Härtetest für die Gastronomie: "Viele wird es derbröseln"

17.4.2020, 05:49 Uhr
Das Bratwursthäusle soll am 27. April mit neuen Besitzern wieder öffnen. Vorerst gibt es dort allerdings nur Essen zum Mitnehmen.

© Michael Matejka Das Bratwursthäusle soll am 27. April mit neuen Besitzern wieder öffnen. Vorerst gibt es dort allerdings nur Essen zum Mitnehmen.

Betty Haberl überraschen die Beschränkungen nicht: "Damit haben wir gerechnet", sagt die Inhaberin von Mischbar, Café Leckerbissen und Mondo. Bislang halten sie und ihr Mann Christoph das Unternehmen irgendwie am Laufen. "Wir dürfen unser Eis verkaufen und es gibt Currys oder Smoothies zum Mitnehmen. Allerdings ist halt in der Stadt kaum etwas los." Die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, auf die groß angekündigte Soforthilfe warten die Haberls, wegen der Mieten sind sie mit ihren Vermietern im Gespräch. "Unsere Rettung ist unser Lieferservice für ein Callcenter sowie die Pflegestationen des Roten Kreuzes und der Diakonie." Es sei gerade in der Gastronomie einfach sehr schwierig, die Sicherheitsbestimmungen umzusetzen: "20 Quadratmeter pro Person, wie im Einzelhandel, wären nicht machbar und wer kann mit Mundschutz essen?!"

Soforthilfe muss schneller kommen

Auch Gerhard Rippel, der unter anderem den Burgwächter in Nürnberg betreibt, wartet auf die Soforthilfe. Schon am 17. März hat er die beantragt, nach fünf Wochen hat er eine Antwort bekommen: abgelehnt. Von ihm wird eine Kostenaufstellung gefordert. Das sei kein Problem, sagt der Gastronom, "aber wenn das wieder fünf Wochen dauert, ist das mehr als ärgerlich", sagt er. Zumal es in anderen Städten reibungsloser läuft.

Zum Beispiel in Erlangen. Dort hat Rippels Kollege Florian Dittmeyer zwei Betriebe. Gemeinsam mit Axel Müller haben Rippel und Dittmeyer das Bratwursthäusle in der Nürnberger Altstadt übernommen. Ab dem 27. April sollen dort wieder Bratwurstbrötchen verkauft werden. Rippel hofft, "dass dann wieder etwas mehr los ist". Damit will er vor allem seinen Mitarbeitern helfen. Denen fehlt aktuell nicht nur ein großer Teil ihres Gehalts wegen Kurzarbeit, "sondern vor allem auch das Trinkgeld". Im Bratwursthäusle will er deshalb auch Gerichte zum Mitnehmen anbieten, "aber wer macht das schon für Bratwürste mit Kraut".

Kein Ende der Krise in Sicht

Thomas Förster, Vizepräsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands, sieht kein Ende der Krise. "Ja, die Maßnahmen sind notwendig, aber es wird eine Menge Betriebe derbröseln." Das Kurzarbeitergeld käme eher schleppend auf die Konten und "dann ist man schnell zahlungsunfähig". Der richtige Weg sei, die Mehrwertsteuer für Speisen auf sieben Prozent herabzusetzen, was Markus Söder angedeutet hat: "Wir bedauern es sehr für die Gastronomie und wollen der Branche weiterhin helfen!" Trotzdem werde die Krise lange nachhallen, ist sich Förster sicher.


Nürnberger Gastronomie: Mit Boxen und Takeaway durch die Krise


Laut Robert Horka (Hotel Elch), Kreisvorsitzender der Dehoga Bayern, könnten die Hotels eigentlich relativ schnell wieder öffnen — wenn sie denn dürften: "Abstandsregeln können wir einhalten, statt Frühstücksbuffet gäbe es ein Lunchpaket, auch den Check in könnte man so aufziehen, dass die Reisenden sich nicht zu nahe kommen." Dass hingegen Läden bis 800 Quadratmeter öffnen dürfen und die Hotels nicht, verstehe er nicht. Nürnberg sei eine Touristen-Stadt und Italiener, Amerikaner oder Chinesen werden der Frankenmetropole im Sommer 2020 fernbleiben. "Ich hoffe sehr, dass wenigstens der Reisetourismus innerhalb Deutschlands wieder starten kann." Zusammen mit der Congress- und Tourismuszentrale sei man bereits dabei, attraktive Pakete zu schnüren.

Krug mit Namen gegen Spende

Die Angestellten im Café Wanderer haben sich für ihre Stammkunden ein Crowdfunding ausgedacht. Wer sie unterstützt, dessen Name steht künftig auf der Unterseite eines Krugs. Wer zufällig seinen eigenen Krug in die Finger bekommt, darf sich über ein Freibier freuen. Über 24.000 Euro sind so schon zusammengekommen. "Damit wird unseren Mini-Jobbern geholfen. Und denen, für die der Kurzarbeiterlohn nicht langt", sagt Christoph Zielke. Der Inhaber des Wanderers hätte nicht gedacht, dass die Aktion seiner Angestellten derart erfolgreich ist.

Dass er selbst noch länger keine Einnahmen hat, "tut ziemlich weh". Acht Monate hat das Café im Jahr geöffnet, drei davon fallen heuer aus. Dass er das Kurzarbeitsgeld für seine Mitarbeiter vorstrecken muss, hält er für schwierig. Er muss hoffen, "dass ich da alles richtig ausrechne — und nicht auf Kosten sitzen bleibe". Wann wieder Kunden vor der Burg sitzen, weiß er nicht. Zumal mit Maske und Abstand. "Und das macht dann ja nur halb so viel Spaß."


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