Gestärkt aus der Krise? Der Challenge Roth ist Rückschläge gewohnt

30.6.2020, 16:04 Uhr
Die Corona-Pandemie stellte eine weitere Krise für den Challenge Roth dar, doch auch diese scheint das Traditionsturnier gestärkt hinter sich lassen zu können.

© André De Geare, NN Die Corona-Pandemie stellte eine weitere Krise für den Challenge Roth dar, doch auch diese scheint das Traditionsturnier gestärkt hinter sich lassen zu können.

Die erste große Zäsur kam nach 14 Jahren: Im Jahr 2001 hatte Detlef Kühnel, der Veranstalter des Ironman Europe in Roth, den Lizenzvertrag mit dem kommerziellen Unternehmen World Triathlon Corporation (WTC) nicht mehr verlängert. Roth hatte damals schon weit über die Grenzen des mittelfränkischen Landkreises aufhorchen lassen: 1997 hatte der Belgier Luc van Lierde über die 3,8km Schwimmen, 180km Radfahren und 42,195km Laufen die Weltbestzeit aufgestellt. Jürgen Zäck hatte fünf Mal, Lothar Leder schon drei Mal gewonnen.

Die Erfolgsgeschichte schien zu wanken. Die US-Amerikaner hatten in Kühnels Augen nicht nur zu viel Geld aus Mittelfranken herauspressen wollen, sie hatten auch zu viele Vorgaben für das Rennen gemacht: Der geforderte Massenstart wäre in Kühnels Augen im Main-Donau-Kanal nicht möglich gewesen, und neuen Ideen wie Staffeln stand die WTC alles andere als aufgeschlossen gegenüber.

Deshalb entschied sich Kühnel, nicht mehr weiter zu machen, überließ die Lizenz den neuen Konkurrenten des Ironman in Frankfurt am Main und legte die Organisation eines Nachfolgerennens in Roth in die Hände seines langjährigen Sprechers Herbert Walchshöfer und seiner Familie. Es folgte eine Durststrecke mit sinkenden Teilnehmerzahlen, insbesondere weil man sich in Roth fortan nicht mehr für den Ironman-Klassiker auf Hawaii qualifizieren konnte. Immerhin blieben die beiden langjährigen Hauptsponsoren, die Quelle und die Deutsche Post, dem Rennen treu, das seitdem Challenge Roth heißt.


Nach weniger als 60 Sekunden: Challenge Roth 2021 ist ausgebucht


"Es war alles andere als einfach", sagte der heutige Rennleiter Felix Walchshöfer rückblickend, der in die Schuhe seines 2007 verstorbenen Vaters getreten ist. Aber Roth rappelte sich wieder auf: dank der zahlreichen ehrenamtlichen Helfer, die sich einen Landkreis ohne Triathlon nicht vorstellen konnten, dank weiterer Weltbestzeiten wie von Yvonne van Vlerken, Chrissie Wellington, Andreas Raelert und Jan Frodeno oder dank eines weltweit beachteten sensationellen Endspurts 2003, den der als "König von Roth" bezeichnete Lothar Leder mit nur drei Sekunden Vorsprung vor dem Australier Chris McCormack gewonnen hatte.

Glücksgriff Datev

Der Quelle Challenge war als Marke etabliert. Insbesondere internationale Athleten sprachen nur kurz von "the quell". Dann kam die Insolvenz des Versandhändlers. Letztmals verlieh die Quelle im Jahr 2009 dem Rennen ihren Namen, bei dem zeitgleich auch die Post ausgestiegen war. Die nächste Krise begann, zumal die Teilnahmegebühren für die Starter in Roth weit unter denen des Ironman lagen. Bis 2013 musste sich der Challenge mit mehreren kleineren Sponsoren über Wasser halten, bis die das Nürnberger IT-Unternehmen Datev seit 2013 als Titelsponsor eingestiegen ist.

Auch das war rückblickend ein Glücksgriff: Die Datev zahlt nicht nur Geld, sondern identifiziert sich mit dem Wettkampf. Jedes Jahr nehmen zahlreiche Staffeln mit Datev-Mitarbeitern teil. "Es ist eine strategische Partnerschaft", hatte der für den Challenge zuständige Marketingleiter Claus Fesel damals verkündet.

Auf und ab beim Challenge Roth

Wieder schien der Wendepunkt geschafft. Wieder schien Roth auf die Erfolgsspur zurückzukehren. Kurz vor Weihnachten 2019 verkündete Felix Walchshöfer ganz stolz den bislang größten Coup: Sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen hatte er die drei Bestplatzierten vom Ironman Hawaii für kommenden Sonntag verpflichten können. Darunter waren die beiden deutschen Topathleten und Sympathieträger Jan Frodeno und Sebastian Kienle.

Und dann kam Corona. Schweren Herzens musste die Familie Walchshöfer Ende März das Rennen für dieses Jahr absagen. Zuvor hatten sie durchgerechnet, dass das Unternehmen massiv einsparen muss, aber sich wohl über Wasser halten wird können. Es ist das erste Mal in der 37-jährigen Triathlon-Geschichte des Landkreises, dass ein Rennen komplett ausfällt.

Aber auch hier deutet sich an, dass der Challenge gestärkt daraus hervorgehen könnte: Anders als der Ironman ließ er keinen Zweifel daran, bis auf eine Verwaltungsgebühr die Startgelder den Athleten zurückzubezahlen. Für 2021 ist der Datev Challenge Roth bereits ausgebucht, und auch die Sponsoren Datev und N-ERGIE hatten sofort angekündigt, dem Rennen treu zu bleiben. Das Triathlon-Märchen ist auf dem besten Wege, auch diese Hürde zu meistern.

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