Krimi um Wirecard-Manager: Reisedaten auf Philippinen gefälscht?

13.8.2020, 11:04 Uhr
Der Schriftzug von Wirecard ist an der Firmenzentrale des Zahlungsdienstleisters in Aschheim bei München zu sehen. Der einstige Börsenliebling ist infolge eines Bilanzskandals insolvent.

© Peter Kneffel, dpa Der Schriftzug von Wirecard ist an der Firmenzentrale des Zahlungsdienstleisters in Aschheim bei München zu sehen. Der einstige Börsenliebling ist infolge eines Bilanzskandals insolvent.

Im milliardenschweren Bilanzskandal beim Dax-Konzern Wirecard sollen philippinische Einwanderungsbeamte Reiseunterlagen des flüchtigen Ex-Vertriebsvorstands Jan Marsalek gefälscht haben. Ermittler in dem südostasiatischen Inselstaat empfahlen am Donnerstag, Anzeige gegen die beiden Verdächtigen zu erstatten. Die Beamten hätten falsche Einträge in die Datenbank des Immigrationsbüros eingegeben.

Die Bildkombo zeigt den flüchtigen Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek auf zwei vom Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellten Aufnahmen.

Die Bildkombo zeigt den flüchtigen Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek auf zwei vom Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellten Aufnahmen. © BKA, dpa

Demnach wäre Marsalek am 23. Juni in der Hauptstadt Manila eingetroffen und hätte die Philippinen am folgenden Tag von der Provinz Cebu aus - die auf einer anderen Insel liegt - wieder verlassen, hieß es in einer Mitteilung der nationalen Ermittlungsbehörde. Allerdings habe es am 24. Juni gar keinen Flug von Cebu nach China gegeben, wohin Marsalek angeblich gereist sein soll. Zudem seien den Angaben nicht - wie bei solchen Einträgen üblich - die Reisepassdaten des Österreichers beigefügt worden. Offiziellen Daten zufolge war Marsalek am 3. März das letzte Mal in Manila und verließ das Land zwei Tage später – Monate bevor der Skandal ins Rollen kam.


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"Die Einträge für den 23. und 24. Juni 2020 sind beide falsch und sollten offenbar nur eine Ablenkung sein, um die Aufmerksamkeit der europäischen Behörden auf die Philippinen und nicht auf deren eigene Gerichtsbarkeit zu lenken", so die Behörde. Seit seiner Entlassung am 22. Juni ist der Manager untergetaucht. Er wird verdächtigt, zusammen mit anderen Beschuldigten die Bilanzsumme und das Umsatzvolumen durch Scheingeschäfte aufgebläht zu haben.

Deutscher Wirecard-Manager auf den Philippinen gestorben

Justizminister Menardo Guevarra bestätigte am Donnerstag auch den Tod eines deutschen Managers in Manila, dessen Verbindungen zu dem Skandal Teil der Ermittlungen sind. Der 45-Jährige soll Ex-Asienchef von Wirecard und ein enger Vertrauter Marsaleks gewesen sein. Er sei am 27. Juli in einem Krankenhaus in Paranaque City in der Region Metro Manila eines natürlichen Todes gestorben und eingeäschert worden.

Bei Wirecard fehlen insgesamt 1,9 Milliarden Euro, die der Konzern in seiner Jahresbilanz 2019 auf der Habenseite verbuchen wollte - das Ergebnis wahrscheinlich nicht existierender Luftgeschäfte mit Subunternehmern in Südostasien und im Mittleren Osten. Das vermisste Geld sollte sich eigentlich auf philippinischen Treuhandkonten befinden. Im Juni stellte sich dann heraus, dass weder die Milliarden noch die Treuhandkonten existierten.


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Der Skandal hat auch eine politische Komponente: Vor allem steht die Frage im Raum, ob es Fehler bei der Finanzaufsicht gab, ob Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) Verantwortung trägt und ob die Bundesregierung - das Kanzleramt eingeschlossen - womöglich Wirecard unterstützten, obwohl der Verdacht von Unregelmäßigkeiten bereits im Raum stand. Die Opposition will einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Das dürfte vor allem Scholz in Erklärungsnot bringen, der erst in dieser Woche zum Kanzlerkandidaten seiner Partei gekürt worden war. Die Ankündigung kam für viele Beobachter überraschend früh.

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