Als Bösewicht im Krimi: Nürnberger spielt beim "Odenthal-Tatort" mit

9.2.2021, 13:05 Uhr
Daniel Noel Fleischmann in der Rolle des Ludger Rehns, der von Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) verhört wird.

Daniel Noel Fleischmann in der Rolle des Ludger Rehns, der von Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) verhört wird.

Herr Fleischmann, wie kommt ein gebürtiger Nürnberger, der in Berlin lebt, in den Ludwigshafen-"Tatort"?
Fleischmann: Als ich an der Schauspielschule in Ludwigsburg war, hatte ich das Glück, schon im dritten Studienjahr von einer Agentur genommen zu werden. Als ich dann 2019 meinen Abschluss gemacht habe, kam die Anfrage für die Rolle in diesem "Tatort". Der Regisseur hatte Demobänder gesehen und mich direkt besetzt.


Der "Tatort" als Seelenwärmer


Weil Sie böse Charaktere besonders gut spielen können? Denn ein Sympathieträger ist Ludger Rehns ja nicht.
Fleischmann: Stimmt, das ist er wirklich nicht. Der Regisseur sagte mir, er habe mich gesehen und gedacht, ich kann das.

Auch optisch, denn ich gehe davon aus, Sie tragen solche riesigen Tattoos nicht wirklich?
Fleischmann: Nein. Die wurden an jedem Drehtag bis zu zwei Stunden aufgemalt.

"Spielen macht immer Spaß"

Macht es Spaß, einen so verqueren Charakter zu spielen?
Fleischmann: Spielen an sich macht immer Spaß. Aber in dem Fall, muss man schauen, wo die rechtsradikale Haltung herkommt. Mir war beim Lesen des Drehbuchs schnell klar, dass der Motor der Figur Angst ist. Bei Ludger Rehns äußert sie sich in Aggression.


"Revenge 88" heißt im Film ein Online-Portal, in dem sich Rehns mit ähnlich Gesinnten vernetzt. Haben Sie solche Portale zur Vorbereitung auch aufgesucht?
Fleischmann: Die Recherche ging in alle Richtungen. Ich hatte ein Telefonat mit den Regisseur, wo schnell klar war: Rehns ist kein stämmiger Brüllaffe, wie man sich den klassischen Rechtsradikalen vorstellt, sondern bei ihm funktioniert die Gefährlichkeit anders. Solche Online-Foren wurden dann Fokus meiner Recherche.

Wie war das Arbeiten mit Ulrike Folkerts?
Fleischmann: Das hat sehr viel Spaß gemacht. Natürlich habe ich mir vorher ein paar "Tatorte" von Lena Odenthal angeguckt, um zu sehen, wie die Figur von Ulrike Folkerts angelegt ist. Es ist schon beeindruckend und cool, wenn dieser Mensch dann auf einmal vor dir steht. Ulrike war am Set total freundlich und ruhig, eine sehr schöne Arbeitsatmosphäre.


Wäre es Ihr Traum, irgendwann "Tatort"-Kommissar zu werden?
Fleischmann: Darüber habe ich tatsächlich auch schon nachgedacht. Ich würde gerne mal einen Kommissar spielen. Ich weiß aber nicht, ob ich das Jahre lang tun könnte für ein Format.

Wollten Sie schon immer Schauspieler werden, wurden Sie entdeckt oder wie ging das los in Nürnberg?
Fleischmann: Mit sechs Jahren habe ich schon Tanzworkshops besucht und war sofort angefixt vom Schaulspiel. Am Pirckheimer-Gymnasium gab es kein Theater-Angebot für die Unterstufe. Also habe ich einfach bei der Mittelstufe mitgemacht. Ein großes Glück war dann auch, dass ich bei Stefan Lorch, der damals noch im Festengagement am Staatstheater war, Privatunterricht nehmen konnte.

Raum für neue Interessen


Wie kommen Sie als freier Schauspieler bislang durch die Corona-Krise?
Fleischmann: Es ist bitter, dass die letzte Vorstellung auf einer Bühne fast schon ein Jahr her ist. Die letzte Probe war im Dezember 2019. Das vermisse ich sehr, gleichzeitig hat es den Raum geöffnet für neue Interessen. Ich habe ein Regieprojekt für einen Kurzfilm angefangen. Ich wurde für den Retzhofer Dramapreis 2021 nominiert, wofür ich derzeit noch an meinem Theaterstück schreibe. Jetzt gerade bewerbe ich mich außerdem für einen Masterstudiengang für angewandte Theaterwissenschaften. Ich nutze die Zeit, um meine Fühler in die Kunstlandschaft weiter auszustrecken.


Sie gehören zu den 185 Schauspielerinnen und Schauspielern, die sich im SZ-Magazin als homosexuell, bisexuell oder trans geoutet haben. Wie viel Mut mussten Sie dafür zusammennehmen?
Fleischmann: Ehrlich gesagt, hat mich persönlich das keinen Mut gekostet. Ich habe meine Teilnahme direkt bestätigt, weil ich die Initiative für richtig und ein sehr starkes Zeichen halte. Ich persönlich hatte keine Angst, dass mir das schaden könnte, weil ich umgekehrt denke: Wer danach negativ von mir denkt, mit dem will ich eh nicht zusammenarbeiten.

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