Günstige Preise als Geschäftsmodell

Vom Brötchenladen zum Weltkonzern: Discount-Pionier Aldi feiert Jubiläum

6.4.2023, 10:54 Uhr
Harte Konkurrenten: die beiden Discounter Aldi und Lidl.

© Pa/PA Wire/dpa Harte Konkurrenten: die beiden Discounter Aldi und Lidl.

Vor 110 Jahren legte die Gründerfamilie Albrecht den Grundstein für ihr Unternehmen. Bäcker Karl Albrecht startete am 10. April 1913 in Essen einen „Handel mit Backwaren“.
Aus den kleinen Anfängen entstand eines der größten Handelsimperien der Welt. Die Schwesterunternehmen Aldi Nord und Aldi Süd sind mittlerweile nicht nur in Europa und Nordamerika, sondern auch in Australien aktiv.
„Die Discounter sind mit ihren günstigen Angeboten heute mehr denn je eine wichtige Stütze für viele Haushalte“, sagt Handelsexperte Robert Kecskes vom Nürnberger Marktforschungsunternehmen GfK. Kein Wunder also, dass die Discounter den Marktanteil in Deutschland laut GfK in nur zwölf Monaten bis Ende 2022 von 34,8 auf 36,9 Prozent gesteigert haben zu Lasten von Supermärkten und Fachhandel. Auch zu Jahresbeginn hielt die Verlagerung von Umsätzen zu den Billiganbietern ungebremst an.


Hinter der Erfolgsgeschichte der Familie Albrecht steht trotz allem Pioniergeist aber nicht der Bäcker Karl Albrecht. Es sind seine Söhne Karl junior und Theo Albrecht, die das Unternehmen groß machten. Nach dem Tod des Vaters übernahmen sie Verantwortung im elterlichen Geschäft und entwickelten das Discount-Konzept. Der erste Markt „Aldi“ steht für „Albrecht-Diskount“ - wurde 1962 eröffnet. Das ursprüngliche Erfolgsrezept: kleines Sortiment in kargem Ambiente zu Tiefstpreisen. Damit lehrten Aldi und später auch der Rivale Lidl die Supermarkt-Konkurrenz das Fürchten.
Allerdings haben heutige Filialen mit denen der Anfangszeit wenig gemein. Wo kaltes Neonlicht und Ware auf Paletten das Bild prägten, hat modernes Ladendesign mit Wohlfühlambiente Einzug gehalten. Neben Eigenmarken finden sich auch bei Aldi immer mehr Markenartikel. „Die Menschen wollen heute ein angenehmes Einkaufsumfeld. Da hatten die Discounter viel nachzuholen - und sie haben es getan“, sagt Kecskes.

Alles im grünen Bereich?


Ausgerechnet beim wichtigsten Merkmal, den günstigen Preisen, haben Discounter im Moment allerdings zu kämpfen. Auch sie mussten zuletzt die Preise kräftig anheben, prozentual gesehen sogar stärker als viele Markenartikler, wie Kecskes berichtet. Denn drastisch gestiegene Energie- und Beschaffungskosten schlugen bei den preislich auf niedrigerem Niveau angesiedelten Eigenmarken stärker durch als bei den Herstellermarken mit ihren in der Regel deutlich höheren Werbeausgaben und Gewinnmargen. Ausschlaggebender für die Kunden ist aber wohl: Trotz Preissprung sind Eigenmarken in der Regel immer noch deutlich günstiger als Markenartikel.

Ist also im Jubiläumsjahr alles im grünen Bereich? Nicht ganz. Gerade bei Aldi gibt es nach Einschätzung des Handelsexperten Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein eine vernachlässigte Baustelle: den Onlinehandel. „Die Discounter hatten es bisher nicht nötig, sich groß mit dem Thema Onlinehandel zu beschäftigen“, sagt der Handelsexperte. Doch sei es nur eine Frage der Zeit, bis das Thema auch für sie relevant werde. „Und dann wird es schwierig für Aldi, denn der Rivale Lidl hat hier einen beträchtlichen Vorsprung.“

Interessantes Ranking

Tatsächlich hat es Lidl geschafft, sich mit seinem Onlineshop im jüngsten Ranking des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI einen Platz unter den Top Ten deutscher E-Commerce-Händler zu sichern. Mit einem Umsatz von gut einer Milliarde Euro belegte lidl.de Platz 8 im Ranking, obwohl der Discounter online kaum Lebensmittel anbietet. Zum Vergleich: Aldi kommt mit seinem Onlineshop unter den Top 100 überhaupt nicht vor.

Heinemann ist überzeugt: Das Ungleichgewicht sollte bei Aldi die Alarmglocken schrillen lasen. „Für Lidl ist es ein leichtes, den Hebel umzulegen und auch Lebensmittel zu verkaufen, wenn es soweit ist. Aldi ist noch lange nicht soweit.“

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