Tennis im TV: Der Schatten der Legenden ist zu groß

11.7.2019, 11:37 Uhr
Tennis im TV: Der Schatten der Legenden ist zu groß

© BEN STANSALL, AFP

Das frühe Aus der deutschen Tennisprofis in Wimbledon macht es für Sky nicht einfacher. In der zweiten Woche findet der Pay-TV-Sender noch weniger Zuschauer für seine umfangreichen Live-Übertragungen. Dabei kam das bisher erfolgreichste Live-Spiel, die Partie von Philipp Kohlschreiber gegen den serbischen Titelverteidiger Novak Djokovic, nach Senderangaben auch nur auf 78000 Zuschauer. Tennis im TV, das war einmal eine Erfolgsgeschichte – und ist inzwischen für die TV-Sender meistens eine Enttäuschung.

In den Zeiten von Boris Becker und Steffi Graf scharten sich die Deutschen um die Fernsehgeräte und wurden zu Tennisfans14,15 Millionen sahen Beckers Wimbledon-Sieg 1986 gegen Ivan Lendl allein in Westdeutschland. Fast zehn Millionen waren es zwei Jahre später bei Grafs Erfolg gegen Martina Navratilova.

Von solchen Quoten können die Fernsehmacher nur noch träumen. Tennis ist nicht mehr massentauglich, "weil es an deutschen Erfolgen mangelt", sagte ZDF -Sportchef Thomas Fuhrmann – trotz der drei Grand-Slam-Siege von Angelique Kerber seit 2016: "Wenn man keine nationalen Helden hat, ist es schwierig. Wir haben Versuche im Hauptprogramm gemacht, aber finden nicht die Menge an Zuschauern, die wir brauchen." Als das ZDF im vergangenen Jahr kurzfristig von Sky die Rechte für das Damen-Finale von Wimbledon erwarb, sahen 2,28 Millionen Kerbers Triumph. Beim zehnten Sieg von Roger Federer im westfälischen Halle im Juni waren es soeben mehr als eine Million Zuschauer. Der letzte Versuch der ARD mit Tennis verlief noch enttäuschender. Nicht einmal eine Million Menschen wollte im Oktober 2016 den Auftritt von Kerber im Halbfinale der WTA Finals in Singapur sehen. Das Erste hat nach dem Turnier kein Live-Spiel mehr gezeigt.

Fehlende Planbarkeit als Grund?

"Als Sport finde ich Tennis faszinierend", sagte ARD -Sportkoordinator Axel Balkausky. Eine Zukunft im Ersten sieht er dennoch nicht. "Eine umfassende Tennis-Berichterstattung ist nicht möglich", erklärte der Sportchef der ARD . Auch die "fehlende Planbarkeit" sei ein Problem.

Das Experiment, Tennis wieder bei einem großen Sender zu etablieren, scheiterte auch bei Sat.1 . "Wir haben es ausprobiert", erklärte Zeljko Karajica, Geschäftsführer bei der ProSiebenSat.1 Group: "Wir hatten vier Jahre die Übertragungsrechte für die WTA und den Fed Cup. Wir wollten eine Nischensportart reaktivieren, die eigentlich keine ist." Das Ergebnis: Das Fed-Cup-Finale mit deutscher Beteiligung erzielte gerade mal sechs Prozent Marktanteil. Erklären kann Sport-Spezialist Karajica das nicht. "Es gab Kerber, Petkovic, Lisicki, eigentlich waren alle Zutaten da, um Zuschauer vor den Bildschirm zu holen.

Trotzdem hat es leider nicht funktioniert." Er glaubt: "Der Schatten von Becker, Graf und Stich war zu groß. Deshalb haben wir uns erst mal aus Tennis zurückgezogen." Die echten Tennisfans kommen trotzdem auf ihre Kosten. Von den vier Grand Slams wird nur Wimbledon gegen zusätzliche Bezahlung gezeigt. Australian Open, French Open und US Open laufen beim Free-TVSender Eurosport . Aber Zahlen wie 410 000 Zuschauer beim Australian-Open-Finale zwischen Djokovic und Rafael Nadal reichen nur für einen Spezialanbieter, nicht für einen der großen Sender.

 

 

 

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