Normalität ist nicht gefragt:

Von Arthaus bis Zombies: Heute startet in Nürnberg das FantasyFilmFest

24.10.2021, 08:27 Uhr
Von Arthaus bis Zombies: Heute startet in Nürnberg das FantasyFilmFest

© FantasyFilmFest

Freude allerorten, dass es wieder zurück zur Normalität geht - wobei Normalität beim FantasyFilmFest nicht unbedingt hoch im Kurs steht. Bestenfalls als Ausgangszustand, um die Dinge auf der Kinoleinwand dann umso genüsslicher aus den Fugen geraten und fein eskalieren zu lassen.

Manege frei also für die 35. Ausgabe des Filmfestivals, das seit ebenso vielen Jahren durch die Republik tourt und auch in diesem Herbst acht Tage lang (24. bis 31. Oktober) Station im Cinecittá am Nürnberger Gewerbemuseumsplatz macht.

Mehr als 40 Filme

In einer langen Woche sind dort über 40 Beiträge aus dem weiten Feld des fantastischen Films zu sehen - aus aller Herren Länder, von Arthaus bis Zombie, mit dem üblichen Grusel-Personal wie Vampiren und Werwölfen in neuen Abenteuern und soweit möglich der Original-Tonspur.

Ein großer Spaß verspricht gleich der Auftakt am Sonntag mit dem Hochglanz-Thriller "Gunpowder Milkshake" zu werden - knallig-bunt und knallig-blutig. In dem perfekt choreographierten Actionspektakel tritt Profikillerin Scarlet (Lena Headey, bekannt aus "Game of Thrones") mit ihrer Tochter Sam (Karen Gillan) und einer Reihe von Freundinnen zu einem genüsslichen Rachefeldzug von Kill-Bill'schen Dimensionen an. Gedreht wurde in Berlin, das Ergebnis ist aber garantiert hipster-frei.

Ein Wiedersehen mit Nicolas "Overacting" Cage gibt es in der britischen Produktion "Pig", in der der Oscarpreisträger den misanthropen Eigenbrötler Rob spielt, der allein im Wald lebt. Er und sein Schwein versorgen die Luxusrestaurants der nahegelegenen Großstadt mit Trüffeln, doch eines Tages wird Pig entführt - und Robs Welt bricht zusammen. Auf der Suche nach seinem Schwein macht sich der Waldmensch auf in die große böse Stadt.

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Ein ganz anderes Setting zeigt uns die rabenschwarze britische Komödie "Silent Night" mit Keira Knightley: Weihnachten, ein gemütlich verschneites Cottage auf dem Land. Der Baum ist liebevoll geschmückt, das Festmahl vorbereitet. Doch keiner der Anwesenden mag darüber sprechen, dass in wenigen Stunden die Welt untergeht. Die Exit-Pillen liegen bereit, doch wie genau geht man mit so einer Nachricht um? Wer sagt's den Kleinen? Und überhaupt: Was tut man in den letzten verbleibenden Stunden?

Kinder sind immer Horror

In manch einem Hotel für urlaubshungrige Erwachsene mögen sie nicht willkommen sein, im Horrorfilm schon: Kinder - vor allem, wenn sie besessen oder von Natur aus böse sind. Wie in dem skandinavischen Arthaus-Horror-Betrag "The Innocents", in dem in einer tristen Sozialsiedlung vier Außenseiter aufeinandertreffen.

Und schnell merken, dass sie über telepathische und telekinetische Kräfte verfügen. Das macht sie mächtig. Doch Kinderwelten sind bekanntlich grausam, und mit der Erforschung der eigenen Möglichkeiten wächst auch eine unbändige Wut: ein Hass, der sich irgendwann Bahn bricht ...

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John in dem US-amerikanischen Psychothriller "John And The Hole" hingegen ist der stille in seiner Familie. Als er eines Tages im Wald auf ein mysteriöses Loch stößt, kommt ihm die Idee, Papa, Mama und Schwesterlein dorthin auszulagern. Gesagt, getan: Aus der tiefen Grube gibt es keine Fluchtmöglichkeit, John hat das Haus für sich und endlich seine Ruhe - und den Familienmitgliedern draußen im Loch dämmert langsam, dass sie eigentlich gar nichts über John wissen.

