Weiter Wirbel um Maskendeals: "Solche Leute gehören nicht ins Parlament"

7.3.2021, 18:11 Uhr
Mitglieder von CDU und CSU zeigen sich entrüstet über die Maskengeschäfte ihrer Parteikollegen.

© Hauke-Christian Dittrich, dpa Mitglieder von CDU und CSU zeigen sich entrüstet über die Maskengeschäfte ihrer Parteikollegen.

Wenn man nicht mal mehr die politische Konkurrenz bemühen muss, um ein vernichtendes moralisches Urteil über Abgeordnete zu erhalten, dann ist das ein verheerendes Zeichen - für die Betroffenen. Bei Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU) ist genau das jetzt eingetreten. Nachdem sie sechsstellige Beträge für die Vermittlung von Corona-Schutzmasken kassiert haben, will auch in den eigenen Reihen niemand mehr etwas mit ihnen zu tun haben.

"Es gibt Dinge, die macht man einfach nicht", schrieb der CSU-Abgeordnete Andreas Lenz auf Twitter. Sein christdemokratischer Kollege Matthias Hauer meinte "Solche Leute gehören nicht ins Parlament". JU-Vorsitzender Tilman Kuban forderte, die beiden aus der Fraktion zu werfen, falls sie nicht freiwillig gingen. Von "niederste(n) Interessen" sprach gar Baden-Württembergs CDU-Generalsekretär Manuel Hagel.

Nicht nur bei der Höhe der Summen (660.000 bzw. 250.000 Euro), sondern auch in anderen Aspekten unterscheiden sich die Fälle von Nüßlein und Löbel. So besteht gegenüber dem CSU-Abgeordneten unter anderem der Vorwurf, das Finanzamt nicht korrekt über seine Einnahmen informiert zu haben. Die strafrechtlichen Ermittlungen werden wohl nach viel Zeit beanspruchen.

Der Druck wurde binnen weniger Tage riesig

Beide Abgeordnete hatten noch versucht, ihr Bundestagsmandat zu retten.Georg Nüßlein (51) gab zunächst lediglich sein Amt als stellvertretender Fraktionsvorsitzender ab, Nikolas Löbel (34) verzichtete auf seinen Posten im Auswärtigen Ausschuss. Doch der Druck wuchs und die Parlamentarier erklärten, kurz vor dem Ende der Legislaturperiode ihr Mandat abzugeben. Das reicht vielen Parteifreunden immer noch nicht, sie drängen auf einen sofortigen Rückzug.

Der Grund dafür ist naheliegend: Schon am 14. März werden in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg neue Landtage gewählt und eine schwelende Masken-Affäre könnte die Christdemokratie Stimmen kosten. Dabei stehen sie in beiden Ländern den Umfragen zu Folge ohnehin schon nicht besonders gut da. Selbst die Bundes-CDU ist inzwischen wieder auf einen mageren Wert von 32 Prozent abgerutscht - gegenüber mehr als 40 Prozent im vergangenen Jahr.


Söder: Löbel- und Nüßlein-Rücktritt reicht nicht


Momentan hofft man in der Union darauf, dass nicht noch weitere Abgeordnete mit anstößigen Geschäften im Zusammenhang mit der Pandemie auf sich aufmerksam machen. Wie das Nachrichtenmagazin Spiegel recherchierte, gibt es zumindest Auffälligkeiten am Rande. Ein MdB soll Druck gemacht haben, weil ein Maskenauftrag vom Ministerium nicht bezahlt wurde. Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass der Ex-Justizminister und Landtagsabgeordnete Alfred Sauter als Anwalt im Zusammenhang mit dem Fall Nüßlein Verträge mit dem bayerischen Gesundheitsministerium entworfen und daran (legal) verdient habe.

Schwerer Kollateralschaden für die CSU

Zu Markus Söders Rolle als korrekter und strenger Corona-Bekämpfer, der seit einem Jahr nichts anderes im Sinne habe als das Niederringen der Pandemie, passen die jetzt bekannt gewordenen Geschichten gar nicht. Der CSU-Vorsitzende dürfte sich maßlos ärgern, dass mit Nüßlein ausgerechnet einer seiner Parteifreunde im Zentrum der Vorwürfe steht. Der Jurist ist seit fast 20 Jahren direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Neu-Ulm.


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Dennis Radtke, Vorsitzender der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), bekannte ganz offen, dass ihn die Maskenaffären "einfach nur noch sprachlos" machten. Er komme "aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus", wie hier ein 34-Jähriger (Nikolas Löbel) 250.000 Euro als marktüblichen Preis für seine Mittlerdienste bezeichne. Der CDA-Chef gegenüber der Süddeutschen Zeitung: "Da haut es Dich weg. So viel Entrückung von der Welt finden Sie in keiner Wagner-Oper."

Löbel dürfte wie Nüßlein seine politische Karriere dauerhaft ruiniert haben. Inzwischen hat er auch die Posten in seiner Heimatstadt Mannheim aufgegeben. Schon in der Vergangenheit hatte er heftige Kritik wegen lokaler Immobiliengeschäfte einstecken müssen. Der Wirtschaftswissenschaftler gestand ein, die Ansprüche an seine Ämter verletzt zu haben: "Dafür möchte ich mich bei allen Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes entschuldigen."

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