Doping: Sörgel bleibt skeptisch

6.5.2015, 21:47 Uhr
Fritz Sörgel sieht aktuell noch wenig Fortschritte im Anti-Doping-Kampf.

© dpa Fritz Sörgel sieht aktuell noch wenig Fortschritte im Anti-Doping-Kampf.

Wenige Tage vor dem Start des 98. Giro d'Italia am Samstag in San Lorenzo al Mare hat Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel die Effektivität der biologischen Gesundheitspässe in Zweifel gezogen. „Nicht erst die Reportage des französischen Fernsehens hat gezeigt, dass sie fragwürdig sind“, sagte der Heroldsberger Pharmatologe am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.

Grundsätzlich bleibt er im Bezug auf den Kampf gegen Manipulationen besonders im Radsport skeptisch: „Jeder hofft, dass es besser geworden ist. Darüber hinaus ist man auf Spekulationen angewiesen.“ In einer klinischen Studie hatten französische Sportwissenschaftler nachgewiesen, dass Doping mit Mikro-Dosierungen verblüffende Leistungssteigerungen bewirken kann und kaum nachweisbar ist. Darüber hatte das französische Fernsehen in einer Reportage berichtet. „Das war ein Anstupser zur rechten Zeit, um diesen Fragen nachzugehen“, meinte Sörgel, der auch in der Untersuchungs-Kommission zu den Vorkommnissen an der Freiburger Universität saß.

Unter Kontrolle von Sportärzten waren acht Probanden 29 Tage lang Blut- und Hormondopingmittel in kleinsten Dosierungen verabreicht worden. Gezielt gedopt wurde mit Eigenblut, das am 20. Tag reinfundiert wurde. Dazu kamen der Blutverdicker EPO, Wachstumshormon und Kortikosteroide. Es wurden zum Teil Leistungssteigerungen von über sechs Prozent registriert. „Wie auf einem anderen Planeten“, habe er sich gefühlt, hatte eine Testperson – europäische Spitzensportler verschiedener Ausdauer-Disziplinen stellten sich zur Verfügung – zu Protokoll gegeben. Der französische Sprinter Arnaud Démare schlussfolgerte bei Twitter: „Der Biologische Pass reicht nicht aus.“

Europcar-Kapitän Pierre Rolland schrieb: „Ein entmutigender, verwirrender Bericht“ und befürchtet, der Biologische Pass sei „unbrauchbar oder nutzlos“. Dopingtests in der Nacht, wenn auch eventuell gespritzte Mikrodosen nachgewiesen werden könnten, seien beispielsweise den Teilnehmern des Giro laut Sörgel nicht zuzumuten. Der Radsport-Weltverband UCI, der die Gesundheitspässe mit relevanten Blut-Parametern als erste Dach-Organisation 2008 einführte, schickt seine Kontrolleure erst morgens ab 6.00 Uhr in die Fahrer-Hotels – dies ist für einen Nachweis unter Umständen zu spät. In der Trainingsphase könnte es nach den Worten Sörgels anders aussehen.

Die WADA rückt ab

Die wissenschaftliche Studie, die von Pierre Sallet von der Organisation „Athleten für Transparenz“ erarbeitet wurde, konnte zunächst auch auf die Unterstützung der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA bauen. Sie hatte die Software zum Biologischen Pass zur Verfügung gestellt. Inzwischen hat sich die WADA aber distanziert.

Generaldirektor David Howman bemängelte auf der Website der Agentur, dass die Studie nicht den Richtlinien des Biologischen Passes entspreche, damit sei „ihre Bedeutung nicht ganz klar“. Außerdem würde die WADA „Sportlern niemals empfehlen, als „Versuchskaninchen' an einer Studie teilzunehmen“, bei der sie leistungssteigernde Substanzen einnehmen.

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