Fall für die Justiz

Gefälschte Impfpässe: Fürther Amtsgericht verhängt erste Geldstrafen

20.1.2022, 06:00 Uhr
Gefälschte Impfpässe: Fürther Amtsgericht verhängt erste Geldstrafen

© Foto: Stefan Puchner/dpa

Einkaufsbummel, Restaurantbesuch, ein Abend im Kino: Ohne einen Impf- oder Genesenennachweis ist all das momentan nicht möglich. Kein Wunder, dass der Handel mit gefälschten Impfpässen oder QR-Codes boomt. Mehr als 12.000 solcher Verdachtsfälle geht die Polizei bundesweit inzwischen nach. Bayern belegt hier einen traurigen Spitzenplatz mit mehr als 4000 Verfahren und 5500 sichergestellten Impfpässen. Auch in Fürth gab es bereits einige Fälle.

Am Amtsgericht Nürnberg-Fürth rechnet man deshalb mit etlichen Verhandlungen. Rund 400 Fälle von gefälschten Zertifikaten werden dort demnächst behandelt werden müssen. Den Auftakt machte nun ein junges Ehepaar.

Die beiden waren Mitte Oktober in einer Apotheke in Ronhof aufgefallen. Dort hatten sie ihre Impfpässe vorgelegt, um das digitale Impfzertifikat, den QR-Code, zu bekommen, der Zugang gewährt zu den Bereichen, für die ein Nachweis erforderlich ist. Zwar hatten die Pässe den Aufkleber über das verabreichte Vakzin nebst Chargennummer, einen Stempel vom Impfzentrum sowie die Unterschrift eines Arztes. Doch den aufmerksamen Mitarbeitern der Apotheke entging nicht, dass die Angaben gefälscht waren. Sie erstatteten Anzeige.

Nun mussten sich die beiden vor dem Fürther Amtsgericht verantworten. Zur Seite standen dem 29-jährigen Angeklagten sowie seiner 23 Jahre alten Ehefrau jeweils ein Pflichtverteidiger, was bei Verfahren, bei denen ein eher mildes Urteil zu erwarten ist, eigentlich unüblich ist.

Der Grund lag diesmal in der etwas schwierigen Rechtslage. Denn bislang, in der Zeitrechnung vor der Pandemie, sah das Strafgesetzbuch lediglich eine Regelung für Urkundenfälschung von Gesundheitszeugnissen, wie auch der Impfpass eines ist, bei Betrug an Behörden oder Versicherungen vor. Bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe droht dann. Corona jedoch machte es nötig, dass der Paragraf entsprechend angepasst wurde, weil die Täuschung mit gefälschten Impfnachweisen nun auch andere Bereiche einschließt, etwa Restaurants, Theater oder eben Apotheken.

Bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe können dann verhängt werden. Die neue gesetzliche Regelung allerdings gilt erst seit dem 24. November 2021, der verhandelte Fall aber hatte sich bereits vorher abgespielt.

Die Verteidigerin plädierte deshalb auf Freispruch ihrer Angeklagten. Ihre Argumentation: Weil die alte Rechtsprechung nur die Täuschung von Behörden oder Versicherungen durch gefälschte Gesundheitszeugnisse ahndet, liegt kein Vergehen ihrer Mandantin vor.

Dem schloss sich der Anwalt des Ehemanns an. Erst jetzt, so seine Einschätzung, sei die Gesetzeslücke, die durch die Pandemie entstanden ist, geschlossen worden. Sein Mandant aber unterliege noch der vorherigen Gesetzeslage.

Armin Riedel, der zuständige Richter, folgte dieser Argumentation nicht. Er stellte zwar in Rechnung, dass die beiden Angeklagten nicht vorbestraft waren, sich reuig zeigten und inzwischen auch geimpft sind, warf ihnen aber dennoch ein "egoistisches Verhalten" in der Pandemie vor, das "ethisch und moralisch verwerflich" gewesen sei. Riedel verurteilte deshalb die 23-Jährige zu einer Geldstrafe von 1500 Euro; ihr Mann muss 2500 Euro bezahlen.

Rechtskräftig ist das Urteil aber noch nicht. Weil sich der Fall in einer rechtlichen Grauzone bewegte, können in einer Revision rechtliche Fragen nochmals überprüft werden. Weil mit zahlreichen solcher anzweifelbaren Urteile gerechnet wird, muss in letzter Instanz wohl der Bundesgerichtshof entscheiden. Bis es so weit ist, könnten aber rund zwei Jahre vergehen.

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