Vorbild aus Afrika: Warum Nobelpreis für Abiy eine gute Wahl ist

11.10.2019, 13:35 Uhr
Vorbild aus Afrika: Warum Nobelpreis für Abiy eine gute Wahl ist

© Zacharias Abubeker/AFP

Gott sei Dank! Greta Thunberg ist der Friedensnobelpreis erspart geblieben. Was die junge schwedische Klimaaktivistin ausgelöst hat, wäre zwar preiswürdig. Doch damit würde man sie überfordern. Der Hass, der schon jetzt über sie ausgekübelt wird, wäre ins Unermessliche gestiegen. Barack Obama, 2009 viel zu voreilig ausgezeichnet, hatte jüngst in München ganz zutreffend gesagt: "Eine 16-Jährige sollte das nicht tun müssen."

Der diesjährige Preisträger ist eine gute Wahl. Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed hat in seiner kurzen Amtszeit einiges erreicht, was undenkbar schien. Der Friedensschluss mit dem verfeindeten Nachbarn Eritrea 2018 war eine Sensation. Selbst im Sudan hat er eine Eskalation abwenden und den Weg für eine Übergangsregierung ebnen helfen können. So viel Beitrag zum Frieden in so kurzer Zeit ist selten.

Auch Deutschland blickt auf Äthiopien 

Auch innenpolitisch hat Abiy für neue Hoffnung gesorgt, gerade bei den jungen Leuten. Statt der brutalen Repression der Vorgänger gibt es nun Anzeichen, dass tatsächlich Demokratie in dem Land einziehen könnte, auch wenn die alten Mächte noch viele Posten halten. Das Land wird Hilfe brauchen.

Äthiopien ist Schwerpunktland in der Entwicklungszusammenarbeit für Deutschland. Es hat vielleicht die fruchtbarsten Böden der Erde, besitzt viel Potenzial. Doch viele junge Menschen haben derzeit noch kaum eine Perspektive, hängen in der Luft, ohne Arbeit, ohne Ziel. Es ist richtig, wenn Deutschland dort auch handwerkliche Ausbildung organisiert. Es braucht aber nachhaltiges Engagement. Glückwünsche für Abiy allein werden nicht helfen.

Demokratischer Aufbruch

Mit ihrer Auszeichnung für Abiy lenkt das Nobelkomitee auch den Blick auf den gesamten Kontinent Afrika. Entwicklungsminister Gerd Müller spricht stets vom "Chancenkontinent". Doch das wird er nur, wenn auch der Westen anders, viel fairer mit ihm umgeht, als wir das derzeit tun.

Was Äthiopien angeht, haben bei uns viele angesichts des demokratischen Aufbruchs sofort die Chance gesehen, die äthiopischen Flüchtlinge wieder zurückzuschicken. Soweit sind wir noch nicht. Aber wir könnten die Zeit nutzen, mehr von diesen Geflüchteten bei uns mit einer Ausbildung zu versehen, mit der sie in ihrer Heimat eine Zukunft haben könnten.

Dringend gebrauchen könnte auch eine andere Weltregion einen Friedensnobelpreis: der Nahe und Mittlere Osten, der weiter von Krieg und Konflikten zerrissen ist. Doch dort drängt sich bisher kein Preisträger auf. Aber das kann sich ja ändern. Donald Trump wird sicherlich, rechtzeitig vor der Präsidentenwahl 2020, sowohl einen Friedensschluss zwischen Israel und den Palästinensern bewirkt, eine Lösung für Syrien gefunden und auch ein Abkommen mit Nordkorea unterzeichnet haben. Dann kann er gern den Friedensnobelpreis haben, den er sich offenkundig so dringlich wünscht.

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