Keine Spur geschont werden die jungen Darsteller (furios: Lonnie Chavis und Ezra Dewey) in dem finsteren Entführungsdrama "The Boy Behind The Door". Bobby und Kevin sind unzertrennliche Freunde, doch beim gemeinsamen Baseballtraining kommen sie nie an. Stattdessen finden sie sich gefesselt in einem ranzigen Kofferraum wieder und landen schließlich in einem einsamen alten Haus, in dem niemand ihre Schreie hört. Bobby gelingt die Flucht, doch er kann unmöglich seinen Freund im Stich lassen – also kehrt er zurück in das dunkle Labyrinth aus Zimmern und Korridoren, in dem hinter jeder Ecke ein neues Grauen lauert.

Genüsslich außer Kontrolle

Schlimm wird es auch in dem schwarzhumorigen Hochgeschwindigkeits-Thriller "Night Drive". Sein Porsche ist alles, was Russell geblieben ist - er verdient seinen Lebensunterhalt damit, illustre Fahrgäste auf speziellen Missionen quer durch Los Angeles zu kutschieren. Die junge Charlotte wollte eigentlich nur ein paar Sachen bei ihrem Ex abholen, doch die Dinge geraten schneller außer Kontrolle als eine Ampel auf Rot schalten kann. Und überhaupt: Was zum Henker versteckt diese Charlotte eigentlich in ihrem Koffer?

Ebenfalls viel Auto gefahren wird in dem südkoreanischen Thriller "Hard Hit" - aber auch nur, weil Bankmanager Sung-Kyu auf einer Bombe hockt und nicht aussteigen kann. Zudem wird er von der Polizei durch die Großstadt gejagt, während der Erpresser, der ihm die explosive Ladung unter den Sitz geschnallt hat, in Dauerstandleitung über die Freisprechanlage zugeschaltet ist.

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Der Mystery-Thriller "Broadcast Signal Intrusion" nimmt uns mit zurück in die späten 90er Jahre, wo ein dem Leben entsagender Videoarchivar auf den VHS-Kassetten, auf denen er das Programm eines Fernsehsenders aus Chicago für die Nachwelt festhält, eine unheimliche Figur in Latexmaske entdeckt, die mit verzerrter Stimme zu ihm spricht. Je tiefer er sich in diese Entdeckung hineingräbt, umso mehr ist er überzeugt, einer richtig großen Verschwörung auf der Spur zu sein ...

Versteckte Botschaften sind auch das Thema in dem finsteren Medienpuzzle "Dashcam", in der ein ehrgeiziger Nachwuchsreporter Videoaufnahmen vom Tatort eines Mordfalls für die News-Show seines Chefs vorbereiten soll. Doch neben dem Video findet Jake weiteres Material auf dem Computer, mysteriöse Fotos, Sprachnachrichten – und einen Autopsiebericht, der der offiziellen Version der Tat sauber widerspricht.

"Seid Ihr Menschen oder Dämonen?!"

Im Dunkeln ist gut munkeln, in der Einsamkeit aber auch. Kaum haben Alan und Jill mit ihren beiden Söhnen ein Erinnerungsfoto an dem See geschossen, an dem sie einen lauschigen Picknickabend verbringen wollen, stehen zwei Sickos vor ihnen, die sie mit Waffengewalt verschleppen. Am Ende einer langen Autofahrt durch die unberührte neuseeländische Natur wartet ein Geheimnis aus der Vergangenheit, das gelüftet werden möchte. Doch bis dahin wird in dem schmerzhaften neuseeländischen Psycho-Thriller "Coming Home In The Dark" viel Blut fließen.

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Ein entspanntes Wochenende am See will auch Kevin mit seiner Schwester und ihrem Verlobten in dem augenzwinkernden US-Horrorthriller "Blood Conscious" verbringen. Doch rund um die Ferienhütte sind schon alle tot. Plötzlich springt dann auch noch ein weißer Mann mittleren Alters mit dem Gewehr im Anschlag aus dem Gebüsch und schreit: "Seid Ihr Menschen oder Dämonen?!". Wahn und Wirklichkeit verschwimmen.

