Alle reden von Krise – Siemens kaum

7.11.2019, 12:57 Uhr
Wegen eines besonders starken vierten Quartals konnte Vorstandsvorsitzender Joe Kaeser am Donnerstag in München die Erfüllung aller Ziele für das am 30. September zu Ende gegangenen Geschäftsjahrs melden. (Archivbild)

© CHRISTOF STACHE, AFP Wegen eines besonders starken vierten Quartals konnte Vorstandsvorsitzender Joe Kaeser am Donnerstag in München die Erfüllung aller Ziele für das am 30. September zu Ende gegangenen Geschäftsjahrs melden. (Archivbild)

Im nächsten Jahr werde man es mit drei "auf ihre Branchen fokussierten Unternehmen" und nicht mehr mit einem "Konglomerat traditioneller Prägung" zu tun haben, sagte Kaeser. Siemens wird dann aus den Unternehmen Healthineers (bereits ausgegliedert), "Industry" sowie "Energy" bestehen. Letzteres wird im Laufe des Jahres 2020 nach den Plänen der Konzernführung abgespalten und an die Börse gebracht. Das Windkraft-Unternehmen "Siemens Renewable Energy", an dem die Siemens AG zu 59 Prozent beteiligt ist, wird in den neuen „Energy“-Konzern eingebracht.

Alle reden von Krise – Siemens kaum

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Alle drei Siemens-Unternehmen sollen dann in einem "Ökosystem" zusammenarbeiten, das "von den Werten der starken Marke Siemens zusammengehalten werde", so Kaeser. Ob er in einem Jahr noch darüber berichten kann, ist fraglich. Als Kaesers designierter Nachfolger wurde der bisherige Technik-Vorstand Roland Busch installiert. Wann die Wachablösung an der Spitze des Weltkonzerns erfolgen soll, ist nach Angaben Kaesers offen: Im Sommer 2020 werde der Aufsichtsrat über Details der vorgesehenen "langfristig geordneten Nachfolgeplanung" entschieden. In einem Punkt wurde Kaeser auf der Bilanz-Pressekonferenz konkret: In fünf Jahren werde er nicht mehr da sein: "Das können Sie als Neuigkeit mitnehmen".

Starkes viertes Quartal

Noch aber ist das Energie-Geschäft in Gestalt des Geschäftsbereichs "Gas and Power" zusammen mit den Sparten "Digital Industries", "Smart Infrastructure" und "Mobility" Teil des Kern-Konzerns, der im abgelaufenen Geschäftsjahr weltweit 87 Milliarden Euro (plus drei Prozent) Umsatz erwirtschaftete. Mit einer Ergebnismarge von 11,5 Prozent landete Siemens exakt in der Mitte des prognostizierten Zielkorridors von elf bis zwölf Prozent.

Das Nettoergebnis lag bei 5,6 Milliarden Euro. Das war zwar niedriger als 2018. Vor einem Jahr hatte es jedoch positive Sondereffekte im Volumen von 1,5 Milliarden Euro gegeben. Bei einem Ergebnis von 6,93 Euro je Aktie (plus 15 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreswert) können sich die Siemens-Anteilseigner auf die sechste Dividendenerhöhung in Folge freuen.

Besonders stark fiel das vierte Geschäftsquartal (1. Juli bis 30. September) mit einem Umsatzplus von acht Prozent und einem im Vergleich zum Vorjahresquartal mehr als verdoppelten Nachsteuergewinn von 1,47 Milliarden Euro aus.

Für das am 1. Oktober gestartete neue Siemens-Geschäftsjahr sieht es auch nicht schlecht aus: Der Auftragseingang legte auf vergleichbarer Basis um sechs Prozent auf 98 Milliarden Euro zu. Insgesamt sitzt der Konzern auf ein Auftragspolster im Volumen von 146 Milliarden Euro. Für 2020 erwartet der Siemens-Vorstand wiederum ein "moderat“ steigendes Umsatzwachstum.

Die höchste Ergebnismarge soll der Bereich "Digital Industries" mit 17 bis 18 Prozent bringen. "Smart Infrastructure" und Mobility sind für jeweils zehn bis elf Prozent Ergebnismarge gut während die Ertragskraft der abzuspaltenden "Gas and Power"-Einheit auf nur zwei bis fünf Prozent veranschlagt wird. Das soll sich ändern. Immerhin habe man Großauftreäge in Frankreich und Amerika sichern können, berichtete Finanzvorstand Ralf Thonmas. In der Bretagne wird Siemens ein 450-Megawatt-Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk errichten. Auftragswert inklusive Betrieb und Wartung: 450 Millionen Euro.

"Größte Transformation in der Unternehmensgeschichte"

Als eines von drei börsennotierten Siemens-Unternehmen werde man sich auf das Energiesysteme konzentrieren und sich der „weltweiten Dynamik“ in diesem Bereich anpassen und "deutlich an Geschwindigkeit gewinnen" können, versprach der designierte "Siemens Energy"-Vorstandsvorsitzende Michael Sen. Siemens stehe schon jetzt für ein Fünftel der globalen Energieerzeugung. Das neue Unternehmen könne auf einen Auftragsbestand von 70 Milliarden Euro verweisen.

Aus der Tatsache, dass erstmals für die einzelnen Bereiche separate Prognosen abgegeben werden, könne man nach den Worten Kaesers nicht auf weitere Abspaltungspläne schließen. Mit dem Unternehmenskonzept "Vision 2020+" habe Siemens die größte Transformation in der 172-jährigen Unternehmensgeschichte eingeleitet.

Der Konzern beschäftigt in 134 Ländern 385.000 Beschäftigte. Netto wurde die Mitarbeiterzahl nach Kaesers Angaben im vergangenen Geschäftsjahr um mehr als 6.000 erhöht. Auch 2020 werde die Belegschaft wachsen.

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