Solidarisch aus der Krise: Das braucht Deutschland jetzt

30.5.2020, 13:35 Uhr
Mit der Wut und dem Misstrauen Protestierender allein ist die Krise nicht zu überwinden, kommentiert NN-Chefredakteur Alexander Jungkunz.

© Christoph Soeder, dpa Mit der Wut und dem Misstrauen Protestierender allein ist die Krise nicht zu überwinden, kommentiert NN-Chefredakteur Alexander Jungkunz.

Pfingsten ist das rätselhafteste Fest der Christen; sie feiern die Aussendung des Heiligen Geistes. Es gab ein "Brausen vom Himmel". Und plötzlich redeten Jesu Anhänger in sämtlichen Sprachen der Welt, alle verstanden sie: das Pfingstwunder.

Momentan erleben wir eher das Gegenteil davon: Menschen reden oft aneinander vorbei. Oder sprechen nur noch übereinander, meist schlecht. Nicht erst seit Corona zeigt sich das Land polarisiert. Wir erleben ähnliche Fronten wie bei der Migrationskrise 2015: Eine ziemlich große Mehrheit ist mit der Regierung weitgehend einverstanden. Das zeigen alle Umfragen, auch unser Corona-Barometer.

Die besonders Unzufriedenen glauben solchen Umfragen nicht. Weil sie teils alles in Frage stellen, was von amtlichen Stellen – für sie: vom "System" – kommt. Kritik und Kontrolle der Regierenden sind wichtig, ja elementar. Und alle Corona-Maßnahmen müssen stets auf den Prüfstand: Wie lange sind sie notwendig? Genau dies erleben wir momentan: eben nicht den von manchen behaupteten Weg in eine Diktatur, sondern das Gegenteil – einen funktionierenden Rechtsstaat, der die Regierenden auch korrigiert.

Das muss man jenen entgegenhalten, die auf "Hygienedemos" unhaltbare Parolen verkünden und mit kruden Theorien Angst verbreiten – manche wie etwa Teile der AfD auch deshalb, um Stimmung zu schüren und damit Stimmen zu gewinnen.

Deutschland braucht Aufbruchsgeist und Solidarität

Das Land braucht in der aktuellen Lage aber alles andere als Angst. Es braucht einen Aufbruchsgeist, Mut, Verantwortungsbewusstein und eine solidarische Politik. Wenn es wohl zu Recht heißt, die Corona-Krise sei die heftigste Erschütterung des Landes seit 1945, dann wären wir gut beraten, so entschlossen wie damals anzupacken. Heute liegen keine Gebäude, sondern Teile der Wirtschaft in Trümmern. Gezielte, nicht mit der Gießkanne verteilte Hilfen sind nötig, die Mittel dazu vorhanden. Wenn ein Staat alle Chancen hat, um gut aus der Krise herauszukommen, dann ist es Deutschland.


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Es braucht aber auch starke Nachbarn, ein überlebensfähiges Europa – schon im eigenen Interesse unserer exportabhängigen Wirtschaft. Die aktuell debattierten Hilfen an schwache Staaten sind daher buchstäblich notwendig.

Gerecht und nachhaltig, bitte

Die Zwischenbilanz der Krise zeigt: Deutschland scheint besser davonzukommen als andere. Warum das ein Grund für wütende Proteste ist, erschließt sich wohl nur den Protestierenden. Mit Wut und Misstrauen allein aber ist die Krise nicht zu überwinden. Mit einem kritischen Blick auf die Regierenden schon: Sie müssen ihr Handeln erklären und auf Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit achten bei ihren Hilfen und deren Finanzierung. Nur so können sie manche der Unzufriedenen – kaum alle – zurückgewinnen. Das wäre ein gar nicht so kleines Pfingstwunder.


Hier finden Sie täglich aktualisiert die Zahl der Corona-Infizierten in der Region. Die weltweiten Fallzahlen können Sie an dieser Stelle abrufen. Über aktuelle Entwicklungen in der Corona-Krise


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