Türöffner? Das sagen Vertreter aus der Region zum Diesel-Urteil

26.5.2020, 05:12 Uhr
Türöffner? Das sagen Vertreter aus der Region zum Diesel-Urteil

© Foto: Uli Deck/dpa

"Das BGH-Urteil ist in vielerlei Hinsicht spannend, weil der Diesel-Skandal eine neue Tür geöffnet hat", kommentierte er die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu VW. "Früher haben wir solche Skandale mit Massengeschädigten nur dann gehabt, wenn Menschen verletzt worden sind, Autos brannten, oder ähnliches". Jetzt werde tatsächlich gehaftet, "weil die Qualität nicht stimmt. Und weil der Hersteller vorsätzlich gehandelt hat". Das schafft Klarheit für die Kläger.


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Für die 60.000 laufenden Prozesse von VW-Kunden gebe es jetzt – anders als zuvor im so genannten "Musterfeststellungsverfahren" – klare Leitlinien, woran man künftige Entscheidungen von Gerichten abschätzen könne.

So schlägt laut BGH-Urteil jetzt die Laufleistung des gekauften Autos zu Buche – also, wie viele Kilometer schon gefahren wurden. Je weniger, desto besser für den Autokunden: "Die Vielfahrer haben verloren". Eine Kernaussage des Urteils sieht der Bayreuther Experte überdies darin, dass das Gericht die "Sittenwidrigkeit" benennt, mit der VW gehandelt habe: "Das waren sehr starke Worte des Gerichts, die wir da gehört haben."

Abwicklung mit VW habe gut funktioniert

Ähnlich wie Juristen beim ADAC geht der Bayreuther Universitätsprofessor davon aus, dass das Urteil erheblichen Einfluss auf die Entscheidungen anderer Gerichte haben wird. Allerdings teilte der Automobilclub gestern auch mit: "Wer jetzt erstmals wegen seines EA 189-Diesels Ansprüche geltend macht, ist wegen Verjährung zu spät".


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Eine Reihe betroffener VW-Kunden einigte sich mit Volkswagen bereits auf einen Vergleich. Auf weniger als 100 solcher Übereinkünfte schätzt Leopold Pillenstein vom Autohaus Pillenstein die Zahl der Rückgaben bei ihm in Fürth.

Die Abwicklung mit VW habe gut funktioniert. "Aber natürlich hat uns das Ganze einen Schaden gebracht, einen Vertrauensverlust bei den Kunden". Viele reagierten im persönlichen Gespräch mit den Mitarbeitern dann jedoch besonnen. "Und ich kann nicht sagen, dass die Verkaufszahlen nach unten gegangen sind".


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Das gestrige BGH-Urteil bewertet der 38-jährige Geschäftsführer des Familienunternehmens als "positiv, weil das jetzt juristisch endlich ausdiskutiert ist". Damit sei zwar nicht alles gut. "Aber es gibt Klarheit und wabert nicht ewig so weiter."

Naturschützer: "Arglistige Verbrauchertäuschung"

Unbenommen ist nach Ansicht von Verbraucherrechts-Experten Schmidt-Kessel der politische Schaden. "Die Selbstverständlichkeit, mit der sich Volkswagen und die beteiligten Personen über Zulassungsregeln für den europäischen Markt hinweggesetzt haben, überraschten mich schon", äußerte er sich gegenüber unserer Zeitung. "Die haben sich eine Betriebsgenehmigung für ganze Fahrzeugklassen erschlichen." Das habe womöglich auch mit der Staatsnähe eines Konzerns zu tun, "in dem man das Gefühl hat, sich an staatliche Regelungen nicht mehr halten zu müssen. Diese Staatsnähe sei belegt: "Der Wissenschaftshaushalt des Landes Niedersachsen hängt an der VW-Dividende."

Beim Bund Naturschutz (BN) stieß das BGH-Urteil gestern auf Zustimmung. Die Entscheidung sei "überfällig" gewesen, meldete sich der bayerische BN–Landesbeauftragte Martin Geilhufe zu Wort. Die Naturschützer hatten Volkswagen mehrfach "arglistige Verbrauchertäuschung" vorgeworfen und bekräftigten ihre Forderung nach einer verbindlichen Nachrüstung bei der Abgasreinigung auf Kosten der Hersteller.

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