Wendungsreich: Der neue Weimar-"Tatort" zu Neujahr

30.12.2020, 11:32 Uhr
Kira Dorn (Nora Tschirner) befragt John Geist (Ronald Zehrfeld), den Chef der Sicherheitsfirma "Geist Security", der Papageien züchtet.

© MDR/MadeFor/Steffen Junghans Kira Dorn (Nora Tschirner) befragt John Geist (Ronald Zehrfeld), den Chef der Sicherheitsfirma "Geist Security", der Papageien züchtet.

Ein ungeschriebenes Gesetz dieser wöchentlichen "Tatort"-Kolumne lautet: Bloß nicht zu viel vom Inhalt verraten, gleichzeitig eine Einschätzung abgeben über den Film. Das ist oft ein Eiertanz, womit wir bei Goethe wären, der diesen Begriff geprägt hat und damit auch schnurstracks bei Lessing (Christian Ulmen), dem zitatefesten Kommissar aus Weimar, der in der Weltliteratur ebenso daheim ist wie bei seiner Kira (Nora Tschirner). Die muss diesmal weitgehend alleine ermitteln, um den Tod eines Geldboten aufzuklären, der vor einem Juwelierladen mit einem Kopfschuss niedergestreckt wird. Polizisten-Poet Lessing hat bei der Verfolgung des Täters eine Kugel abgekriegt.

Es wimmelt in diesem "Tatort" an seltsamen Vögeln. Und an sündhaft teuren. John Geist (Ronald Zehrfeld), der Chef der Sicherheitsfirma, wo der Geldbote beschäftigt war, hat ein exotisches Hobby: Er sammelt und züchtet seltene Papageien. Betreibt er damit auch illegalen Handel? Um mehr über den Vogelflüsterer herauszufinden, stellt sich Kiras Chef Kurt Stich (Thorsten Merten) als männliche "Venusfalle" zur Verfügung und vögelt die Dame vom Landesverwaltungsamt, die nicht nur eine Leidenschaft für den Bürohengst, sondern auch für Papageien hat und den Geist kennt. So weit, so Weimar-"Tatort"-typisch, also betont locker-dialogorientiert und auf Witzel-Krimi gemacht (Dauer-Drehbuchschreiber: Murmel Clausen).


Neuer "Polizeiruf 110": Hervorragende Schauspieler, fesselnde Handlung


Nicht nach Logik fragen

Das ganze nimmt dann aber mehr als eine Wendung. Darunter eine so abrupte, dass damit die Zukunft des Weimar-"Tatorts" komplett in den Sternen steht. Dass unerklärlich Dinge zwischen Himmel und Erde passieren, haben uns jüngst allzu viele "Tatort"-Folgen – von Münster über Dresden bis Wiesbaden – erzählt. "Der feine Geist" setzt dem ganzen jetzt die Krone auf. Und nein, das ist nicht positiv gemeint. Mit Restalkohol sollte man sich am Neujahrsabend (20.15 Uhr, ARD) nicht vor den Fernseher setzen, auch stocknüchtern bitte nicht nach Logik fragen. Ja klar, gibt es auch wieder witzige Dialoge und pfiffige Bildeinstellungen (Regie: Mira Thiel). Aber, um es mit dem alten Goethe zu sagen: "Wo viel Licht ist, ist starker Schatten."

Verwandte Themen


Keine Kommentare