Corona in Garmisch: Die Superspreaderin, die wohl keine war

18.9.2020, 14:33 Uhr
Menschen stehen Schlange vor dem Corona-Testzentrum der Gemeinde. Nach einem heftigen Corona-Ausbruch im oberbayerischen Garmisch-Partenkirchen ist noch unklar, mit welchen Konsequenzen die mutmaßliche Verursacherin rechnen muss.

© Lino Mirgeler, dpa Menschen stehen Schlange vor dem Corona-Testzentrum der Gemeinde. Nach einem heftigen Corona-Ausbruch im oberbayerischen Garmisch-Partenkirchen ist noch unklar, mit welchen Konsequenzen die mutmaßliche Verursacherin rechnen muss.

Die 26-jährige Zivilangestellte im Bereich der US-Armee hatte trotz Krankheitssymptomen und Quarantäneauflage am 8. September eine Bar in der Marktgemeinde besucht. Auch Tage zuvor war sie - möglicherweise bereits infektiös - in Bars unterwegs. Nach Bekanntwerden des Falls hatten sich rund 1000 Menschen testen lassen. In Zusammenhang mit dem Nachtleben waren aber nur drei positiv. Vier neue positive Fälle im Landkreis stehen laut Landratsamt in keinem Zusammenhang.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt

Darüber hinaus gibt es nach Angaben des Landratsamtes vom Mittwoch 25 Infizierte im Bereich der US-Armee, wo die Frau arbeitete. Ob die Frau die insgesamt 28 Menschen angesteckt hat oder ob es andere Quellen gibt, ist weiter unklar. Der Frau droht ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen Quarantäneauflagen. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Körperverletzung.

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Als das US-Kommando am Freitag von möglichen Fällen erfahren habe, seien vier Militärhubschrauber mit zusätzlichem medizinischen Personal und 160 Testkits nach Garmisch-Partenkirchen geflogen worden, teilte Brigadegeneral Norrie mit. Gemeinsam mit den bayerischen Behörden seien Tests genommen und Kontakte nachverfolgt worden. Mitarbeiter, die engen Kontakt zu Infizierten hatten, seien unter Quarantäne. Ein Hotel für Angehörige der US-Armee und deren Familien wurde für zwei Wochen geschlossen.

Allerdings: Das Landratsamt konnte auf Nachfrage des ARD-Faktenfinders nicht angeben, ob der Frau, die seit Tagen öffentlich als Superspreaderin bezeichnet wird, gesagt wurde, dass sie zu Hause bleiben muss oder ob es ihr nur angeraten wurde. Auf den genauen Wortlaut komme es laut Experten aber an: "Wenn ein Arzt der Frau mitgeteilt hat, es sei unwahrscheinlich oder man wisse überhaupt noch nicht, dass sie angesteckt ist, dann könnte sie sagen: Ich habe darauf vertraut, nicht infiziert zu sein", zitierte der Sender den Münchner Medizinjuristen Andreas Spickhoff.

Rund 740 wurden bereits am Wochenende getestet, weitere 300 kamen am Montag hinzu, berichtet der Faktenfinder weiter. Das Ergebnis: Drei postitive Tests. Bei diesen drei Neuinfizierten gebe es einen Zusammenhang mit der 26-Jährigen: Eine Person arbeite in dem Lokal, das die Frau am Dienstag aufsuchte, zwei waren in der Vorwoche gleichzeitig mit ihr Gäste eines Irish Pub.

Von 32 Neuinfektionen, die man am vergangenen Freitag registriert habe, stehe jedoch nur ein Teil im Zusammenhang mit der 26-Jährigen. Dies seien vor allem die Infizierten des Hotels, in dem die Frau selbst arbeitet. Das Landratsamt könne dabei nicht sagen, ob die Frau ihre Kolleginnen und Kollegen angesteckt hat - oder schlicht selbst dort angesteckt wurde. Weitere Neuinfektionen hätten jedenfalls keinen Kontakt mit der Frau gehabt.

Somit könne man bislang keine Infektion in Garmisch-Partenkirchen nachweislich auf die Frau zurückführen, die von Behörden, Politik und Medien seit Tagen "Superspreaderin" genannt wird. Die Bild nannte sie in einer Videoüberschrift sogar eine "potenzielle Killerin".

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