Nissan Qashqai: Auf ein Neues

9.6.2021, 17:07 Uhr
Nissan Qashqai: Auf ein Neues

Wir geben es zu: Selbst wir, die wir doch eigentlich vom Fach sind, irrlichtern mitunter in der Schreibweise dieser Modellbezeichnung umher. Wie viele der Buchstaben Q und H müssen wir uns denn jetzt holen aus dem Alphabet? Und was ist mit dem U? Qashqai – so ist es richtig. Der Name, weiß Wikipedia, geht auf die Kaschgai zurück, ein iranisches Nomadenvolk.

Angeheftet wurde er einem Fahrzeug, das – so nehmen es die Japaner für sich in Anspruch – im Jahr 2007 das Marktsegment der SUVs begründet hat. 14 Jahre später ist es mit der Alleinstellung freilich vorbei. "Mittlerweile", sagt Produktmanagerin Allegra Fistek, "hat der Qashqai 30 Konkurrenten", allen voran den VW Tiguan, aber auch Ford Kuga, Skoda Karoq oder Hyundai Tucson.

Europäischer Hintergrund

Für Nissan ist der Qashqai unverzichtbarer Bestandteil der Modellpalette, europaweit trägt er 60 Prozent der Verkaufszahlen. Entsprechende Bedeutung kommt dem jetzt anstehenden Modellwechsel von Generation 2 auf Generation 3 zu. Das Design stammt aus Nissans europäischem Designstudio in London, die Technik wurde 80 Kilometer weit nördlich in Cranfield entwickelt, auch die Produktion erfolgt in England, konkret in Sunderland.

Nissan Qashqai: Auf ein Neues

Wie der kommende Renault Kadjar basiert der Qashqai III auf der CMF-C-Plattform der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi. Und weil man eine erfolgreiche Rezeptur nicht unnötig intensiv neu anrühren soll, zeigt sich das SUV zwar erkennbar moderner und expressiver eingekleidet, der Wiedererkennungswert aber bleibt erhalten. Um dreieinhalb Längenzentimeter auf nunmehr 4,43 Meter ist der Qashqai gewachsen, vom verlängerten Radstand profitiert vor allem die Beinfreiheit der Hinterbänkler, denen nun auch eineinhalb Zentimeter mehr Luft über dem Scheitel zugebillligt wird, Passagiere von stattlicher Körpergröße dürften dem Dachhimmel aber nach wie vor nahe kommen.

Auch der Kofferraum bleibt eher überschaubar dimensioniert, 406 bis 504 Liter stehen bereit, bei umgelegten Rücksitzlehnen wächst das Volumen auf bis zu 1447 Liter.

Dass am Armaturenträger im solide verarbeiteten Interieurs viel los ist, hat damit zu tun, dass der Qashqai einerseits (und ausstattungsabhängig) ein volldigitales Fahrerdisplay nebst großem Touchscreen auf der Mittelkonsole und ein sehr schönes Head-up-Display bietet, auf Wunsch gibt es zudem einen WiFi-Hotspot für bis zu sieben mobile Geräte und Mitfahrgelegenheit für die Sprachassistenten Google Assistant und Amazon Alexa. Andererseits aber lassen sich viele Funktionen noch über klassisch-haptische Bedienelemente ansteuern. Kein Kulturschock für die Non-Digital-Natives unter den Käufern also; gut so, finden wir.

Der Diesel ist raus

Mit einer anderen Entscheidung könnte die Kundschaft schon mehr hadern. "Der Ausstieg aus dem Diesel ist für Nissan gesetzt", sagt Sprecher Alexander Sellei. Raus ist er also aus dem Qashqai, der Selbstzünder. Statt seiner soll es ein 1,3-l-Vierzylinder-Turbobenziner richten, der in zwei Leistungsstufen angeboten wird, einmal mit 103 kW/140 PS und einmal mit 116 kW/158 PS. Beide Varianten erfahren eine Teilelektrifizierung per 12-Volt-Mildhybridsystem und integriertem Startergenerator, sind also nicht extern aufzuladen und auch nicht rein elektrisch zu fahren, die Lithium-Ionen-Batterie wird während der Fahrt durch Bremsenergie-Rückgewinnung gespeist.

