Zengers Taktiktafel: Das hat FCN-Gegner Leipzig drauf

12.9.2020, 05:55 Uhr
Zengers Taktiktafel: Das hat FCN-Gegner Leipzig drauf

© Foto: Manu Fernandez/afp

Die Grundordnung...

...ist eine konsequente Weiterentwicklung der RB-Schule. Immer noch spielt Leipzig phasenweise intensives Pressing, gerade im Übergang zwischen erstem und zweiten Spielfelddrittel, immer noch ist starkes Gegenpressing im Repertoire, immer noch gilt gleiches für das 4-2-2-2 als Formation. Gleichzeitig hat Nagelsmann das Spiel aber flexibilisiert. Leipzig spielt nun oft im 3-5-2, verträgt auch lange Ballbesitzphasen, ohne in Panik oder panisches Ballvorschlagen zu verfallen.

Das war nötig, da immer mehr Mannschaften Leipzig den Ball überließen, so dass RB den Ball öfter hatte. RB war in der vergangenen Saison immer noch kein klassisches Ballbesitzteam – man war am Ende der Saison mit 53,7% Ballbesitz, das Team mit dem vierthöchsten Ballbesitz, hatte aber zu Dortmund auf Platz drei des Rankings (59%) einen größeren Abstand als zu Wolfsburg auf Platz neun (48,9%) – konnte aber zunehmend besser damit umgehen, wenn man den Ball länger hielt.


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So lebt Leipzig dann auch nicht mehr allein von Geschwindigkeit und intensivem Pressing, gehört aber dennoch zu den Mannschaften, die diese Elemente besonders gut verkörpert. Das zeigen auch Werte wie Pässe ins letzte Drittel, angekommene Pässe in Tornähe, Pässe für Raumgewinn und Steckpässe. In allen vier Kategorien landete RB in der vergangenen Spielzeit unter den Top 3 der Bundesliga. In der Verbindung von Präzision und Tempo im Passspiel bleiben die Leipziger trotz der Anpassungen weiter führend.

Die letzten Spiele...

...waren die beiden Spiele im Rahmen des Champions-League-Turniers gegen Atletico Madrid und Paris St. Germain. Auf Testspiele haben die Leipziger dagegen verzichtet. Wenige Tage nach dem 0:3 gegen PSG begann die Saisonvorbereitung. Die Rückschlüsse, die sich aus den beiden Spielen im August ziehen lassen, sind dementsprechend begrenzt. Gerade das Spiel gegen Paris, bei dem Leipzig deutlich unterlegen war, kann nicht als Blaupause für ein mögliches Auftreten gegen den FCN dienen.

Auswärts zuletzt ungeschlagen

Dabei hatte RB nach dem Neustart der Liga gerade gegen die Gegner ein Problem, die sie eigentlich beherrschen hätten sollen. So gab es zu Hause nach der Unterbrechung des Spielbetriebs keinen einzigen Sieg mehr, obwohl die Gegner mit Freiburg, Hertha, Paderborn, Düsseldorf und Dortmund zumindest größtenteils in die Kategorie "für ein Spitzenteam schlagbar" fielen und RB gegen Hertha, Paderborn und Düsseldorf sogar führte. Das schlechte Zeichen für den FCN: Die vier Auswärtsspiele nach der Coronapause (in Mainz, Köln, Hoffenheim und Augsburg) gewann Leipzig allesamt.

Tatsächlich war das Spiel von RB auswärts in der vergangenen Saison ein Stück direkter und zielstrebiger, was sich an Werten wie der durchschnittlichen Passanzahl pro Ballbesitzphase, dem Anteil langer Bälle oder der durchschnittlichen Entfernung vom Tor beim Abschluss ablesen lässt. Alle Werte waren auswärts niedriger als zuhause. Leipzig kommt darüber hinaus auswärts auch auf bessere Zweikampfwerte, fängt mehr Bälle ab und lässt weniger gegnerische Schüsse zu und auch die Chancenqualität der Gegner ist auswärts geringer als zu Hause.

Die Schwächen...

...deuten sich aus den angesprochenen Punkten bereits an. Leipzig hatte im letzten Saisondrittel zu Hause Probleme damit, Führungen zu halten, wurde dann oft zu passiv, gab das flexible Positionsspiel auf, verlor an Präzision bei den Abspielen in Tornähe. Ansonsten hatte RB vor allem dann Probleme, wenn der Gegner dominant auftrat und Leipzig dazu gezwungen wurde, passiv zu agieren. Dazu bedarf es aber hohen Aufwands und viel Bewegung in der Offensive. Es ist angesichts der deutlich geringeren individuellen Qualität fraglich, ob dem FCN dies gelingen kann.

Eine andere kleine Schwäche lässt sich bei gegnerischen Standards ausmachen. Zwar kassierte RB nur neun Gegentore nach Standards, anteilig waren dies aber 24% aller Gegentore. Nur Werder Bremen (28%) hatte einen größeren Anteil an Standardgegentoren. Das gilt vor allem dann, wenn der Ball an den kurzen Pfosten geschlagen wurde und dann von dort verlängert, hier wirkte Leipzig überraschend anfällig. Das liegt auch daran, dass Keeper Peter Gulasci gegen Kopfbälle bei Standardsituationen schlechte Verteidigungswerte hat.

Trotz dieser kleinen Anfälligkeiten: Leipzig bleibt gegen den FCN – trotz geringer Pause und fehlender Vorbereitungsspiele – klarer Favorit. Um den Champions-League-Halbfinalisten zu schlagen, bedarf es eines besonderen Tages.

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