Was wäre der Club ohne Standards und Guido?

21.12.2016, 14:26 Uhr
Matchwinner unter sich: Hanno Behrens und Guido Burgstaller machten den Club gegen den FCK zum Sieger.

© Sportfoto Zink / DaMa Matchwinner unter sich: Hanno Behrens und Guido Burgstaller machten den Club gegen den FCK zum Sieger.

Den ersten Durchgang konnte man beim 2:1 gegen Kaiserslautern getrost vergessen. Wer am Montagabend auf Erwärmendes im zapfigen Nürnberg gehofft hatte, wurde enttäuscht. Zumindest bis kurz nach der Pause. Dann, man notierte in der Noris die 51. Minute, adressierte Tobias Kempe eine Ecke mit viel Schnitt an die Kante des linken Fünfmeterecks. Dass es überhaupt Ecke für den Club gegeben hatte, war eine zweifelhafte Entscheidung, dem FCN Sekunden später jedoch reichlich egal.

"Der Ball kam super, ich treffe ihn optimal"

Hanno Behrens enteilte Christoph Moritz und köpfte aus spitzem Winkel ein. "Der Ball kam super, ich treffe ihn optimal" sollte der Mann später bei Sky sagen, dessen Treffer in gleich mehreren Kategorien ein besonderer war. Nürnbergs Führung, bewerkstelligt durch das erste Saisontor von Behrens, egalisierte in der letzten Zweitliga-Partie des Kalenderjahres einen Torrekord im Unterhaus. Aufgestellt hatte diesen die SG Wattenscheid 09 im Jahr 1988. 38 Liga-Spiele in Serie hatte das Team aus der Lohrheide damals in Folge getroffen. Nun also zog der FCN gleich. Dank Hanno Behrens, der seine Torpremiere 2016/17 "umso schöner" fand, weil er sich dadurch in die Geschichtsbücher geköpft hatte.

Treffen an sich ist immer gut. Wichtiger als die Einstellung dieses Uralt-Rekords dürfte jedoch aus Club-Sicht die Erkenntnis gewesen sein, dass das Standardprogramm der Rot-Schwarzen weiterhin gut funktioniert. Zum 13. Mal versammelte sich der FCN in dieser Saison bereits nach einem ruhenden Ball zum Torjubel. Besonders happy waren sie beim Schwartz-Club, weil sie die erfolgsbringende Eckenvariante zuvor im Training eingeübt hatten – wie der Trainer und der Torschütze nach Abpfiff in jedes Mikrophon sprachen.

Dass die Club-Standards eine Waffe sind und den Altmeister wohl neuerlich zum Sieger küren könnten, hatte man schon in einem höhepunkt- und niveauarmen ersten Durchgang geahnt. Spielerisch tat sich ein kampfstarker FCN, der über die Partie hinweg 57 Prozent der Zweikämpfe gewann, schwer, geschickt und aufmerksam verteidigende Gäste herauszufordern. FCK-Coach Tayfun Korkut hat zu Saisonbeginn schwächelnden Pfälzern defensive Stabilität verordnet. “Wir wussten, dass es schwer wird. Lautern steht hinten gut, hat sich gefangen und kann gut umschalten“.

Letzteres verhinderte das Schwartz-Team in der ersten Hälfte gut. Mit Ausnahme eines Schüsschen, das der Ex-Nürnberger Zoltan Stieber nach rund einer halben Stunde auf Kirschbaums Kiste schickte. Nach vorne gelang dem Club auf frostig-fränkischem Rasen indes wenig. Über außen kam der FCN kaum zum Zug: Zwei Brecko-Flanken über 90 Minuten stellten in diesem Bereich den "Bestwert" dar, als Pendant des Kapitäns auf links tat sich Laszlo Sepsi mit 15 gewonnenen Duellen immerhin an Nürnbergs bester Zweikämpfer hervor.

Möhwald, Petrak, Bulthuis, Tor  - von wegen!

Wenig verwunderlich war also, dass der Club den Ball nach einem Standard bereits nach 20 Minuten im Gehäuse der Roten Teufel untergebracht hatte. Nach Möhwalds Freistoßflanke beförderte Ondrej Petrak den Ball nahe der Torauslinie gefährlich zurück. Riesen-Chaos im Lautern-Fünfer, Pfosten, Nachschuss Bulthuis drin. Da Linienrichter Jonas Weickenmeier zuvor allerdings eine Abseitsposition zu sehen glaubte, zählte der Treffer des aufgerückten Holland-Hünen nicht.

Doch zurück in Hälfte zwei: Nach Behrens‘ Führungstor verlor Nürnberg den zuvor bereits dünnen Spielfaden völlig. Oder anders gesagt: Abwehrstarke, bis dahin aber wenig stürmische Lauterer wurden im Vorwärtsgang deutlich aktiver. Auch wenn am Ende 17:13 Torschüsse jeglicher Qualität zu Gunsten des FCN in der Statistik standen, wirkte der Club – wie auch sein Trainer anschließend kritisieren sollte – nun "nicht gefestigt". Dass die Abstände im Defensivverband zu groß waren, zeigte sich auch in der 76. Minute, als Maximilian Dittgen - der eingewechselte Ex-Nürnberger war gerade einmal 115 Sekunden auf dem Feld – Thorsten Kirschbaum eine Glanzparade abverlangte.

Nicht mehr so glänzend wirkte Kirschbaum wenig später bei Lauterns Ausgleich. Jacques Zoua, der Bulthuis entwischt war, köpfte nach Stiebers Eckball. Der Obernzenner war am Ball, aber doch geschlagen. Dass es doch noch zum Sieg reichte, war Nürnbergs bereits in der letzten Saison gezeigten Knockouter-Qualitäten geschuldet. Nach einem Brecko-Steilpass in der 90. Minute verlängerte der eingewechselte Rurik Gislason die Kugel einsatzfreudig zu Behrens. Dessen Hereingabe von rechts nutzte Guido Burgstalller, um sich in gewohnter Burgi-Manier im Strafraum in Szene zu setzen. FCK-Keeper Julian Pollersbeck war dran, der Ball drin.

Ein Kärtner macht den Unterschied

"Burgstaller kann aus wenig viel machen", sagte Alois Schwartz nach der Partie. Für den Vollstrecker aus Villach war Nürnbergs Siegtreffer bereits der 14. Saison-Treffer. Der Kärntner ist eine Klasse für sich. Er macht den Unterschied. Ob Burgstaller sich anschickt, in der Rückrunde der erste österreichische Torschützenkönig im deutschen Unterhaus zu werden oder ob er zu einem klassenhöheren Verein wie dem vom kicker ins Spiel gebrachten FC Augsburg wechselt, muss abgewartet werden. Von einem Interesse oder gar einem Angebot weiß Burgi - wie er Sky sagte - nichts. "Ich habe noch nichts anderes gehört und bin am 3. Januar hier in Nürnberg".

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