Elisabeth Preuß: Kämpferin für die Demokratie

16.2.2020, 11:00 Uhr
Elisabeth Preuß: Kämpferin für die Demokratie

© Archivfoto: Anja Hinterberger

"Das ist unvereinbar mit allem, wofür ich stehe": Sehr deutliche Worte fand die Erlanger Bürgermeisterin Elisabeth Preuß, als der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Hilfe der AfD in Thüringen zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. In einem Brief an den FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner äußerte sie massive Kritik.


Kommunalwahl 2020 in Erlangen: Stadtrat- und OB-Wahl


Die kam auch von anderer Seite. Zum Beispiel von Gerhart Baum. Der ehemalige Bundesinnenminister und einer der profiliertesten Rechtsstaat-Politiker der FDP zeigte sich in einem Interview fassungslos darüber, dass zum ersten Mal ein deutscher Ministerpräsident von einer Partei gewählt worden war, "die die Demokratie aktiv bekämpft".

Baum zählt, ebenso wie Hildegard Hamm-Brücher, zu den Politikern, die für Elisabeth Preuß von Beginn ihres politischen Werdegangs an Vorbilder waren. Vor 30 Jahren trat sie in die FDP ein – zu einer Zeit, als Deutschland mit den Republikanern einen Rechtsruck erlebte. Für sie sei dies ausschlaggebender Grund gewesen, sich politisch zu engagieren, sagt die 58-Jährige im Rückblick. Ihr politisches Vorbild auf lokaler Ebene war Prof. Carl-Gerold Arnold, Biologieprofessor und FDP-Stadtrat. Er sei über alle Fraktionen hinweg geachtet gewesen und habe sich stark für Demokratie und für Vielfalt und Integration eingesetzt – auch wenn man damals diese beiden Begriffe noch nicht verwendet habe – , sagt Preuß.

 

1998 übernahm die promovierte Biologin die Fraktionsgeschäftsführung, im Jahr 2000 rückte sie ohne Wahl für Prof. Arnold in den Stadtrat nach, zwei Jahre später wurde sie als Stadträtin gewählt, 2003 wurde sie Bürgermeisterin.

Die "Integration" wurde einer ihrer Schwerpunkte

Die "Integration" wurde einer ihrer Schwerpunkte. Als die NPD in Gräfenberg aufmarschierte, "habe ich gemerkt, dass es noch etwas Zweites gibt, wo ich Herzblut und einen großen Teil meiner Arbeitszeit investieren muss: nämlich die Demokratie".

Die sieht die Bürgermeisterin heute mehr denn je in Gefahr. Bei der Kommunalwahl im März tritt sie wieder an. Allerdings nicht auf Listenplatz eins wie vor sechs Jahren, sondern auf Platz vier. Oberbürgermeisterkandidat ist der Universitätsprofessor Holger Schulze. Es ist deutlich, dass Teile der FDP sich von ihr distanzieren. Unterschiedliche Sichtweisen gab es schon länger. Offen zeigten sie sich, als Preuß sich im letzten Mai für die Seenotrettung öffentlich engagierte, ohne Abstimmung mit dem Kreisverband, so der Vorwurf.

Man will einen "neuen Aufbruch der Erlanger FDP" und setzt darauf, dass "die Karten für Bündnisse im Rathaus am 15. März neu gemischt" werden, verkünden die Freien Demokraten, als sie im Oktober ihr Team für die Kommunalwahl bekanntgeben. Man will raus aus der Koalition mit SPD und Grüner Liste, mit denen Preuß gern zusammenarbeitet.

Wie also wird es weitergehen für sie? Sieht sie eine Zukunft für sich im nächsten Erlanger Stadtrat? Und: Muss nicht die FDP nach dem Debakel in Thüringen ohnehin den Verlust des Wählerzuspruchs befürchten?

Können Wähler Thüringen und den Erlanger Stadtrat unterscheiden?

Sie hoffe, "dass die Erlanger Wähler Thüringen und den Erlanger Stadtrat unterscheiden können", sagt Preuß. Darüber hinaus müsse man konstatieren, dass Kommunalwahlen sehr stark Persönlichkeitswahlen seien. Ihr Parteikollege Schulze sei ein super OB-Kandidat. Darüber, ob sie weiterhin Stadträtin bleiben, vielleicht sogar wieder Sozialbürgermeisterin werden kann, will sie sich nicht äußern. "Ich denke nur bis zum 15. März", sagt sie. Danach müsse man sehen, welche Mehrheiten da sind. Sie hoffe, dass sie auf der Liste vorgewählt wird, ist ihr dann doch noch zu entlocken.

Und: "Ich bin dankbar, dass ich diese Aufgabe 17 Jahre lang übernehmen durfte", sagt sie. "Es war für mich eine Berufung". Man könne sehr viel bewegen und habe gerade im sozialen Bereich viel Gestaltungsspielraum. Sie kann nicht verbergen, dass sie gern weiterhin "gestalten" würde. Die sozial-liberale Denkrichtung einbringen möchte. "Liberalität ist für mich, den Menschen dabei zu unterstützen, sein eigenes Leben zu leben und mit Blick auf die jetzige Situation nicht zu fragen, wo kommst du her, sondern wo willst du hin".

Bei ihr selbst ist klar, wo sie herkommt. Und wo sie hin will. "Ich bin keine Freie Demokratin, ich bin eine Liberale", erklärt sie. Ob sie damit eine politische Zukunft in Erlangen hat, ist noch ungewiss.

Die Erlanger Nachrichten stellen die OB-Kandidaten im Porträt vor. Bislang erschienen: Oberbürgermeister Florian Janik und Jörg Volleth.

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