Wer sich vom Xtronic-Automatikgetriebe (1900 Euro) die Schaltarbeit abnehmen lassen möchte, muss zur stärkeren Ausbaustufe greifen, das gleiche gilt für den ab August verfügbaren 4x4-Allradantrieb (2000 Euro), der außerdem die Xtronic bedingt.

Nissan Qashqai: Auf ein Neues

© Hersteller

Elektrischer Support

Ausführen konnten wir den Qashqai mit großer 158-PS-Motorisierung und eben der Xtronic. Es mag Petrolheads geben, denen es zuwider ist, auf der Autobahn andere ziehen lassen zu müssen. Doch dem Gros derjenigen, die sich mit einem Kompakt-SUV und dessen bekannt komfortabel-hoher Sitzposition eindecken, kommt es weniger auf Tempobolzerei an, sondern vielmehr auf eine lässige Form der Fortbewegung. In dieser Hinsicht tut der Qashqai das, was er soll. Der elektrische Support kaschiert erfolgreich das berüchtigte Turboloch, angenehm unaufgeregt und, wie wir fanden, für den Hausgebrauch völlig ausreichend bei Kräften geht Nissans Bestseller auf Reisen.

Fahrer respektive Fahrerin können sich über eine nunmehr direktere Lenkung freuen, die CVT-Automatik leistet gute Arbeit, und auch kurviges Geläuf drängt den Qashqai nicht in die Defensive. Schön wäre es, wenn flickschustriger Asphalt mit einem Tick mehr Komfort pariert werden würde.

Teilautonome Fahrfunktionen

Der Einstieg erfolgt mit dem frontgetriebenen 150-PS-Basismodell zu 25.790 Euro und in Visia-Ausstattung, an Fahrhelfern vom Querverkehrswarner über den adaptiven Geschwindigkeits- und Abstandsassistenten bis hin zum Totwinkel-Assistenten mangelt es hier nicht, Annehmlichkeiten wie das Businesspaket aus sensorgesteuerter elektrische Heckklappe und induktiver Smartphone-Ladelösung (600 Euro) oder das Technologiepaket mit Head-up-Display und Lenkassistent zum selbstständigen Spurhalten (950 Euro) lassen sich hier aber nicht dazubuchen, andere Komfort-Details wie die Ledersitze mit Massagefunktion sind Bestandteile höherer Ausstattungsvarianten. Und das große Technologiepaket, unter anderem mit teilautonomen Fahrfunktionen, ist ohnehin an die Automatikversionen gebunden.

Als Topmodell agiert der 158-PS-Allradler mit Automatik in Tekna+-Komplettausstattung, für ihn werden mindestens 44.620 Euro aufgerufen.

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© Hersteller

Technologisch interessant für den Qashqai wird es im zweiten Quartal des kommenden Jahres. Dann ergänzt eine besonders interessante Form des Elektroantriebs das Programm. Der e-Power nutzt einen 1,5-l-Dreizylinder-Turbo mit variabler Kompression, der allerdings nur der Stromerzeugung für einen 140 kW/190 PS starken Elektromotor dient, der wiederum die Vorderachse antreibt. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines solch seriellen Hybrids beantwortet Nissan einerseits mit dem Verweis auf Vorteile bei Effizienz und CO2-Emissionen, denn der Benziner kann so immer im optimalen Bereich laufen. Andererseits vermittle der e-Power das angenehme Gefühl elektrischen Fahrens, ohne mit irgendwelchen Reichweitennöten zu konfrontieren.

Komplett elektrisch macht Nissan Ende 2021 mobil: Dann startet der Coupé-Crossover Ariya, dessen Aktionsradius bis zu 610 Kilometer betragen soll. Und bei dessen Schreibweise wir uns gleich ein bisschen leichter tun.

Ulla Ellmer

Nissan Qashqai in Kürze:

Wann er kommt: Marktstart am 18. Juni

Wen er ins Visier nimmt: VW Tiguan, Ford Kuga, Skoda Karoq, Hyundai Tucson etc.

Was ihn antreibt: 1,3-l-Vierzylinder-Mildhybrid-Benziner mit 103 kW/140 PS und 116 kW/158 PS

Was er kostet: Ab 25.790 Euro

Was noch kommt: Serieller Hybrid "e-Power" im zweiten Quartal 2022