Die Corona-Lotterie: Absage und Quarantäne - oder nicht?

12.3.2020, 05:40 Uhr
Die Corona-Lotterie: Absage und Quarantäne - oder nicht?

© Zink

Wer allerdings genauer hinschauen muss — und sei es nur, weil er mit einer infizierten Person Kontakt hatte — der erblickt etwas ganz anderes. Nein, nicht Chaos, eine solche Wertung wäre übertrieben. Aber doch eine Seuchenbekämpfung, die zumindest für den medizinischen Laien mancherorts mehr von Zufälligkeiten und unklaren Zuständigkeiten als von einem stringenten Plan geprägt zu sein scheint.

Warum beispielsweise wurden Fußballspiele in Nürnberg bereits zu Geisterspielen erklärt, während in Leipzig noch munter vor vollen Rängen gekickt werden durfte? Und wie kann es sein, dass das eine Gesundheitsamt nichts von einem Kontakt mit einem Infizierten wissen will, während das andere empfiehlt zu Hause zu bleiben? Wohlgemerkt bei ein und demselben Fall.

Der Vorwurf der Unfähigkeit ist ungerecht

Seuchenbekämpfung aus einem Guss stellt man sich anders vor. Vor allem, wenn man dann noch erfährt, dass es Patienten geben soll, die seit eineinhalb Wochen auf einen Test warten, obwohl sie Krankheitssymptome zeigen.



Den Behörden und Ärzten pauschal Unfähigkeit vorzuwerfen, wäre dennoch ungerecht. Viele Beamte und Mediziner leisten angesichts zahlreicher verunsicherter Menschen Herausragendes. Und natürlich passieren Fehler im Umgang mit einer Seuche, die noch kaum erforscht ist.

Aber es ist absurd zu glauben, dass man ein Virus, das rasch Tausende Kilometer überwunden hat, aufhalten kann, in dem man alle 30 Kilometer einer anderen Behörde die Zuständigkeiten dafür überträgt. Das Virus macht eben nicht an Landkreisgrenzen halt — auch nicht in Deutschland mit seinen 16 Landesverwaltungen und rund 400 Gesundheitsämtern.

Wertvolle Zeit verloren

Natürlich braucht es lokale Zuständigkeiten, vor Ort weiß man am besten, wo Bedarf herrscht und Ressourcen vorhanden sind. Aber Szenen, in denen Bundesminister quasi öffentlich darum betteln müssen, dass Großveranstaltungen wie die Internationale Tourismusbörse in Berlin abgesagt werden, und die lokalen Behörden trotzdem weiter unbeeindruckt ihr Ding durchziehen, dürfen sich nicht wiederholen. Gerade am Anfang der Epidemie ist durch diese sehr deutsche Kleinstaaterei eventuell wertvolle Zeit verlorengegangen.


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