Nach Corona-Pause: Re-Start bei Erlanger Friseuren

12.2.2021, 12:30 Uhr
Nach Corona-Pause: Re-Start bei Erlanger Friseuren

© dpa

Als die ersten Kaufhäuser in Erlangen ihre Tore öffneten, schien es all den kleinen Läden im Umfeld des Zollhauses an den Kragen zu gehen. Einige wenige schafften es, diese Wogen souverän zu überstehen.

Der Familienfriseurbetrieb ,Herbst‘ gehört dazu. Ob Punk, Manager oder Bierbrauer, in diesem Traditionsbetrieb werden alle Kunden gemäß ihren Haarwuchsoptionen mit gleicher Zuvorkommenheit bedient. "Ein Klassiker unter den Erlanger Figaros!"

So hieß es 2009 auf einer Internetseite des FEN (Free-Net Erlangen-Nürnberg-Fürth e.V.) im Projekt "Kennst Du Erlangen?". Und noch heute gibt es im Zollhausviertel viele Familienbetriebe, wie die Wäscherei Berthold, Eisen Seefried oder eben auch den Friseursalon Herbst.

In dritter Generation

In bereits dritter Generation beraubt Karlheinz Herbst mit bekannt guter Laune seine Kunden des Haupthaares. "Und das nach wie vor mit großer Freude", wie er sagt.

Nach Corona-Pause: Re-Start bei Erlanger Friseuren

© Heiko Beyer

1943 von seinem Großvater gegründet, der aus dem ausgebombten Hamburg nach Erlangen geflüchtet war, und von seinem Vater Michael Herbst weitergeführt, übernahm Karlheinz Herbst 2006 den Betrieb. "Aber noch heute ist Papa mit seinen 78 Jahren an zwei Tagen mit dabei – das hält ihn jung, zumal er viele alte und treue Kunden sieht."

Und treu sind sie, die Besucher des Salons, die oft schon als Studenten in der Gebbertstraße 10 ihre Haare gelassen haben. "Die Leute kommen zum Teil aus Fürth, Bamberg oder Lauf und nehmen die lange Anfahrt in Kauf, weil sie einfach gerne bei mir sind."

Doch Karlheinz Herbst plagen – wie viele seiner Kollegen – große Sorgen. Zwar durfte er bis Mitte Dezember das Geschäft offen halten, aber trotz einer 50-Stunden-Woche haben die aufgrund des Hygienekonzeptes verringerten Einnahmen nicht einmal die Kosten fürs Geschäft und das tägliche Leben getragen. So werden die Ersparnisse angeknabbert, die für die Rente gedacht waren.

Ohne Perspektive

Ganz schlimm nagte vor allem in den vergangenen Wochen an ihm die Perspektivlosigkeit und er betonte: "Keiner konnte sagen, wann wir wieder ökonomisch arbeiten dürfen.

Und das zermürbt und frustriert. Tagtäglich kommen negative Meldungen über neue Virusmutationen oder vollmundige Ankündigungen über schnelle und unbürokratische Finanzhilfe, deren Umsetzung ich aus der Erfahrung heraus leider mit großer Skepsis sehen muss."

Nun aber erste Erleichterung: Denn anders als Gastronomie und Handel dürfen Friseure in Bayern – analog zur Bund-Länder-Vereinbarung vom Mittwoch (10. Februar 2021) – am 1. März öffnen. Das gab Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Donnerstag (11. Februar 2021) bekannt.

Außenstehende, auch viele Freunde und Bekannte, bei denen zumindest der Job sicher ist, könnten nicht nachvollziehen, was in ihm vorgehe, wenn er sich vorstelle, dass er nach so vielen Jahren den Familienbetrieb wohl schließen müsse, erzählt Karlheinz Herbst weiter. Dann ginge eine Welt für ihn unter: "Ich kann und ich will weiter arbeiten, ich liebe meinen Job und möchte für meine Kunden da sein."

Viele Nachrichten von Kunden

Seit Mittwochabend (10. Februar 2021) klingelt bei Ümit Aykut das Handy, er bekommt WhatsApp-Nachrichten und E-Mails: Die Kunden und Kundinnen wollen endlich wieder einen Termin bei dem Friseurmeister und Geschäftsinhaber ausmachen.

In seinem Erlanger Salon "New Karma" wird deshalb alles für den Re-Start am 1. März vorbereitet wie beispielsweise Kalender ausgetauscht und die ersten Anmeldungen eingetragen. Ab Mittwoch gibt es einen Telefondienst, der Anrufbeantworter ist ohnehin geschaltet.

Ümit Aykut und sein Team möchten so vielen, wie es unter den Abstands- und Sicherheitsregeln eben irgendwie möglich ist, nun endlich die Haare schneiden. "Wir wollen unserer Stammkundschaft für die große Anteilnahme in den vergangenen Wochen danken, immer wieder haben Kunden gefragt, ob sie uns helfen können, es war so schön, nicht allein zu sein." Angenommen hat er die Angebote aber nicht.

Gerade Friseuren hat die Schließung im ersten und zweiten Lockdown besonders hart zugesetzt. Deshalb hat dieses Medienhaus Ümit Aykut als einen von vielen Betroffenen in der schwierigen Phase redaktionell begleitet. Anfang Januar sagte er: "Man versucht, sein Schiff vor dem Untergang zu retten".

Mitarbeiter in Kurzarbeit

Nun ist "sein Schiff" glücklicherweise nicht untergegangen, auch wenn er bis heute noch immer nichts von den staatlichen Hilfen bekommen hat. Lange aber, sagt er, könnte er wirtschaftlich die Situation nicht mehr überstehen. Daher sei es gut, dass es wieder los geht. Auch seine Mitarbeitenden, die zum Teil in Kurzarbeit waren und sind, konnte er bisher alle in Festanstellung halten.

Nur um seinen Lehrling aus Mazedonien macht sich der Friseurmeister Sorgen: Falls dieser, wie sein Chef befürchtet, die theoretische Prüfung nicht bestanden hat, müsste er für die Visa-Beantragung vorübergehend zurück in seine Heimat.

Sogar OB Florian Janik setze sich schon für den jungen Mann ein, erzählt Aykut dankbar. Denn er hat Angst, sein Mitarbeiter könnte sich dort mit dem Coronavirus infizieren. Zudem würde der angehende Friseur fehlen, wenn Aykut ihn am Nötigsten braucht: dann, wenn er seinen Laden endlich wieder öffnen darf.

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