Störche im Höhenflug: Das kann der Club-Gegner (nicht)

16.12.2020, 05:52 Uhr
Störche im Höhenflug: Das kann der Club-Gegner (nicht)

© Foto: Wolfgang Zink

Die Grundordnung. . .

. . . liegt bei Ole Werner auf der Hand. Geprägt ist der 32-Jährige nach eigener Aussage "von den Trainern, die mit der ersten Mannschaft gearbeitet haben." Attraktiven Offensivfußball will er zeigen, mutig und angriffslustig sein. Das klingt sehr nach zwei Vorgängern Werners im Amt des Cheftrainers bei Holstein Kiel: Tim Walter und Markus Anfang. Dabei hat sich Werner deutlich mehr von Anfang inspirieren lassen. Unter anderem in Sachen Formation: Das 4-1-4-1/4-3-3, das Kiel unter Werner nahezu immer spielt, ist auch Anfangs Lieblingsformation. Werner begründet die Wahl der Formation damit, dass man aus ihr heraus alle anderen Grundordnungen gut bespielen kann. Der bisherige Saisonverlauf gibt Werner dahingehend recht, dass Kiel nur gegen die SpVgg Greuther Fürth verloren hat.

Aktivität über außen

Ähnlich wie Anfang legt Werner das 4-1-4-1 sehr offensiv aus. Die Außen sind mit Bartels und Reese in der Regel durch zwei gelernte Stürmer und sehr offensiv denkende Spieler besetzt, auch Meffert auf der Sechs und Lee und Mühling auf den Achterpositionen spielen sehr viele Pässe für Raumgewinn und suchen immer wieder die Außen. Diese suchen dann aber meist den Pass oder das Dribbling in die Mitte und nicht, wie in anderen Ausprägungen des 4-1-4-1 die Flanke. Das heißt nicht, dass gänzlich auf Flanken verzichtet wird, aber sie werden trotz des Flügelfokus nicht überproportional häufig eingesetzt.

Kiel? Kompakt!

Was in der Defensivarbeit zur Grundordnung der Kieler gehört, ist ihre hohe Kompaktheit. Kaum ein anderes Team in der zweiten Liga lässt zwischen vorderstem und tiefstem Spieler so wenig Platz, im Regelfall nur knapp 35 Meter. Das liegt zum einen daran, dass Kiel fast gänzlich darauf verzichtet, im eigenen Angriffsdrittel Druck auf den Gegner auszuüben. So hat kein Zweitligist weniger Balleroberungen vor dem gegnerischen Tor. Stattdessen formiert man sich tiefer und versucht es so dem Gegner schwerer zu machen, sich durch die Reihen zu spielen. Statistisch merkt man, dass Kiel dieses Spiel gut beherrscht, im eigenen Abwehrdrittel hat keine Mannschaft der Liga mehr Bälle erobert.

Die letzten Spiele. . .

. . . haben Kiel die Tabellenführung eingebracht. Zumindest bis zum gestrigen Freitag. Drei Mal in Folge haben die Störche jetzt gewonnen, zuvor hatten sie drei Remis in Serie eingefahren. Nach expected Goals waren sie dagegen in fünf der letzten sechs Partien unterlegen, schafften es aber stets die eigenen statistisch zu erwartenden Tore zu übertreffen. In der Hälfte der Partien untertraf zusätzlich noch der Gegner seine expected Goals. Rein statistisch ist also nicht zu erwarten, dass die Serie ohne Niederlage sehr lange andauert. Für das einzelne anstehende Spiel haben die expected Goals aber keine Vorhersagewahrscheinlichkeit.

Mühling kann Elfmeter

Ein bisschen liegt das Übertreffen der expected Goals darin, dass Kiel in den letzten vier Partien drei Elfmeter zugesprochen bekam und Alexander Mühling diese allesamt verwandelt hat. Schließlich haben drei Elfmeter, die allesamt mit einer Wahrscheinlichkeit von 76 Prozent verwandelt werden, einen kumulativen expected-Goals-Wert von 2,28. Allerdings zeigt die Tatsache, dass Kiel so oft Strafstöße zugesprochen bekam auch, dass sie mit ihrem direkten Spiel effektiv in den Sechzehnmeterraum kommen, selbst wenn sie nach der Anzahl der Ballberührungen im Strafraum nur Rang 15 belegen.

Die Schwächen. . .

. . . liegen zum einen im Luftzweikampf. Die Kieler versuchen, diese zu vermeiden, führen mit knapp 38 pro Spiel zehn Duelle im Schnitt weniger als der FCN und 21 weniger als der Spitzenreiter in dieser Wertung, der SV Sandhausen. Darüber hinaus ist Kiel aber auch die mit weitem Abstand schlechteste Mannschaft bei diesen Duellen. Nur 40 Prozent der Kopfballduelle können die Störche erfolgreich gestalten.

Kopfbälle? Macht Thesker besser

Besonders auffällig ist das bei Innenverteidiger Hauke Wahl. Der gewinnt nur knapp 45 Prozent seiner Duelle. In den letzten sechs Partien konnte Wahl sogar nur zwei seiner acht Duelle im eigenen Strafraum gewinnen. Er vermeidet deshalb auch die Luftduelle, führt pro Spiel nur etwas mehr als drei und hofft auf Nebenmann Stefan Thesker, der fast doppelt so viele Kopfballduelle führt und immerhin 56 Prozent gewinnt. Eine erfolgreiche Strategie könnte als sein, zu versuchen Wahl in Kopfballduellen gegen Schäffler zu zwingen.

Anfällig erschien die Abwehr zuletzt immer wieder für Schnittstellenbälle aus den Halbräumen hinter die Abwehr. Auf diese Art und Weise kreierte Bochum mehrere Chancen. Auch Hannover, das bis zum Gegentor eigentlich die bessere Mannschaft war, leitete mehrere gefährliche Situationen mit den Halbräumen als Ausgangsort ein. Das liegt auch daran, dass die Außenverteidiger Dehm, Ignjovski und van den Bergh im eigenen Drittel seltener Druck auf den ballführenden Spieler ausüben als die zentral agierenden Spieler.

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