Lauterbach kritisiert: Präsenzunterricht als Superspreadingevent?

6.10.2020, 10:49 Uhr
Laut Karl Lauterbach sollte man den Unterricht für einen Teil der Schüler morgens und für die anderen am Mittag beginnen.

© via www.imago-images.de, imago images/Political-Moments Laut Karl Lauterbach sollte man den Unterricht für einen Teil der Schüler morgens und für die anderen am Mittag beginnen.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dämpft Hoffnungen auf einen schon 2021 verfügbaren Corona-Impfstoff für Kinder - und fordert angesichts steigender Infektionszahlen gestaffelte Unterrichtszeiten während der kalten Monate. "Präsenzunterricht kann zum Superspreadingevent im Herbst und Winter werden", sagte der studierte Epidemiologe der Rheinischen Post (Dienstag). Um das Infektionsgeschehen einzudämmen, rät Lauterbach dazu, den Unterricht für einen Teil der Schüler morgens und für die anderen am Mittag zu beginnen. "Dafür braucht es einen entschlackten Lehrplan für das laufende Schuljahr, in dem manche Fächer ausnahmsweise nicht unterrichtet werden müssen - oder nur noch virtuell." So würden überfüllte Klassenräume und Stoßzeiten an den Schulen verhindert und das Risiko für Ansteckungen etwa in Bussen und Bahnen verringert.


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Zurzeit laute das Motto an den Schulen aufgrund fehlender Konzepte der Kultusministerien "Maske auf und durch", kritisierte Lauterbach. "So gefährden die zuständigen Behörden unter Umständen die Gesundheit der Schüler, Lehrer und Eltern und riskieren immer weiter steigende Infektionszahlen, weil Schüler das Virus genauso wie Erwachsene weitergeben können."

Viele Eltern sehen Fernunterricht allerdings sehr skeptisch, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für Focus Online zeigt. Demnach sind sieben von zehn Befragten der Meinung, dass sogenanntes Homeschooling mehr Nachteile als Vorteile bedeutet. 76 Prozent finden, dass ihre Kinder durch Fernunterricht eher oder eindeutig schlechter auf die Zukunft vorbereitet werden als bei herkömmlichem Präsenzunterricht. Das liegt den Eltern zufolge sowohl an der mangelnden technischen Ausstattung der Schulen sowie der fehlenden Kompetenz der Lehrkräfte.


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Lauterbach rechnet damit, dass die Schulen noch das ganze Schuljahr 2020/2021 mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen haben werden und ihre Unterrichtspraxis radikal umstellen müssen. Das gelte umso mehr, weil junge Menschen wahrscheinlich nicht zur gleichen Zeit wie Erwachsene geimpft werden könnten. "Es ist nicht zu erwarten, dass wir im kommenden Jahr Kinder und Jugendliche impfen können", sagte Lauterbach der Rheinischen Post. Sie seien nicht Teil laufender Studien, "weswegen ein möglicher Impfstoff für junge Menschen nicht zugelassen werden kann".

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