gast sind - und weiter von seinen prominenten Nebenleuten lernen. Gilbert und Bodnarchuk haben beide in der NHL gespielt, der 38 Jahre alte Gilbert zählte über Jahre zu den besten Offensivverteidigern in der besten Liga der Welt, Bodnarchuk trainiert jeden Sommer mit Sidney Crosby und Nathan McKinnon. "Von solchen Spielern kann ich nur profitieren, indem ich sie frage, wie sie bestimmte Situationen lösen würden, immer wieder."
Und dann erzählt er noch von seiner Operation, in allen Einzelheiten. Manche Textausstiege sollten Lesern allerdings erspart werden.

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