Neues aus Absurdistan: Weimarer "Tatort" im Check

30.5.2020, 16:15 Uhr
Neuer Fall für Weimars Ermittler Kira Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen). In "Der letzte Schrey" gehen sie einer Entführung auf den Grund.

© MDR/Steffen Junghans Neuer Fall für Weimars Ermittler Kira Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen). In "Der letzte Schrey" gehen sie einer Entführung auf den Grund.

Um was geht's? Zecke (Christopher Vantis) und Freya (Sarah Victoria Frick), zwei finstere Gesellen mit einem bemerkenswerten Vorstrafenregister, verschaffen sich Zutritt zu einer Villa. Als Erstes befördern sie Ginger, ein kleines, bellendes Wollknäuel, mit einem Fleischklopfer ins Jenseits. Im Anschluss daran nehmen die Kriminellen Strickwarenfabrikant Gerd Schrey (Jörg Schüttauf) und dessen Frau Marlies (Nina Petri) zur Geisel.

Was passiert dann? Von Zeckes und Freyas Treiben bekommen Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) zunächst nichts mit, sondern nur die Zuschauer. Das ändert sich allerdings schlagartig, als die Polizei die gefesselte und geknebelte Leiche von Marlies Schrey findet. Weimars Kommissare übernehmen und sehen sich sogleich in der Firma der Schreys um. Während sie Maik (Julius Nitschkoff), Schreys Sohn aus erster Ehe, interviewen, geht auf dessen Handy eine hohe Lösegeldforderung der Geiselnehmer ein.

Und jetzt? Wie für einen "Tatort" aus Thüringen üblich, startet nun das gewohnte Festival der Absurditäten. Ohne die Unterstützung seines langjährigen Partners Andreas Pflüger – Pflüger hat sich aus dem Drehbuchgeschäft zurückgezogen – entsendet Autor Murmel Clausen seine beiden Hauptfiguren Lessing und Dorn diesmal in die Welt der Strickkunst und lässt sie im Laufe der Ermittlungen abstruseste Familienverhältnisse dechiffrieren, wie es sie nur in Weimar gibt.

Was sonst so hängen bleibt: Stich (Thorsten Merten) leidet an Flugangst, Lupo (Arndt Schwering-Sohnray) tagträumt von einem romantischen Urlaub mit seinem Schwarm und Adrienne, das frisch eingestellte Au-Pair-Mädchen aus Frankreich, ist den Kommissaren Lessing und Dorn keine allzu große Hilfe, da sie ständig Gedanken an ihren Freund verschwendet.

Das Zitat des Films: "Nicht Fleisch und Blut, das Herz macht uns zu Vätern und Söhnen. Liebt Ihr ihn nicht mehr, so ist diese Abart auch Euer Sohn nicht mehr." (aus "Die Räuber" von Friedrich Schiller)

Die Randnotiz des Films: Mit den Kürzeln FeTAp und FeWAp bezeichnete die Deutsche Bundespost von den frühen 1960er Jahren bis hinein in die Achtziger ihre Telefongeräte. Neben einem weinroten Fernsprechtischapparat mit Tastatur, dem FeTAp 756, kommt in "Der letzte Schrey" überdies ein mausgrauer FeWAp zum Einsatz, ein Fernsprechwandapparat mit Wählscheibe.

Unser Fazit: Thüringer "Tatorte" muss man mögen. Wer das tut und dem besonderen Humor, den Ulmen und Tschirner stets zu entfalten vermögen, etwas abgewinnen kann, wird auch mit "Der letzte Schrey" einigermaßen gut bedient. Trotzdem bleibt anzumerken, dass Mira Thiels "Der letzte Schrey" so ein klein wenig von diesem ganz großen Irrsinn fehlt. Es gab schon verrücktere, bei weitem abgefahrenere Krimis aus Weimar. Drei.

"Der letzte Schrey" läuft am Montag, 1. Juni, um 20.15 Uhr im Ersten. Auf ONE wird der Krimi um 21.45 und 0 Uhr wiederholt. In der Nacht auf Dienstag, 2. Juni, zeigt Das Erste "Der letzte Schrey" erneut. Sendebeginn ist dann um 1.05 Uhr.

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