Wie Nürnberg und Erlangen agieren

Hürdenlauf zum Visum: Zwei junge Ausländer erzählen

24.8.2021, 08:55 Uhr
Die Termine bei den Behörden sind derzeit für Wochen ausgebucht.

© Eduard Weigert Die Termine bei den Behörden sind derzeit für Wochen ausgebucht.

Wer in Deutschland ein Visum beantragen will, der braucht vor allem drei Dinge: Geduld, Organisationstalent und die richtige Stadt. So fällt das Fazit des jungen Ingenieurs Juan Lii auf die Frage aus, wie der Prozess für seinen - so die offizielle Bezeichnung - Aufenthaltstitel derzeit vorangeht. Denn offenbar fällt die Bearbeitung solcher Anträge von Behörde zu Behörde unterschiedlich aus.

2019 kommt Lii nach Erlangen, um dort eine Stelle anzutreten. Bei der örtlichen Ausländerbehörde erhält er eine sogenannte Blue Card. Die wurde geschaffen, um hochqualifizierten Drittstaatsangehörigen den Aufenthalt in der EU zu ermöglichen und den Fachkräftemangel zu lindern. Liis Card läuft nun in wenigen Wochen aus, weswegen er in Nürnberg, wo er inzwischen wohnt, eine Verlängerung beantragt hat.

Um diese zu bekommen, muss er alle für eine Blue Card benötigten Nachweise erneut vorlegen: So will es das Amt. "Tatsächlich war ich darüber etwas überrascht. Ich dachte, dass ich bei der Verlängerung nicht nochmal alle Dokumente vorzeigen müsste, weil sie schon im System gespeichert sind. Stattdessen wurden sogar mehr Dokumente gefordert." Neben einem Mietvertrag sowie einer weiteren Bestätigung des Vermieters muss Lii in Nürnberg zusätzlich auch seine Heizkosten nachweisen. "Das brauchte ich in Erlangen nicht."

Lange Wartezeiten für Termine

Doch warum verlangen die Städte offenbar unterschiedlich viele Unterlagen? Auf Nachfrage bei der Stadt Nürnberg heißt es lediglich, die Voraussetzungen seien überall gleich, aber vom Einzelfall abhängig. Die Stadt Erlangen erklärt, jede Behörde organisiere das Verwaltungsverfahren unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben selbst. Insofern könne es durchaus "im Einzelfall zu unterschiedlichen Sachbearbeitungen bei vermeintlich gleichen Sachverhalten in den Städten kommen".

Diese Erfahrung hat auch die Kolumbianerin Valentina García gemacht, als sie in Erlangen ein Studien-Visa beantragte: "Während die Ausländerbehörde in Erlangen mir direkt eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre erteilte, hat eine Studienkollegin von mir trotz gleicher Voraussetzungen in Nürnberg nur eine Erlaubnis für ein Jahr bekommen."

Tatsächlich bestätigt Erlangen auch hier, dass es Unterschiede zwischen den Städten geben kann: Die Voraussetzungen für die Erteilung und Verlängerung lege zwar grundsätzlich der Gesetzgeber fest, bei der individuellen Bewertung und der Geltungsdauer hätten die Kommunen aber Spielraum. "Die Geltungsdauer beträgt nach den Vorgaben des Gesetzgebers bei der Ersterteilung ein Jahr und soll zwei Jahre nicht überschreiten. Wir erteilen regelmäßig für zwei Jahre, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen."

Was allerdings überall gleich zu sein scheint: Die Termine bei den Behörden sind derzeit für Wochen ausgebucht. Auch auf Antworten per Mail warte man lange, berichten Lii und García. "Die Kommunikation ist leider teilweise recht einseitig. Ich konnte telefonisch niemanden erreichen, um Nachfragen zu stellen. Und auch die Rückmeldung auf gesendete Dokumente dauert derzeit Wochen", berichtet der junge Mann.

Prozess soll digitaler werden

Dass aktuell mehr Zeit eingeplant werden muss, räumt die Stadt Nürnberg ein: "Rein technisch betragen die Bearbeitungszeiten für Aufenthaltstitel aufgrund der Produktionszeiten bei der Bundesdruckerei und vor- und nachgelagerter Prüfprozesse mindestens sechs Wochen. Aufgrund der aktuellen Belastungen der Ausländerbehörde sind derzeit Bearbeitungszeiten von mindestens zwei Monaten zu erwarten."

Hinzu komme, dass das Ausländerrecht auch aus Behördensicht zunehmend kleinteilig und komplex werde, der Prozess damit zeitaufwändiger. Derzeit stelle die Stadt aber auch für die Bereiche der Ausländerbehörde auf eine digitale Übermittlung um. Das Ziel: die Bearbeitungszeiten verkürzen und das Handeln transparenter machen.

Die Namen der beiden Personen wurden von der Redaktion geändert.

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