Die Rolle des FDP-Chefs

Christian Lindner - der gefragte Mann im Wahlkampf

21.9.2021, 10:31 Uhr
FDP-Chef Christian Lindner bei seinem Wahlkampfauftritt auf dem Jakobsplatz in Nürnberg.

© Roland Fengler, NNZ FDP-Chef Christian Lindner bei seinem Wahlkampfauftritt auf dem Jakobsplatz in Nürnberg.

"Lieber gar nicht regieren als schlecht zu regieren" - Christian Lindners bemerkenswerter Satz, mit dem er vor vier Jahren seinen Ausstieg aus den enervierenden Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU und Grünen begründete, hallt noch immer nach; und wird dieser Tage wieder oft zitiert. Denn einmal mehr kommt auf Lindner die Rolle des "Kanzlermachers" zu, da die FDP stabil und, je nach Umfrage, mit leichter Tendenz nach weiter oben dasteht, so dass auf einmal sogar die Grünen in Reichweite sind.

Lindner wird also, wenn nicht alles täuscht, nach der Wahl ein gefragter Mann sein, was ihm vom Naturell her gut taugt; doch die Verantwortung, die ihm damit zukommen würde, ist enorm. Es wird maßgeblich am Verhandlungsgeschick des FDP-Vorsitzenden liegen, in welche Richtung sich die Bundespolitik in den nächsten vier Jahren entwickelt. Schlägt das Pendel eher nach links aus oder changiert es in der Mitte, im sogenannten bürgerlichen Spektrum?

Schon sendet Unions-Fahrensmann Armin Laschet warnende Signale in Richtung Lindner. In einer Ampel-Koalition mit SPD und Grünen wäre die FDP "ständig vom Rauswurf bedroht", orakelt Laschet - weil die Linken als Ersatz sofort parat stünden. Die Union sei dagegen ein "verlässlicher Partner". Mag sein. Doch in der FDP weiß man noch genau, dass man 2009 bis 2013 mit CDU/CSU in der Bundesregierung nicht gut gefahren ist, dass Kanzlerin Merkel dem kleineren Koalitionspartner kaum etwas gegönnt hat - und man am Ende nicht einmal mehr den Einzug in den Bundestag schaffte. Genauso erging es der bayerischen FDP am Ende der Koalition mit der CSU in jenem annus horribile 2013.

Das will die FDP nie mehr wieder erleben - und Lindner muss darauf bedacht sein, bei aller programmatischen Flexibilität sich nicht zu billig zu verkaufen. Mit SPD und Grünen eine Basis zu finden, wird eine besondere Herausforderung sein. Gerade in der Steuerpolitik sind die Unterschiede fundamental. Steuererhöhungen für Gutverdiener und "Reiche" auf der einen, Steuersenkungen für Mittel- und Gutverdiener, Mittelstand und Unternehmen auf der anderen Seite. Wie will man da zusammenkommen? Ich gebe Dir die Vermögensteuer, dafür lässt Du von einer höheren Einkommensteuer ab? Das wird spannend.

Oder finden am Ende SPD, Union und FDP zu einer Art "Deutschland-Koalition" zusammen, die mit einer rechnerisch ordentlichen Mehrheit regieren könnte, ohne auf die drängeligen Grünen oder gar die fundamentalistischen Linken Rücksicht nehmen zu müssen, die im Zweifel immer mehr fordern und nicht nachgeben?

Egal wie - Lindner wird es vor allem seiner eigenen Partei kaum verkaufen können, wenn er die Chance mitzuregieren, ein weiteres Mal ausschlägt. Lieber wird er ein, zwei nicht verhandelbare Pflöcke einschlagen, um als Finanzminister am Kabinettstisch zu sitzen - und den Rest der Agenda den anderen überlassen.

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