Umfrage in Erlangen und Weisendorf

Corona: Ein Wendepunkt für den Tennissport?

24.8.2021, 06:00 Uhr
Tennis spielen unter einem Regenbogen: Beim TC RW Erlangen sind die Vereinsverantwortlichen mit der aktuellen Entwicklung sehr zufrieden.  

© TC RW Erlangen, NN Tennis spielen unter einem Regenbogen: Beim TC RW Erlangen sind die Vereinsverantwortlichen mit der aktuellen Entwicklung sehr zufrieden.  

"Tennis in Weisendorf boomt, der Verein lebt", sagt Achim Leuchtenberger (69) stolz. Der nach fünf Jahren Pause kürzlich wiedergewählte Vorsitzende des TC 98 Weisendorf hat allen Grund zur Freude. Seit Jahresbeginn hat der Tennis Club aus Weisendorf 60 neue Mitglieder dazu gewinnen können. Vorher waren es etwa 190, jetzt sind es ungefähr 250, ein Sprung von fast einem Drittel.

Hat die Corona-Pandemie ihren Betrag dazu geleistet? Schließlich ist Tennis eine kontaktarme Sportart, man kann zu zweit draußen und mit viel Abstand spielen. So konnten die Tennisvereine auch schon im April ihre Pforten öffnen, bei gutem Wetter manchmal schon Ende März. Zum Vergleich: Der Fußball durfte frühestens Anfang Mai wieder sein normales Training aufnehmen.

Leuchtenberger möchte das gesteigerte Interesse am Weisendorfer Tennis aber nicht auf die Pandemie zurückführen. "Ich sehe das als Ergebnis einer sehr guten Werbeaktion", sagt er. Zu Beginn der Saison im Frühjahr habe man Angebote gehabt, die die neuen Mitglieder angezogen haben. So gab es Schnuppertennis für Einsteiger und Flyer-Aktionen der Tennisschule "Tennis-Factory", mit der der TC 98 kooperiert. Wie in jedem Jahr hat der Verein auch wieder die Grundschulklassen zu sich eingeladen.

"Dahinter steht eine sehr gute Jugendarbeit", sagt Leuchtenberger. "Die Zusammenarbeit mit den Schulen hat dazu geführt, dass im Jugendbereich sehr viele eingetreten sind." Ein kleiner Teil sei vielleicht aber auch Corona zuzuschreiben. Leuchtenbergers erste und wichtigste Amtshandlung sei es jetzt, dafür zu sorgen, dass die neuen Tennisspieler nicht wieder abspringen. So bietet die Tennisschule jetzt auch Kurse in den Sommerferien an. Auch ein Tenniscamp für Jugendliche gibt es.

Zwei Faktoren: "Pandemie und Vorstandsarbeit"

Der TC Rot Weiß Erlangen hat ebenfalls im Jahr 2021 einen großen Schritt bei den Mitgliederzahlen gemacht. Auf 290 Mitglieder kamen seit dem 1. Januar 99 neue Tennisinteressierte dazu, auch hier ist es eine Steigerung von etwa einem Drittel. "Viel mehr waren es nie", sagt Mark Steinkamp, Vorsitzender des TC Rot Weiß. Er glaubt an zwei Faktoren, die eine Rolle gespielt haben: "Pandemie und Vorstandsarbeit. Wir kennen von anderen Vereinen Zahlen, die auch Mitglieder gewonnen haben, aber nicht in dem Maße, wie es bei uns der Fall ist."

Auch der Tennisclub vom Bürgermeistersteg möchte die eigene Leistung hervorheben. Im vergangenen Jahr habe man eine Strategie für den Verein erarbeitet. So hat der Klub auf ein elektronisches Buchungssystem umgestellt, die Social-Media-Kanäle stärker bespielt und eine neue Homepage aufgezogen. Über 70 Prozent der Zugänge seien aus der Generation unter 30. Außerdem sei man in Erlangen gut vernetzt, zum Beispiel in der Universität, und hat mit Lorenz Pfeiffer und Stefan Göllner ein neues Trainerduo, das ebenfalls Werbung betreibt.

"Irgendwann hat der Elan gefehlt, groß Werbung zu machen"

Allerdings würde Steinkamp den Werbemaßnahmen nur einen Anteil von 40 Prozent am Mitgliederanstieg zuschreiben. Die Mehrheit seien dann doch "pandemische Effekte", wie er sie nennt. "Vor und während des Lockdowns, als wir gar nicht spielen durften, haben sich viele neue Mitglieder angemeldet. Sie hatten die Hoffnung, dass Tennis mit dazugehört, wenn wieder etwas aufgeschlossen wird." Seitdem würden monatlich um die 20 neue Mitglieder dazukommen.

Bei der Tennisabteilung des FSV Erlangen-Bruck hat sich hingegen nichts getan, kein besonderer Andrang auf die Tennis-Plätze. "Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir beim FSV Bruck nur eine eher kleine Abteilung sind", sagt Abteilungsleiter Jörg Weber. Die Mitgliederzahlen pendeln weiterhin zwischen 60 und 70. "Andere Vereine, die reine Tennisvereine sind, werden da wahrscheinlich mehr Zulauf bekommen haben", meint der 41-Jährige.

Der FSV Bruck hat aber auch nichts unternommen, um neue Tennisspieler anzuwerben. Das hat zwei Gründe. Einerseits habe man nicht die Voraussetzungen, wie reine Tennisvereine: weniger Mitglieder, keine bezahlten Trainer. Die Tennisabteilung wird komplett ehrenamtlich organisiert. "Da war die Frage, wie viel Zeit man für Aktionen oder ähnliches investiert, bevor möglicherweise der nächste Lockdown kommt und es wieder nicht geht", sagt Weber. "Da hat dann irgendwann der Elan gefehlt, groß Werbung für Neue zu machen."

Außerdem wird die Abteilung Tennis im Rahmen des Umbaus beim FSV Bruck umziehen müssen und dann wahrscheinlich Allwetterplätze bekommen, die auch draußen im Winter bespielbar sind. "Damit haben wir dann in Erlangen vielleicht sogar ein Alleinstellungsmerkmal und einen Anreiz für neue Mitglieder", sagt Weber. Wenn es so weit ist würden sich auch Werbeaktionen lohnen, meint er.

Flaut der Tennis-Boom wieder ab?

Und wie geht es jetzt weiter? Flaut der Tennis-Boom wieder ab? Nein, heißt es aus allen drei Vereinen. Alle glauben, den Stand halten zu können oder sogar noch Zulauf zu bekommen. Möglicherweise ist das ja die Trendwende für den Sport, der in Deutschland laut den Zahlen des Deutschen Tennis Bundes seit 25 Jahren an Mitgliedern verliert. Auch dazu sind die Meinungen verschieden, die Tendenz geht aber in Richtung Auftrieb für das Tennis.

"Ich könnte mir vorstellen, dass das so weitergeht", sagt Mark Steinkamp vom TC Rot Weiß. "Unsere These ist: Corona wird bleiben und so auch die gesteigerte Aufmerksamkeit fürs Tennis. Die Pandemie hat unsere Gesellschaft nachhaltig verändert und Tennis bietet aus unserer Sicht genau die richtige Mischung aus sportlicher Aktivität und menschlichen Kontakten. Bei anderen Sportarten ist das vielleicht nicht so einfach gegeben."

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