In dem chinesischen Beitrag "Are You Lonesome Tonight?" überfährt ein junger Arbeiter auf dem nächtlichen Nachhausweg einen Mann, dessen Leiche er nach kurzem Überlegen verschwinden lässt. Dann plagen ihn Gewissensbisse und er will die Frau des Mannes kennenlernen, um Abbitte zu leisten. Doch manchmal ist es besser, nicht nachzuhaken.

In der japanischen Komödie "Beyond The Infinite Two Minutes" wird Cafébesitzer Kato von sich selbst kontaktiert - via Computermonitor, aus der Zukunft. Sein anderes Ich hat zwei Minuten Vorsprung. Doch das ist erst der Anfang, der das Raum-Zeit-Kontinuum im Laufe des Films immer weiter aus den Angeln heben wird.

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In einer Zeitschleife gefangen ist auch der junge Held des südkoreanischen Hochspannungs-Thrillers "Spiritwalker": Alle zwölf Stunden wacht I-An Kang mit gelöschtem Gedächtnis in einem neuen Körper auf. Klar, dass er eigentlich schon mal ganz gerne mal wissen würde, wer er eigentlich ist.

Blindes Mädchen im Kampf

Home-Invasion ist das Thema in "See For Me": In dem kanadischen Triller soll die blinde Sophie in Abwesenheit der Besitzer auf eine Luxusvilla aufpassen, doch Einbrecher wollen an den Safe. Sophies einzige Hoffnung, die Nacht zu überleben, ist die ehemalige Elitesoldatin Kelly, die das blinde Mädchen mittels einer modernen Sehhilfe-App aus der Ferne in den ungleichen Kampf gegen ihre Widersacher hetzt.

Ein Handicap hat auch die Heldin in dem südkoreanischen Alptraum "Midnight": Dort stolpert die gehörlose Call-Center-Angestellte Kyung-Mi eines Nachts auf dem Nachhauseweg über das jüngste, noch lebende Opfer des Serienmörder Do-Sik. Der freut sich schon über die neue, vermeintlich leichte Beute, doch mit Kyung-Mi und ihrer ebenfalls hörgeschädigten Mutter hat sich der Killer definitiv die falschen Frauen für sein Katz-und-Maus-Spiel ausgesucht.

Apropos taub: In dem US-Slasher "Sound Of Violence" erlangte einst ein taubes Mädchen ihr Gehör zurück, als sie den Mord an ihrer Mutter miterleben musste. Als Erwachsene arbeitet sie als Musikdozentin und glaubt nun fest an die therapeutische Kraft von brutalen Klängen, mit denen sie in ihrer Arbeit verbissen experimentiert. Als sie eines Tages erkennt, dass ihr Hörvermögen erneut nachlässt, greift sie getreu ihrer Überzeugungen zu drastischen Heilungsmethoden.

Smells like Trashgranate!

Stoff für die Spaßfraktion: Der kanadische Betrag "Brain Freeze", in dem der Wunderdünger, der den Gemüse-Smoothies-schlürfenden Reichen und Schönen auch mitten im Winter grüne Golfplätze bescheren soll, eine ungute Nebenwirkung entwickelt und eine Armee von Zombies auf den Plan ruft.

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In der irischen Vampirkomödie "Boys From County Hell" hingegen kommen ein paar Hinterwäldler auf die doofe Idee, freudvoll ein angebliches Vampirgrab zu schänden. Die old-schoolige Splatterkomödie "Crabs!" hingegen setzt auf blutigen Tierhorror-Trash und lässt ein friedliches amerikanisches Küstenstädtchen von hungrigen Pfeilschwanzkrebsen überrennen.

Publikumsrenner und Partykracher des laufenden Jahrgangs könnte die derb-schräge Splatterkomödie "Sweetie, You Won’t Believe It" werden - der erste Beitrag aus Kasachstan ever auf dem FFF. Drei doofe, aber liebenswerte Kumpels starten einen Angeltrip in die Pampa, wo sie ein paar Verbrechern über den Weg laufen, die sich mitten im Niemandsland gerade einer lästigen Geisel erledigen.

Wie gut, dass unsere drei Trottel Angelschnüre und ein Rudel Sexpuppen aus Gummi dabei haben ...

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