Bereit für Corona: Exklusiver Blick in Nürnbergs Isolierstation

8.2.2020, 06:03 Uhr
Oberarzt Dr. Jochen Böhm legt die Schutzkleidung an, ehe er  das Patientenzimmer  betritt.

© Stefan Hippel NNZ Oberarzt Dr. Jochen Böhm legt die Schutzkleidung an, ehe er das Patientenzimmer betritt.

Im Haus 16 II meint man zunächst, man befindet sich auf einer ganz normalen Krankenhaus-Abteilung. Wäre da nicht das Piktogramm an der Eingangstür, das den Zutritt für Kinder bis zu 14 Jahren verbietet. Auch Schwangere sollen den Bereich nicht betreten. Und dann hängt an den Krankenzimmern das Schild "Isolation" mit einem Warndreieck und der Aufschrift in zehn Sprachen: "Bitte beachten — infektiöse Patienten".

Doch der lang gezogene Gang mit 16 Zimmern ist kein Hochsicherheitstrakt. "Den brauchen wir nicht. Entscheidend ist nicht die Dichtung an der Tür, sondern dass alle unsere Hygiene-Vorschriften ganz genau befolgen", betont Professor Dr. Joachim Ficker, Leiter der Klinik für Innere Medizin 3, Schwerpunkt Pneumologie.

"Angst vor Corona-Virus ist in Deutschland Hysterie"

Normalerweise liegen auf der Station 16 II Patienten mit Tuberkulose, schwerer Influenza oder mit gefährlichen oder resistenten Bakterien. In den vergangenen Wochen kamen vereinzelt Verdachtsfälle auf Corona-Virus dazu — nach Labortests konnte man bei allen Entwarnung geben. "Die Menschen sind gesund, die Angst vor dem Corona-Virus ist in Deutschland eine Hysterie", meint der angesehene Mediziner. In Nürnberg wegen einer möglichen Infektionsgefahr mit Mundschutz herumzulaufen, hält er für "völligen Unsinn".

Alle Mitarbeiter der Isolierstation — ein Oberarzt, drei Assistenzärzte und 25 Schwestern und Pfleger — müssen sich penibel an die hygienischen Vorschriften halten. Nur erfahrene Kräfte werden eingesetzt, keine Krankenpflege-Schüler. Bevor die Beschäftigten ein Infektionszimmer betreten, kleiden sie sich sorgfältig ein: eine Haarhaube, Mundschutz, ein Papier- oder Stoffmantel über die Arbeitskleidung und Plastikhandschuhe.

Luftschleuse hinter der Tür

Mit mehrfachem Drücken auf den Desinfektionsbehälter soll man die Handschuhe gut befeuchten, ehe man an die Türklinke des Patientenzimmers greift. Nach dem Schließen der Tür bläst eine Luftschleuse Druckluft vor der Decke herunter. Sie soll das Entweichen von Krankheitserregern verhindern. An der Zimmertür klebt innen eine bebilderte Anweisung mit Verhaltensregeln für die infektiösen Kranken.


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Im Raum steht ein weiteres Desinfektionsgerät, um die Gefahr durch Ansteckung möglichst gering zu halten. Immer wieder heißt es: desinfizieren, desinfizieren, desinfizieren. Nach der Untersuchung des Patienten gehen die Krankenhaus-Mitarbeiter zu einem gesicherten Abfallbehälter im Zimmer, in den sie Haube, Papiermantel und Handschuhe werfen. Die Behälter werden luftdicht verschlossen und als Klinikmüll zur Verbrennung gebracht. Der Mundschutz wird erst außerhalb des Krankenzimmers in einem weiteren Spezialbehälter entsorgt.

"Wenn sich alle dran halten, kann nichts passieren", sagt Oberarzt Dr. Jochen Böhm, der über zehn Jahre auf der Isolierstation arbeitet, "mir wie meinen Mitarbeitern ist der Ablauf schon in Fleisch und Blut übergegangen." Bisher habe es bei dem Personal auch noch keine Ansteckung gegeben.

Schulung auch für Putzkräfte

Es gibt eingehende Schulungen für neue Kollegen, auch die Putzkräfte werden eingewiesen. Die Besucher der Kranken sind ein sensibles Thema: "Wenn Großfamilien kommen, müssen wir ihnen deutlich machen, dass höchstens zwei Personen in das Isolierzimmer dürfen — entsprechend eingekleidet natürlich", betont Professor Dr. Ficker. Außerdem haben nur die engsten Bezugspersonen Zutritt.
Aus medizinischer Sicht wäre es am sinnvollsten, wenn gar kein Besuch käme. Aber das ist den Patienten nicht zuzumuten.


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Übrigens: Für schwerste, hochinfektiöse Erkrankungen gibt es im Nordklinikum im Haus 10 II echte Schleusenzimmer, die an die Intensivstation angegliedert sind. Wenn etwa ein Patient mit dem gefährlichen Ebola-Virus eingeliefert würde (was bisher im Nordklinikum nicht geschehen ist), dann würde man ihn in diesem noch stärker gesicherten Raum unterbringen.

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