Nicht gefestigt genug: HCE-Ärger über Balingen-Niederlage

20.11.2020, 17:42 Uhr
Hampus Ollson verwirft und Marcel Niemeyer freut sich mit seinen Galliern über einen unerwarteten Auswärtssieg.

© Sportfoto Zink / Oliver Gold, Sportfoto Zink / OGo Hampus Ollson verwirft und Marcel Niemeyer freut sich mit seinen Galliern über einen unerwarteten Auswärtssieg.

Nachdem Hampus Olsson die letzte Erlanger Hoffnung an diesem Abend ins Fangnetz hinter dem Balinger Tor gejagt hatte, brüllte der imposante Marcel Niemeyer seine ganze Freude heraus und begannen die Gäste ein ausgelassenes Freudentänzchen. „Gallier von der Alb“ nennen sich die Handballer des Fusionsvereins aus Balingen und Weilstetten; in der Arena Nürnberger Versicherung passte das am Donnerstag tatsächlich sehr gut und zwar nicht nur weil Niemeyer derzeit so aussieht, als könnte er direkt der Feder von Albert Uderzo entsprungen sein.

Im Vorfeld mussten die Gastgeber im Vergleich ja wirklich wie die übermächtigen Römer gewirkt haben. Der HC Erlangen war durch drei Siege in Folge bis auf Platz sechs geklettert, Balingen reiste nach einem arg missglückten Saisonstart dagegen als Tabellenvorletzter der Handball-Bundesliga an. Nach Olssons vergebenem Siebenmeter hieß es trotzdem: 32:34.

Und dann passiert etwas Verrücktes

Dabei hatte es lange Zeit danach ausgesehen, als würde diese Partie den aktuellen Machtverhältnissen gerecht werden. Der zuletzt so starke Martin Ziemer startete direkt mit einer Parade, der zuletzt so treffsichere Sime Ivic erzielte das 1:0. Bis zum Stand von 4:4 konnte Balingen zwar noch gut mithalten, doch dann setzte sich der Favorit mehr und mehr ab. Zur Halbzeit stand es 16:12 für den HCE, eine Minute nach dem Seitenwechsel lag die Mannschaft von Michael Haaß sogar mit sechs Treffern vorne.

Und dann? Passierte etwas Verrücktes. So formulierte es später bei der Pressekonferenz zumindest Jens Bürkle, der Balinger Trainer. Eine Woche zuvor hatten seine Spieler beim ersten Saisonsieg verloren gegangenes Selbstvertrauen zurückgewonnen. "Das Ergebnis hat uns ein paar Dinge leichter machen lassen“, sagte Bürkle mit Blick auf den Auswärtserfolg in Lemgo, "und dann passiert auch sowas Verrücktes: Dass du so eine gute Mannschaft besiegen kannst.“

Eine hilfreiche Niederlage?

Nette Komplimente: Jens Bürkle sieht den HCE trotzdem auf dem richtigen Weg.

Nette Komplimente: Jens Bürkle sieht den HCE trotzdem auf dem richtigen Weg. © Sportfoto Zink / Oliver Gold, Sportfoto Zink / OGo

Es war nicht das einzige Kompliment, das der sehr höfliche Herr Bürkle da im Pressekonferenzraum der Arena verteilte. "Zwei Punkte in Erlangen – davon konnten wir nicht ausgehen“, sagte er zum Beispiel auch noch: "Wenn man Erlangen die letzten Wochen hat spielen sehen, dann ist das schon beeindruckend, was da zusammenwächst.“ Am Ende seines Vortrags fiel ihm sogar noch ein, wie man beim HCE etwas Positives aus der Niederlage ziehen könnte: "Manchmal braucht es vielleicht solche Niederlagen, um auf das nächste Level zu kommen“, überlegte Bürkle, "demnächst gewinnt ihr wahrscheinlich auch diese Spiele.“

Diesem Abend etwas Positives abzugewinnen, darauf hatte Haaß keine große Lust. "Bei allem Respekt vor der Balinger Leistung: Einen Sechs-Tore-Vorsprung“, sagte Erlangens Trainer, "den holt man nicht nur auf. Den gibt man auch aus der Hand.“

"Wir haben komplett aufgehört zu spielen"

Den Balingern Oddur Gretarsson und Vladan Lipovina glückte plötzlich fast alles, die Quote gehaltener Bälle von Torhüter Mike Jensen explodierte - vor allem war es aber der ganze HCE, der keine Lösung fand, um den Trend umzukehren. Die Umstellung im Tor auf Janis Boieck brachte nichts, dass Petter Overby und Nikolai Link nicht oder nur begrenzt eingreifen konnten, machte sich in der Abwehr nun bemerkbar, vorne bemühten sich Nico Büdel und Benedikt Kellner vergeblich um Struktur.

"Wir haben komplett aufgehört zu spielen", stellte Haaß danach frustriert fest. Die zuletzt so selbstbewusste Erlanger Mannschaft fing an zu zittern und erholte sich auch nicht mehr, nachdem der Trainer beim Stand von 20:19 eine Auszeit genommen und beruhigend auf sie eingeredet hatte. "Wir sind noch nicht gefestigt genug", lautete Haaß' erste Analyse. Immerhin wissen sie nun wieder, woran sie noch arbeiten müssen.

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