Bayerischer Asylplan: Die CSU spielt ein riskantes Spiel

4.6.2018, 21:23 Uhr
Bayern will mit allen Mitteln und mit aller Härte Spitzenreiter in der Asyl- und Flüchtlingspolitik werden. Damit zielt Söder auch auf Stimmen der AfD ab, die er zurückholen will.

© Roland Fengler Bayern will mit allen Mitteln und mit aller Härte Spitzenreiter in der Asyl- und Flüchtlingspolitik werden. Damit zielt Söder auch auf Stimmen der AfD ab, die er zurückholen will.

Markus Söder fährt volles Risiko: Was er nun in Sachen Asyl und Abschiebung alles an Plänen verkündet, das ist in einigen Punkten richtig, in manchen anderen durchaus fragwürdig. Gewagt ist allerdings seine Kombination aus forscher, harter Tonlage und den Zielvorgaben, die er seiner Regierung setzt: Was er vorhat, das lässt sich nämlich weit schwieriger in die Tat umsetzen als in markig klingenden (Wahlkampf-)Worten ankündigen.

Der Ministerpräsident zündet am Montag im Kabinett die nächste Stufe seiner Kampagne. Sie steht unter der unausgesprochenen Überschrift: Bayern will mit allen Mitteln und mit aller Härte Spitzenreiter in der Asyl- und Flüchtlingspolitik werden. Damit zielt Söder auch auf Stimmen der AfD ab, die er zurückholen will.

Ein Rezept, das bisher nicht aufgeht: In den Umfragen legt gerade die mit Gauland ins Rechtsradikale abdriftende Populisten-Truppe zu, während die CSU stagniert. Vielleicht deshalb, weil AfD-affine Wähler im Zweifelsfall lieber doch zur stets einen Tick härteren angeblichen "Alternative" greifen, die immer noch eine Schippe drauflegen kann, weil sie ihre Ideen nicht umzusetzen braucht, sondern nur als Lauttöner Stimmen fängt.

Abschieben ist stets heikel

Rechtlich ist einiges von dem erst zu klären, was Söder vorhat. Experten zweifeln, ob der Freistaat wirklich in eigener Regie Abschiebeflüge umsetzen kann, weil dies nach geltendem Recht Bundessache ist. Und wie schwierig notwendige Abschiebungen umzusetzen sind, das erlebt auch Bayern immer wieder. Oft fehlen Papiere, etliche Länder verweigern die Aufnahme von Abzuschiebenden, Gerichte untersagen diesen Schritt — deshalb gab es zuletzt tatsächlich weit weniger Abschiebungen als eigentlich angepeilt waren, auch in Bayern.

Söders Plan sieht vor, den Flüchtlingen während der Phase deren Antragsprüfung keine Geld-, sondern nur Sachleistungen zuzuteilen. Er sagt nicht "Geldleistungen", sondern verwendet den neuen und fragwürdigen Begriff "Asylgehalt" — eine zuspitzende, polarisierende Wortschöpfung. Denn "Gehalt", das klingt nach mehr als Lohn, nach üppigen Summen, die in aller Regel aber eben nicht fließen.

Vor den "Ankerzentren" warnen die meisten Experten: Die auf den ersten Blick sinnvolle Idee, Flüchtlinge mit geringen oder keinen Anerkennungschancen geballt an einem Ort unterzubringen, um dort gleich über ihr Schicksal zu entscheiden, ist heikel. Innenminister anderer Länder und Polizeigewerkschafter warnen vor einer Ballung von Aggressionspotenzial, betroffene Kommunalpolitiker wehren sich — wie nun Zirndorfs Bürgermeister, wie aber zuvor auch der CSU-Fraktionschef im Landtag: Auch Thomas Kreuzer warnte vor einem Ankerzentrum in seiner Heimatstadt Kempten.

Hauptziel: Abschreckung

Es geht Söder, das sagt er selbst, nicht zuletzt um Abschreckung: Flüchtlinge sollen gar nicht erst nach Deutschland oder Bayern kommen. Daher seine Tonlage, daher die geplante Bündelung aus schärferen Regeln und weniger Hilfe.

Auch das, daran sei erinnert, ist alles andere als neu: Immer wieder wurden, auf Bundes- wie Landesebene, im Bereich Asyl und Zuwanderung Gesetze verschärft und Leistungen gekürzt. Die Folge? Die Menschen kamen trotzdem, ob tatsächlich politisch verfolgt oder ob aus purer Not: Etwas Besseres als das Elend in ihren Herkunftsländern finden sie allemal, so ihre oft verzweifelte Hoffnung.

Ob sie sich mit Geld zur Rückkehr bewegen lassen? Dieser Ansatz der CSU geht für Nichtverfolgte jedenfalls in die richtige Richtung. Ihr Entwicklungsminister Gerd Müller ist da mutiger: Er setzt auf weit mehr Hilfe, um Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen. Das Elend dort lindern: Auf Dauer wird kein anderes Mittel wirklich helfen, die Flüchtlingszahlen zu senken.

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