Handball trotzt Corona: Hält Zulauf für Jugend an?

27.8.2020, 12:27 Uhr
Handball trotzt Corona: Hält Zulauf für Jugend an?

© Foto: Johannes Gumbmann/privat

Diese Statistik hat es Martin Haider angetan. In der Geschäftsstelle des bayerischen Handballverbandes zuständig für Mitgliederentwicklung, war Haider für das laufende Jahr zwar ohnehin von "einem positiven Trend" im Nachwuchsbereich ausgegangen, allerdings noch ohne die Nebenwirkungen von Corona einschätzen zu können.

"Die Freude ist jetzt umso größer", sagt Haider beim Blick auf die - bis Juni erfolgten - Mannschaftsmeldungen zur neuen Saison, die im Oktober gestartet werden soll. Konkret verzeichnet der in den vergangenen Jahren stagnierende Wettkampfbetrieb bei den C- bis A-Jugendlichen einen Anstieg von acht Prozent auf 970 Teams. "Die Steigerung ist flächendeckend messbar und nicht auf die Ballungsräume beschränkt", erklärt Martin Haider.

Leicht stärker vom Aufschwung erfasst seien die Altersgruppen zwischen 14 und 16. Vor diesem Hintergrund rechnet Haider für die zu diesem Zeitpunkt noch nicht berücksichtigten Kinder bis zur D-Jugend ebenfalls mit Zugewinnen, wobei das jüngste Infektionsgeschehen durchaus gewisse Zurückhaltung bei Eltern entfachen könnte. Daher gelte die Aufmerksamkeit momentan der Erstellung eines entsprechend angepassten Winterprogramms.

Löste Heim-WM 2019 neuen Boom aus?

Die allgemein verbesserte Ausgangslage bringt Haider wiederum mit der Heim-WM von 2019 in Verbindung. "Die Begeisterung in München war riesig, obwohl die deutsche Mannschaft in anderen Hallen gespielt hat." Nachdem die Bewerbung im Vorfeld kontrovers diskutiert worden war, sehe sich der Verband bestätigt, sich — mit neuer Funktionsarena in der Landeshauptstadt — auch künftig bei größeren Turnieren als Austragungsort zu empfehlen. 2007 beim historischen Titeltriumph war Bayern ohne Gastgeberrolle geblieben, erlebte aber im Sog der öffentlichen Euphorie ebenfalls einen Boom.

Eine Wiederholung dieses Effekts lasse sich aus den aktuellen Zahlen schwer herauslesen, findet dagegen der Vorsitzende und Jugendspielleiter des Bezirks Ostbayern. Möglicherweise hätten die unvergesslichen Handball-Erlebnisse im vergangenen Jahr, die Lothar Rauscher selbst mit einer D-Jugend-Formation des HC Forchheim bei einem Einlagespiel in der Olympiahalle genießen durfte, die eine oder andere Nachwuchskraft vom vorzeitigen Karriereende abgebracht.

Enorme Bedeutung von Mini-Spielfesten

"Aber entscheidender ist die Menge der zusätzlichen Anfänger in den untersten Altersklassen. Je mehr man oben in den Trichter reinschüttet, desto mehr kommt eines Tages heraus", weiß Rauscher. Hier sei, zumindest im Herbst 2019 im direkten Anschluss an die WM, keine außergewöhnliche Belebung eingetreten. "Trotzdem sind wir zufrieden."

Während sich die Zahl der D-Jugendteams zwischen Herzogenaurach und Sulzbach-Rosenberg von 2013 bis 2020 mit temporärem Ausschlag nach unten von 62 auf 70 erhöhte, erholte sich der Bereich der C- bis A-Jugendlichen von einem schmerzlichen Einbruch. Nach der Runde 2016/17 mit 161 Teams stürzte der Wert auf 139 in den Keller, ehe sich das Pendel stabilisierte. Zur Spielzeit 20/21 kommen zu den 145 aus der abgelaufenen neun Mannschaften hinzu. "Das sind die Ergebnisse einer mühsamen Aufbauarbeit, die jedoch nichts über die Situation in den nächsten Jahren aussagt", konstatiert Rauscher. Um ausreichend Nachschub zu generieren, sei eine beharrliche Präsenz in Schulen das wichtigste Instrument überhaupt.

Nun ist aber nicht nur dieser Weg durch Corona vorläufig gesperrt. "Alle Mannschaftsmeldungen basieren auf der Annahme, dass es bald weitergeht", so Rauscher, "wenn es in diesem Jahr nichts mehr wird, mache ich mir wirklich Sorgen." Akribisch feilen die Spielleiter vor allem am Konzept für die Mini und Bambini, deren Wettbewerbe bisher als großformatige Turniere Anklang fanden. "Unser Ziel war es immer, die Halle voll zu haben", berichtet Rauscher, jetzt müsse wohl wieder zu Einzelspielen und kleineren Spielgruppen zurückgekehrt werden.

 

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